Harry Potter - Gesamtausgabe
Harry musste sich nicht lange den Kopf zerbrechen, warum: Der Grund dafür war sicher das, was Harrys Zauberstab in jener Nacht getan hatte, als Voldemort ihn quer über den Himmel gejagt hatte. Der Zauberstab aus Stechpalme und Phönixfeder hatte den geborgten Zauberstab besiegt, was Ollivander weder vorausgesehen noch verstanden hatte. Würde es Gregorowitsch besser wissen? War er tatsächlich fähiger als Ollivander, kannte er Geheimnisse von Zauberstäben, die Ollivander nicht kannte?
»Dieses Mädchen sieht sehr gutt aus«, sagte Krum und holte Harry damit zurück in die Wirklichkeit. Krum deutete auf Ginny, die sich eben Luna angeschlossen hatte. »Sie ist auch eine Verwandte von dir?«
»Jaah«, sagte Harry, plötzlich gereizt, »und sie hat einen Freund. Eifersüchtiger Typ. Riesenkerl. Dem kommst du besser nicht in die Quere.«
Krum grunzte.
»Wozu«, sagte er, leerte seinen Kelch und stand auf, »wozu ist man eigentlich internationaler Quidditch-Spieler, wenn alle gutt aussehende Mädchen schon vergeben sind?«
Und er schritt von dannen, während Harry sich bei einem vorbeikommenden Kellner ein Sandwich nahm und am Rand der überfüllten Tanzfläche entlangging. Er hielt Ausschau nach Ron, dem er von Gregorowitsch erzählen wollte, aber Ron tanzte mit Hermine weit entfernt in der Mitte der Tanzfläche. Harry lehnte sich an einen der goldenen Pfosten und beobachtete Ginny, die jetzt mit Freds und Georges Freund Lee Jordan tanzte, und er versuchte sich nicht über das Versprechen zu ärgern, das er Ron gegeben hatte.
Er war noch nie auf einer Hochzeit gewesen und konnte deshalb nicht beurteilen, wie ein Fest von Zauberern und Hexen sich von einem bei den Muggeln unterschied, obwohl er ziemlich sicher war, dass es bei den Muggeln keine Hochzeitstorte mit zwei nachgebildeten Phönixen darauf gab, die losflogen, wenn die Torte angeschnitten wurde, und auch keine Champagnerflaschen, die von allein durch die Menge schwebten. Als der Abend anbrach und erste Nachtfalter unter den Baldachin flatterten, den jetzt schwebende goldene Laternen beleuchteten, wurde der Trubel immer ausgelassener. Fred und George waren längst mit zwei von Fleurs Cousinen in die Dunkelheit verschwunden; Charlie, Hagrid und ein untersetzter Zauberer mit einem purpurroten Filzhut sangen in einer Ecke »Odo der Held«.
Harry streifte durch die Menge, um einem betrunkenen Onkel von Ron zu entkommen, der unsicher schien, ob Harry sein Sohn war oder nicht, als er einen alten Zauberer bemerkte, der allein an einem Tisch saß. Mit seiner weißen Haarwolke, die ein mottenzerfressener Fes bedeckte, sah er eher aus wie eine nicht mehr ganz frische Pusteblume. Harry kannte ihn von irgendwoher: Er zermarterte sich das Hirn, bis ihm plötzlich einfiel, dass es Elphias Doge war, Mitglied des Phönixordens und Autor von Dumbledores Nachruf.
Harry ging auf ihn zu.
»Darf ich mich setzen?«
»Natürlich, natürlich«, sagte Doge; er hatte eine ziemlich hohe, keuchende Stimme.
Harry beugte sich zu ihm hin.
»Mr Doge, ich bin Harry Potter.«
Doge hielt den Atem an.
»Mein lieber Junge! Arthur hat mir erzählt, dass du hier bist, getarnt … ich bin entzückt, was für eine Ehre!«
Freudig erregt schenkte Doge Harry hektisch einen Kelch Champagner ein.
»Ich wollte dir eigentlich schreiben«, flüsterte er, »nachdem Dumbledore … der Schock … und für dich, da bin ich sicher …«
Doges kleine Augen füllten sich plötzlich mit Tränen.
»Ich habe den Nachruf gelesen, den Sie für den Tagespropheten geschrieben haben«, sagte Harry. »Ich wusste nicht, dass Sie Professor Dumbledore so gut kannten.«
»Nicht besser als jeder andere«, sagte Doge und tupfte sich mit einer Serviette die Augen. »Ich kannte ihn zweifellos am längsten, wenn man Aberforth nicht mit einrechnet – und irgendwie scheinen die Leute Aberforth nie mit einzurechnen.«
»Wo wir gerade beim Tagespropheten sind … ich weiß nicht, ob Sie es gesehen haben, Mr Doge –?«
»Oh, bitte, nenn mich Elphias, guter Junge.«
»Elphias, ich weiß nicht, ob Sie das Interview gesehen haben, das Rita Kimmkorn über Dumbledore gegeben hat?«
Zornesröte trat in Doges Gesicht.
»O ja, Harry, das habe ich. Diese Frau, oder besser gesagt dieser Aasgeier, hat mich wahrhaft bis aufs Blut gequält, damit ich mit ihr rede. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich recht unhöflich wurde und sie eine vorlaute Forelle nannte, was, wie du vermutlich bemerkt hast, zu Verunglimpfungen
Weitere Kostenlose Bücher