Harry Potter - Gesamtausgabe
nicht einmal denken. »Luna, die ist zäh, viel zäher, als man glauben würde. Sie bringt den anderen Gefangenen wahrscheinlich alles über Schlickschlupfe und Nargel bei.«
»Hoffentlich hast du Recht«, sagte Hermine. Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Xenophilius würde mir so leidtun, wenn –«
»– wenn er nicht gerade versucht hätte, uns an die Todesser zu verkaufen, jaah«, sagte Ron.
Sie stellten das Zelt auf, schlüpften hinein, und Ron machte ihnen Tee. Nach ihrer gerade noch geglückten Flucht kam ihnen das kalte und muffige alte Ding wie ein Zuhause vor, sicher, vertraut und freundlich.
»Meine Güte, was wollten wir dort eigentlich?«, stöhnte Hermine nach einigen Minuten der Stille. »Harry, du hattest Recht, es war noch mal wie in Godric’s Hollow, eine komplette Zeitverschwendung! Die Heiligtümer des Todes … was für ein Unsinn … obwohl«, ihr war offenbar ein plötzlicher Gedanke gekommen, »vielleicht hat er das alles ja erfunden? Er glaubt wahrscheinlich gar nicht an die Heiligtümer des Todes, er wollte nur, dass wir weiterredeten, bis die Todesser kamen!«
»Das glaube ich nicht«, sagte Ron. »Es ist verdammt viel schwerer, als du dir vorstellst, irgendwas zu erfinden, wenn du im Stress bist. Das hab ich gemerkt, als die Greifer mich gefangen hatten. Es war viel leichter, so zu tun, als wär ich Stan, als jemand ganz anderen zu erfinden, weil ich Stan ein wenig kannte. Der alte Lovegood stand schwer unter Druck, weil er dafür sorgen wollte, dass wir uns nicht vom Fleck rührten. Ich schätze, er hat uns die Wahrheit gesagt, oder was er für die Wahrheit hält, nur damit wir uns weiter unterhielten.«
»Also, ich finde, dass das keine Rolle spielt«, seufzte Hermine. »Selbst wenn er ehrlich war, ich hab in meinem ganzen Leben noch nie so viel Blödsinn gehört.«
»Moment mal«, sagte Ron. »Die Kammer des Schreckens war doch angeblich auch eine erfundene Geschichte, oder?«
»Aber die Heiligtümer des Todes können nicht existieren, Ron!«
»Das behauptest du andauernd, aber eins von diesen Dingern könnte es schon geben«, sagte Ron. »Harrys Tarnumhang –«
»›Das Märchen von den drei Brüdern‹ ist eine Geschichte«, sagte Hermine bestimmt. »Eine Geschichte von Menschen, die Angst vor dem Tod haben. Wenn es so einfach wäre, zu überleben, indem man sich unter dem Tarnumhang versteckt, dann hätten wir schon alles, was wir brauchen!«
»Ich weiß nicht. Ein unbesiegbarer Zauberstab wär ziemlich nützlich für uns«, sagte Harry und drehte den Schwarzdornstab, den er so wenig mochte, in den Fingern.
»So etwas gibt es nicht, Harry!«
»Du hast gesagt, dass es viele Zauberstäbe gegeben hat – der Todesstab oder wie auch immer sie genannt wurden –«
»Von mir aus, red dir ruhig ein, dass es den Elderstab wirklich gibt, aber was ist mit dem Stein der Auferstehung?« Sie setzte den Begriff mit einem Fingerschnippen in Anführungszeichen und ihre Stimme triefte vor Sarkasmus. »Kein Zauber kann die Toten auferwecken, und damit basta!«
»Als sich mein Zauberstab mit dem von Du-weißt-schon-wem verband, ließ er meine Mum und meinen Dad erscheinen … und Cedric …«
»Aber sie waren nicht wirklich zurück von den Toten, oder?«, sagte Hermine. »Solche irgendwie – blassen Schattenwesen haben nichts damit zu tun, dass jemand tatsächlich ins Leben zurückgerufen wird.«
»Aber dieses Mädchen in dem Märchen, das ist ja auch nicht richtig zurückgekehrt, oder? In der Geschichte heißt es, dass die Menschen, sobald sie einmal tot sind, zu den Toten gehören. Aber der zweite Bruder bekam sie trotzdem zu sehen und konnte mit ihr reden, stimmt’s? Er hat sogar eine Weile mit ihr gelebt …«
Er sah Anteilnahme in Hermines Gesicht und noch etwas anderes, das nicht so einfach zu bestimmen war. Als sie Ron dann einen Blick zuwarf, erkannte Harry, dass es Angst war: Er hatte ihr mit seinem Gerede vom Leben mit toten Menschen Furcht eingejagt.
»Und dieser Peverell, der in Godric’s Hollow begraben ist«, sagte er hastig und mit möglichst nüchterner Stimme, »über den weißt du also nichts?«
»Nein«, erwiderte sie, offensichtlich erleichtert über den Themawechsel. »Ich hab nachgeschaut, nachdem ich das Zeichen auf seinem Grab gesehen hatte; wenn er jemand Berühmtes gewesen wäre oder etwas Wichtiges getan hätte, dann käme er sicher in einem unserer Bücher vor. Aber das einzige Buch, in dem ich den Namen ›Peverell‹ finden konnte, ist
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