Harry Potter und der Halbblutprinz
gerannt war, um Dumbledore aufzusuchen, nachdem sie ein Gerücht gehört hatte, dass jemand von Greyback angegriffen worden sei, dies alles wurde Harry schlagartig klar; es war also doch nicht Sirius gewesen, in den Tonks sich verliebt hatte …
»Und ich hab dir tausendmal erklärt«, erwiderte Lupin, der ihr nicht in die Augen blicken wollte und stattdessen zu Boden sah, »dass ich zu alt bin für dich, zu arm … zu gefährlich …«
»Ich sage dir schon die ganze Zeit, dass du dich in diesem Punkt einfach lächerlich verhältst«, sagte Mrs Weasley über Fleurs Schulter, während sie ihr den Rücken tätschelte.
»Das ist nicht lächerlich«, erwiderte Lupin unnachgiebig. »Tonks hat jemanden verdient, der jung und gesund ist.«
»Aber sie will dich«, sagte Mr Weasley mit einem leisen Lächeln. »Und im Übrigen, Remus, bleiben junge und gesunde Männer nicht unbedingt so.« Er deutete traurig auf seinen Sohn, der zwischen ihnen lag.
»Das ist … nicht der Moment, um darüber zu diskutieren«, sagte Lupin und mied die Blicke der anderen, während er verwirrt umhersah. »Dumbledore ist tot …«
»Dumbledore hätte sich mehr als jeder andere gefreut, wenn er erfahren hätte, dass ein wenig mehr Liebe in der Welt ist«, sagte Professor McGonagall schroff, und in diesem Augenblick öffneten sich die Türen des Krankenflügels erneut und Hagrid kam herein.
Das bisschen von seinem Gesicht, das nicht durch Haar oder Bart verdeckt war, war nass und geschwollen; er zitterte, in Tränen aufgelöst, und hielt ein riesiges gepunktetes Taschentuch in der Hand.
»Es is’ … es is’ erledigt, Professor«, würgte er hervor. »Ich hab ihn w-weggetragen. Professor Sprout hat die Kinder wieder ins Bett geschickt. Professor Flitwick hat sich hingelegt, aber er sagt, er is’ im Nu wieder auf’m Damm, und Professor Slughorn sagt, dass das Ministerium informiert is’.«
»Danke, Hagrid«, erwiderte Professor McGonagall, stand sofort auf und wandte sich der Gruppe um Bills Bett zu. »Ich werde mit den Vertretern des Ministeriums sprechen müssen, sobald sie hier sind. Hagrid, bitte richten Sie den Hauslehrern aus – Slughorn kann Slytherin übernehmen –, sie möchten sich umgehend in meinem Büro einfinden. Und ich wünsche, dass Sie auch dabei sind.«
Hagrid nickte, drehte sich um und schlurfte wieder hinaus, und sie blickte zu Harry hinab.
»Vor diesem Treffen hätte ich gerne ein kurzes Gespräch mit Ihnen, Harry. Wenn Sie bitte mit mir kommen …«
Harry stand auf, murmelte Ron, Hermine und Ginny »Wir sehen uns gleich« zu und folgte Professor McGonagall durch den Krankensaal zurück. Die Korridore draußen waren verlassen und es war nichts zu hören außer dem fernen Gesang des Phönix. Es dauerte einige Minuten, bis Harry bemerkte, dass sie nicht auf dem Weg zu Professor McGonagalls Büro waren, sondern zu Dumbledores, und ein paar weitere Sekunden, ehe ihm einfiel, dass sie ja die stellvertretende Schulleiterin gewesen war … offenbar hatte sie nun die Leitung übernommen … also gehörte der Raum hinter dem Wasserspeier jetzt ihr …
Schweigend stiegen sie die sich bewegende Wendeltreppe hinauf und betraten das kreisrunde Büro. Er wusste nicht, was er erwartet hatte: dass der Raum schwarz verhangen sein würde vielleicht, oder vielleicht sogar, dass Dumbledores Leichnam hier liegen würde. Tatsächlich sah der Raum fast genauso aus wie nur wenige Stunden zuvor, als er und Dumbledore ihn verlassen hatten: Die silbernen Instrumente surrten und pafften auf ihren storchbeinigen Tischen, Gryffindors Schwert schimmerte im Mondlicht in seiner Vitrine, der Sprechende Hut lag auf einem Regal hinter dem Schreibtisch. Aber Fawkes’ Stange war leer; er sang noch immer sein Klagelied draußen auf dem Schlossgelände. Und ein neues Porträt war in den Reihen der verstorbenen Schulleiter und Schulleiterinnen von Hogwarts … Dumbledore schlummerte in einem goldenen Rahmen über dem Schreibtisch, die Halbmondbrille auf der Hakennase, mit friedlicher und sorgloser Miene.
Professor McGonagall warf einen kurzen Blick auf das Porträt und machte eine eigenartige Bewegung, als würde sie sich wappnen, dann ging sie um den Schreibtisch herum und sah Harry mit angespanntem und zerfurchtem Gesicht an.
»Harry«, sagte sie, »ich würde gerne wissen, was Sie und Dumbledore heute Abend gemacht haben, nachdem Sie die Schule verlassen hatten.«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen, Professor«, entgegnete Harry. Er hatte die
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