Harry Potter und der Halbblutprinz
verlassenen, lampenbeschienenen Korridore in den Gemeinschaftsraum zurück und stritten darüber, ob Filch und Madam Pince wirklich heimlich verliebt waren.
»Flitterkram«, sagte Harry zu der fetten Dame, es war das neue Passwort zum Fest.
»Gleichfalls«, erwiderte die fette Dame mit einem schelmischen Grinsen und schwang vor, um sie einzulassen.
»Hi, Harry!«, sagte Romilda Vane, kaum dass er durch das Porträtloch geklettert war. »Lust auf ein Goldlackwasser?«
Hermine warf ihm einen »Was hab ich dir gesagt?«-Blick über die Schulter zu.
»Nein, danke«, erwiderte Harry rasch. »Ich mag das nicht besonders.«
»Na, dann nimm doch die hier«, sagte Romilda und drückte ihm eine Schachtel in die Hand. »Schokokessel, mit Feuerwhisky drin. Meine Omi hat sie mir geschickt, aber ich mag sie nicht.«
»Oh – klar – vielen Dank«, sagte Harry, dem nichts anderes einfiel. »Ähm – ich geh nur mal eben dort rüber mit …«
Er eilte Hermine hinterher und seine Stimme wurde immer schwächer.
»Hab ich’s doch gesagt«, bemerkte Hermine lakonisch. »Je eher du jemanden fragst, desto eher lassen sie dich alle in Ruhe, und du kannst –«
Doch plötzlich wurde ihr Gesicht weiß; ihr Blick war eben auf Ron und Lavender gefallen, die eng umschlungen im selben Sessel saßen.
»Na dann, gute Nacht, Harry«, sagte sie, obwohl es erst sieben Uhr abends war, und ohne ein weiteres Wort zog sie in Richtung Mädchenschlafsaal davon.
Als Harry zu Bett ging, tröstete er sich mit dem Gedanken, dass er nur noch einen Unterrichtstag durchstehen musste, und Slughorns Party, dann würden er und Ron gemeinsam zum Fuchsbau abreisen. Inzwischen schien es unmöglich, dass Ron und Hermine sich noch vor Ferienbeginn wieder versöhnen würden, aber vielleicht würde die Pause ihnen irgendwie Zeit geben, sich zu beruhigen und es sich anders zu überlegen …
Große Hoffnungen hegte er jedoch nicht, und sie schwanden noch mehr, nachdem er am nächsten Tag den Verwandlungsunterricht mit den beiden hinter sich gebracht hatte. Sie hatten gerade das immens schwierige Thema menschlicher Verwandlung in Angriff genommen; sie arbeiteten vor Spiegeln und sollten die Farbe ihrer eigenen Augenbrauen verändern. Hermine lachte ungnädig über Rons katastrophalen ersten Versuch, bei dem er es irgendwie schaffte, sich einen sensationellen Schnauzbart zu verpassen; Ron rächte sich, indem er unbarmherzig, aber genau Hermine nachahmte, wie sie jedes Mal, wenn Professor McGonagall eine Frage stellte, auf ihrem Platz auf- und abhopste, was Lavender und Parvati äußerst amüsant fanden und Hermine wieder an den Rand der Tränen brachte. Mit dem Läuten raste sie aus dem Klassenzimmer und ließ die Hälfte ihrer Sachen zurück; Harry kam zu dem Schluss, dass ihre Not gerade größer war als die von Ron, sammelte ihre verbliebenen Habseligkeiten ein und folgte ihr.
Er spürte sie schließlich auf, als sie aus einem Mädchenklo ein Stockwerk tiefer kam. Sie wurde von Luna Lovegood begleitet, die ihr geistesabwesend auf die Schulter klopfte.
»Oh, hallo, Harry«, sagte Luna. »Weißt du, dass eine von deinen Augenbrauen hellgelb ist?«
»Hi, Luna. Hermine, du hast deine Sachen liegen lassen …«
Er hielt ihr die Bücher hin.
»Oh, ja«, sagte Hermine mit erstickter Stimme, nahm sie und wandte sich rasch ab, um zu verbergen, dass sie sich mit dem Federmäppchen die Tränen abwischte. »Danke, Harry. Also, ich muss jetzt los …«
Und sie eilte davon, ohne Harry Zeit für tröstende Worte zu lassen, die ihm zugegebenermaßen ohnehin nicht einfielen.
»Sie ist ein bisschen durcheinander«, sagte Luna. »Erst dachte ich, dadrin wär die Maulende Myrte, aber dann war es Hermine. Sie hat von diesem Ron Weasley geredet …«
»Jaah, die haben sich gestritten«, sagte Harry.
»Der sagt manchmal ziemlich komische Sachen, was?«, bemerkte Luna, als sie sich gemeinsam auf den Weg durch den Korridor machten. »Aber er kann auch ein wenig grob sein. Das ist mir letztes Jahr aufgefallen.«
»Ich denk schon«, sagte Harry. Luna bewies wieder einmal ihr echtes Talent, unangenehme Wahrheiten auszusprechen; er hatte noch nie jemanden wie sie kennen gelernt. »Und, wie war dein Schuljahr bis jetzt?«
»Oh, war schon in Ordnung«, sagte Luna. »Ein bisschen einsam ohne die DA . Ginny war aber nett. Letztens hat sie zwei Jungs in unserer Verwandlungsstunde davon abgebracht, mich ›Loony‹ zu nennen –«
»Hättest du Lust, heute Abend mit mir zu
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