Harry Potter und der Halbblutprinz
September.«
»Ja, das würde ich auch sagen«, brummte Slughorn.
Als sie den Gartenpfad entlanggingen, wehte ihnen Slughorns Stimme hinterher.
»Ich will eine Gehaltserhöhung, Dumbledore!«
Dumbledore gluckste. Das Gartentor schwang hinter ihnen zu, und sie machten sich durch die Dunkelheit und die wirbelnden Nebelschleier auf den Weg zurück den Hügel hinunter.
»Gut gemacht, Harry«, sagte Dumbledore.
»Ich hab überhaupt nichts gemacht«, gab Harry überrascht zurück.
»O doch, das hast du. Du hast Horace sehr genau klargemacht, was er zu gewinnen hat, wenn er nach Hogwarts zurückkehrt. Mochtest du ihn?«
»Ähm …«
Harry war nicht sicher, ob er Slughorn mochte oder nicht. Auf seine Art war er ganz nett gewesen, dachte er, aber er wirkte auch eingebildet und, selbst wenn er das Gegenteil behauptete, viel zu überrascht darüber, dass eine Muggelstämmige eine gute Hexe abgeben sollte.
»Horace«, sagte Dumbledore und enthob Harry damit der Verpflichtung, irgendetwas davon auszusprechen, »mag es gern behaglich. Er mag auch die Gesellschaft der Berühmten, der Erfolgreichen und der Mächtigen. Er genießt das Gefühl, diese Leute zu beeinflussen. Er wollte nie selber den Thron einnehmen; er zieht die zweite Reihe vor – mehr Platz, um sich auszubreiten, verstehst du? Früher in Hogwarts hat er seine Lieblinge handverlesen, manche, weil sie ehrgeizig oder intelligent waren, andere, weil sie charmant oder talentiert waren, und er hatte ein unglaubliches Geschick, diejenigen auszuwählen, die später auf ihren jeweiligen Gebieten glänzten. Horace gründete eine Art Klub seiner Lieblinge, dessen Mittelpunkt er selbst war. Er hat Leute miteinander bekannt gemacht, nützliche Beziehungen zwischen den Mitgliedern geknüpft und als Gegenleistung immer irgendeinen Gewinn daraus gezogen, sei es eine kostenlose Schachtel mit seinen geliebten kandierten Ananas oder die Möglichkeit, den nächsten Nachwuchsmitarbeiter für das Koboldverbindungsbüro zu empfehlen.«
Harry hatte plötzlich das deutliche Bild einer großen aufgeblähten Spinne vor Augen, die ein Netz um ihn spann und mal hier und mal da an einem Faden zupfte, um ihre großen und saftigen Fliegen ein wenig näher heranzuholen.
»All das«, fuhr Dumbledore fort, »erzähle ich dir nicht, um dich gegen Horace aufzubringen – oder, wie wir ihn jetzt nennen müssen, Professor Slughorn –, sondern damit du auf der Hut bist. Er wird zweifellos versuchen, dich für sich zu gewinnen, Harry. Du wärst das Juwel seiner Sammlung: der Junge, der überlebt hat … oder, wie sie dich heute nennen, der Auserwählte.«
Bei diesen Worten kroch eine Kälte über Harry, die nichts mit dem Nebel rundum zu tun hatte. Er erinnerte sich an Worte, die er vor einigen Wochen gehört hatte, Worte, die eine schreckliche und besondere Bedeutung für ihn hatten:
Keiner kann leben, während der Andere überlebt …
Dumbledore war stehen geblieben, auf Höhe der Kirche, an der sie vorher vorbeigegangen waren.
»Das soll genügen, Harry. Nimm jetzt bitte meinen Arm.«
Diesmal war Harry gefasst auf das, was kommen würde, und bereit zum Apparieren, doch er fand es trotzdem unangenehm. Als der Druck nachließ und er wieder atmen konnte, stand er auf einer Landstraße neben Dumbledore und sah vor sich die schiefen Umrisse seines zweitliebsten Gebäudes der Welt: des Fuchsbaus. Trotz des beklemmenden Gefühls, das ihn eben noch durchdrungen hatte, wurde seine Laune bei diesem Anblick wie von selbst besser. Dort drin war Ron … und auch Mrs Weasley, die besser kochen konnte als jeder, den er kannte …
»Wenn du nichts dagegen hast, Harry«, sagte Dumbledore, als sie durch das Tor gingen, »möchte ich noch ein paar Worte mit dir wechseln, ehe wir uns trennen. Unter vier Augen. Vielleicht dadrin?«
Dumbledore wies auf ein heruntergekommenes steinernes Nebengebäude, wo die Weasleys ihre Besen aufbewahrten. Ein wenig verwundert folgte Harry Dumbledore durch die knarrende Tür in einen Raum, der etwas kleiner war als ein gewöhnlicher Schrank. Dumbledore ließ die Spitze seines Zauberstabs leuchten, so dass er wie eine Taschenlampe brannte, und lächelte zu Harry hinab.
»Ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich es erwähne, Harry, aber ich bin froh und ein wenig stolz darauf, wie gut du offenbar zurechtkommst, nach allem, was im Ministerium geschehen ist. Gestatte mir zu bemerken, dass Sirius stolz auf dich gewesen wäre.«
Harry schluckte; die Stimme schien ihm zu
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