Harry Potter und der Halbblutprinz
einen Liebestrank gemischt, Sir, und bis ich das richtig hinbekomme, hat Ron vielleicht schon was Schlimmes angestellt –«
Es war hilfreich, dass Ron ausgerechnet in diesem Moment stöhnte: »Ich kann sie nicht sehen, Harry – versteckt er sie?«
»War dieser Trank vielleicht schon etwas älter?«, fragte Slughorn, der Ron nun mit beruflichem Interesse musterte. »Die können stärker werden, wissen Sie, je länger man sie aufhebt.«
»Das würde einiges erklären«, keuchte Harry, der sich inzwischen tatsächlich einen Ringkampf mit Ron lieferte, um ihn davon abzuhalten, Slughorn niederzuschlagen. »Er hat heute Geburtstag, Professor«, fügte er flehend hinzu.
»Oh, na gut, dann kommen Sie rein, kommen Sie«, gab Slughorn nach. »Ich hab alles Nötige hier in meiner Tasche, es ist kein schwieriges Gegenmittel …«
Ron stürmte durch die Tür in Slughorns überheiztes, vollgestopftes Büro, stolperte über einen quastenbesetzten Fußschemel, fand das Gleichgewicht wieder, indem er sich an Harrys Hals klammerte, und murmelte: »Das hat sie nicht gesehen, oder?«
»Sie ist noch nicht da«, sagte Harry und sah zu, wie Slughorn seine Zaubertranktasche öffnete und ein bisschen hiervon und davon in ein kleines Kristallfläschchen gab.
»Das ist gut«, sagte Ron fieberhaft. »Wie seh ich aus?«
»Sehr hübsch«, sagte Slughorn sanft und reichte Ron ein Glas mit klarer Flüssigkeit. »Nun trinken Sie das aus, es ist ein Tonikum für die Nerven, damit Sie ruhig bleiben, wenn sie kommt, verstehen Sie?«
»Genial«, sagte Ron begierig und stürzte das Gegenmittel geräuschvoll hinunter.
Harry und Slughorn beobachteten ihn. Einen Moment lang sah Ron sie strahlend an. Dann, ganz langsam, wurde sein Lächeln schwächer und verschwand, und an seine Stelle trat ein äußerst entsetzter Gesichtsausdruck.
»Also alles wieder in Ordnung?«, sagte Harry grinsend. Slughorn gluckste. »Vielen Dank, Professor.«
»Keine Ursache, mein Junge, keine Ursache«, sagte Slughorn, während Ron, der einen völlig zerschmetterten Eindruck machte, im nächsten Sessel zusammenbrach. »Er braucht jetzt eine kleine Stärkung«, fuhr Slughorn fort und hastete nun hinüber zu einem Tisch voller Getränke. »Ich hab Butterbier, ich hab Wein, ich hab noch eine letzte Flasche von diesem im Eichenfass gereiften Met … hmm … die wollte ich eigentlich Dumbledore zu Weihnachten schenken … Nun ja …«, er zuckte die Achseln, »… was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß! Wir könnten sie doch jetzt öffnen und Mr Weasleys Geburtstag feiern? Nichts ist besser als ein gutes Tröpfchen, um den Schmerz enttäuschter Liebe zu vertreiben …«
Er lachte wieder glucksend und Harry stimmte ein. Das war das erste Mal, dass er mit Slughorn fast allein war, seit seinem katastrophalen ersten Versuch, ihm die wahre Erinnerung zu entlocken. Vielleicht, wenn er Slughorn nur bei Laune halten konnte … vielleicht, wenn sie sich genug von dem im Eichenfass gereiften Met genehmigten …
»Hier, bitte sehr«, sagte Slughorn und reichte Harry und Ron je ein Glas Met, ehe er sein eigenes hob. »Alsdann, auf einen glücklichen Geburtstag, Ralph –«
»– Ron –«, flüsterte Harry.
Aber Ron hatte den Trinkspruch offenbar nicht gehört, sich den Met schon in den Mund gekippt und ihn hinuntergeschluckt.
Eine Sekunde lang, kaum länger als ein Herzschlag, wusste Harry, dass da etwas fürchterlich schiefging, und Slughorn wusste es anscheinend nicht.
»– und auf noch viele weitere –«
»Ron!«
Ron hatte sein Glas fallen lassen; er erhob sich halb aus seinem Sessel, dann fiel er mit hemmungslos zuckenden Gliedmaßen in sich zusammen. Schaum quoll ihm aus dem Mund und seine Augen wölbten sich aus den Höhlen.
»Professor!«, brüllte Harry. »Tun Sie was!«
Aber Slughorn schien vor Schreck wie gelähmt. Ron zuckte und würgte: Seine Haut wurde allmählich blau.
»Was – aber –«, prustete Slughorn.
Harry sprang über ein niedriges Tischchen und stürzte sich auf Slughorns geöffnete Zaubertranktasche, zog Gefäße und Beutel hervor, während das schreckliche Geräusch von Rons gurgelndem Atem den Raum erfüllte. Dann fand er ihn – den schrumpligen, nierenartigen Stein, den Slughorn ihm in Zaubertränke abgenommen hatte.
Er sauste zurück an Rons Seite, zerrte ihm die Kiefer auseinander und stopfte ihm den Bezoar in den Mund. Ron erschauderte heftig, atmete rasselnd ein, und sein Körper erschlaffte und kam zur Ruhe.
Elfen
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