Harry Potter - Gesamtausgabe
dort zu brillieren, ganz gleich was in seinem eigenen Haus vor sich ging!«
»Was soll das heißen: ›im Keller eingesperrt‹?«, fragte Harry. »Was hat das zu bedeuten?«
Doge sah deprimiert aus. Tantchen Muriel gackerte erneut und antwortete Harry.
»Dumbledores Mutter war eine schreckliche Frau, einfach schrecklich. Muggelstämmig, obwohl ich gehört habe, dass sie das Gegenteil vortäuschte –«
»Sie hat nie etwas Derartiges vorgetäuscht! Kendra war eine großartige Frau«, flüsterte Doge kläglich, aber Tantchen Muriel ignorierte ihn.
»– stolz und sehr herrisch, die Sorte Hexe, die es wohl als tödliche Schande empfand, eine Squib zu gebären –«
»Ariana war keine Squib!«, keuchte Doge.
»Das behauptest du, Elphias, aber dann erklär mal, warum sie nie nach Hogwarts gegangen ist!«, sagte Tantchen Muriel. Sie wandte sich wieder an Harry. »Zu unserer Zeit wurde die Existenz von Squibs oft vertuscht. Es allerdings so weit zu treiben, dass man tatsächlich ein kleines Mädchen im Haus gefangen hält und so tut, als würde es nicht existieren –«
»Ich versichere dir, das ist nicht geschehen!«, sagte Doge, aber Tantchen Muriel rollte wie eine Dampfwalze weiter, wobei sie immer noch an Harry gewandt sprach.
»Squibs hat man normalerweise in Muggelschulen verfrachtet und ermuntert, sich in die Gesellschaft der Muggel einzugliedern … viel netter, als wenn man versucht hätte, einen Platz in der Zaubererwelt für sie zu finden, wo sie immer zweitklassig sein müssen; aber natürlich hätte Kendra Dumbledore nicht im Traum daran gedacht, ihre Tochter auf eine Muggelschule gehen zu lassen –«
»Ariana war von zarter Natur!«, sagte Doge verzweifelt. »Es ging ihr gesundheitlich immer zu schlecht, als dass man ihr hätte erlauben können –«
»Erlauben können, das Haus zu verlassen?«, gackerte Muriel. »Und trotzdem wurde sie nie ins St. Mungo gebracht und kein Heiler wurde jemals zu ihr gerufen!«
»Ich muss schon sagen, Muriel, du kannst doch unmöglich wissen, ob –«
»Nur zu deiner Information, Elphias, mein Cousin Lancelot war zu dieser Zeit Heiler im St. Mungo, und er hat meiner Familie höchst vertraulich gesagt, dass man Ariana nie dort gesehen hat. Alles äußerst verdächtig, meinte Lancelot!«
Doge wirkte den Tränen nahe. Tantchen Muriel, die sich prächtig zu amüsieren schien, schnalzte mit den Fingern nach mehr Champagner. Benommen dachte Harry daran, wie die Dursleys ihn einst eingesperrt hatten, ihn weggeschlossen, vor den anderen verborgen hatten, alles für das Verbrechen, ein Zauberer zu sein. Hatte Dumbledores Schwester das gleiche Schicksal erlitten, nur umgekehrt: eingesperrt, weil sie keine magischen Kräfte besaß? Und hatte Dumbledore sie wirklich ihrem Schicksal überlassen, während er nach Hogwarts ging, um zu beweisen, wie brillant und talentiert er war?
»Nun, wenn Kendra nicht als Erste gestorben wäre«, begann Muriel von neuem, »dann hätte ich gesagt, dass sie es war, die Ariana erledigt hat –«
»Wie kannst du nur, Muriel?«, stöhnte Doge. »Eine Mutter, die ihre eigene Tochter umbringt? Bedenke, was du da sagst!«
»Wenn die fragliche Mutter dazu fähig war, ihre Tochter jahrelang ununterbrochen einzusperren, warum nicht?«, erwiderte Tantchen Muriel achselzuckend. »Aber wie gesagt, es passt ja nicht, weil Kendra vor Ariana gestorben ist – woran, wusste offenbar nie jemand genau –«
»Oh, zweifellos hat Ariana sie ermordet«, sagte Doge in einem tapferen Versuch, Muriel zu verspotten. »Warum nicht?«
»Ja, Ariana könnte verzweifelt versucht haben, sich zu befreien, und Kendra bei diesem Kampf getötet haben«, sagte Tantchen Muriel nachdenklich. »Da kannst du ruhig den Kopf schütteln, Elphias! Du warst bei Arianas Begräbnis dabei, nicht wahr?«
»Ja, allerdings«, sagte Doge mit zitternden Lippen. »Und ich kann mich an kein erschütternderes und traurigeres Ereignis erinnern. Albus’ Herz war gebrochen –«
»Sein Herz war nicht das Einzige. Hat Aberforth ihm nicht mitten in der Trauerfeier die Nase gebrochen?«
Wenn Doge zuvor entsetzt gewirkt hatte, dann war das nichts im Vergleich dazu, wie er jetzt aussah. Als ob Muriel ihm einen Messerstich verpasst hätte. Sie gackerte laut und nahm noch einen kräftigen Schluck Champagner, der ihr das Kinn hinabrann.
»Wie kannst du –?«, krächzte Doge.
»Meine Mutter war mit der alten Bathilda Bagshot befreundet«, sagte Tantchen Muriel heiter. »Bathilda hat Mutter die
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