Harry Potter und der Halbblutprinz
Worple. »Aber im Ernst –«, sein Gebaren veränderte sich; es wurde plötzlich geschäftsmäßig, »ich würde sie mit Vergnügen selbst schreiben – die Leute wollen unbedingt mehr über Sie wissen, mein Junge, unbedingt! Wenn Sie bereit wären, mir ein paar Interviews zu geben, sagen wir in jeweils vier- bis fünfstündigen Sitzungen, nun, dann könnten wir das Buch in wenigen Monaten fertig haben. Und alles ohne größeren Aufwand Ihrerseits, das versichere ich Ihnen – fragen Sie Sanguini hier, ob es nicht völlig – Sanguini, bleiben Sie hier!«, fügte Worple plötzlich streng hinzu, denn der Vampir hatte sich mit einem ziemlich hungrigen Blick langsam zu der Mädchengruppe neben sich hingeschoben. »Hier, essen Sie eine Pastete«, sagte Worple, nahm eine von einem vorbeilaufenden Elfen und drückte sie Sanguini in die Hand, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder Harry widmete.
»Mein lieber Junge, das Gold, das Sie verdienen könnten, Sie haben ja keine Ahnung –«
»Ich habe absolut kein Interesse«, sagte Harry entschieden, »und ich sehe gerade eine Freundin von mir, entschuldigen Sie.«
Er mischte sich mit Luna im Schlepptau unter die Menge; tatsächlich hatte er gerade eine lange braune Haarmähne zwischen Leuten verschwinden sehen, die wie zwei von den Schicksalsschwestern ausschauten.
»Hermine! Hermine!«
»Harry! Da bist du ja, gütiger Himmel! Hi, Luna!«
»Was ist denn mit dir passiert?«, fragte Harry, denn Hermine wirkte ausgesprochen zerzaust, ganz als ob sie sich gerade aus einem Teufelsschlingengestrüpp herausgekämpft hätte.
»Oh, ich bin gerade entkommen – ich meine, ich hab eben Cormac stehen lassen«, sagte sie. »Unter der Mistel«, fügte sie erklärend hinzu, da Harry sie weiter fragend ansah.
»Geschieht dir recht, was musst du auch mit dem zusammen herkommen«, sagte er streng zu ihr.
»Ich dachte, der würde Ron am meisten ärgern«, erwiderte Hermine sachlich. »Eine Weile hatte ich an Zacharias Smith gedacht, aber alles in allem –«
»Du hast an Smith gedacht?«, sagte Harry empört.
»Ja, hab ich, und allmählich bereue ich es, dass ich ihn nicht genommen hab, im Vergleich zu McLaggen ist Grawp ein echter Gentleman. Lasst uns hier langgehen, dann sehen wir ihn, falls er kommt, er ist ja so groß …«
Die drei bahnten sich einen Weg hinüber auf die andere Seite des Zimmers, nahmen unterwegs Kelche mit Met von den Tabletts und bemerkten zu spät, dass Professor Trelawney allein dort stand.
»Hallo«, sagte Luna höflich zu Professor Trelawney.
»Guten Abend, meine Liebe«, erwiderte Professor Trelawney und versuchte unter einigen Schwierigkeiten, Luna ins Auge zu fassen. Harry konnte wieder einmal Kochsherry riechen. »Ich habe Sie in letzter Zeit nicht in meinem Unterricht gesehen …«
»Nein, ich hab dieses Jahr Firenze«, sagte Luna.
»Oh, natürlich«, sagte Professor Trelawney mit einem zornigen, betrunkenen Kichern. »Oder Dobbin, wie ich ihn insgeheim gerne nenne. Man hätte doch meinen können, dass Professor Dumbledore jetzt, da ich wieder an der Schule unterrichten darf, dieses Pferd endlich losgeworden wäre, oder? Aber nein … wir teilen uns den Unterricht … das ist eine Beleidigung, offen gestanden, eine Beleidigung. Wissen Sie …«
Professor Trelawney war offenbar so beschwipst, dass sie Harry gar nicht erkannt hatte. Im Schutz ihrer wütenden Tiraden gegen Firenze trat Harry unbemerkt näher zu Hermine und sagte: »Lass uns mal Klartext reden. Hast du vor, Ron zu sagen, dass du bei der Hüter-Auswahl die Hand im Spiel hattest?«
Hermine zog die Augenbrauen hoch.
»Glaubst du wirklich, ich könnte so tief sinken?«
Harry sah sie scharf an.
»Hermine, wenn du es über dich bringst, McLaggen mitzunehmen –«
»Das ist was anderes«, sagte Hermine würdevoll. »Ich habe nicht vor, Ron irgendwas darüber zu erzählen, was beim Hüter-Auswahlspiel passiert sein könnte oder nicht.«
»Gut«, sagte Harry hitzig. »Denn sonst kriegt er wieder das große Flattern und wir verlieren das nächste Spiel –«
»Quidditch!«, sagte Hermine wütend. »Ist das alles, was Jungs interessiert? Cormac wollte nicht das Geringste über mich wissen, nein, ich bekam nur die ganze Zeit Einhundert Großartige Paraden von Cormac McLaggen nonstop serviert – o nein, da kommt er!«
Sie war so flink, dass es aussah, als ob sie disappariert wäre; gerade war sie noch da gewesen, im nächsten Moment hatte sie sich zwischen zwei schallend lachende Hexen
Weitere Kostenlose Bücher