Harry Potter und der Halbblutprinz
endlich erfüllt hatte. Dumbledore, dem offenbar nicht bewusst war, welch sensationelle Neuigkeit er gerade bekannt gegeben hatte, kündigte keine weiteren Veränderungen im Lehrerkollegium an, sondern wartete ein paar Sekunden, bis vollkommene Stille herrschte, ehe er fortfuhr.
»Nun, wie alle in dieser Halle wissen, sind Lord Voldemort und seine Anhänger erneut auf freiem Fuß und gewinnen immer mehr Macht.«
Die Stille wurde drückend und angespannt, während Dumbledore sprach. Harry warf einen Blick auf Malfoy. Malfoy sah Dumbledore nicht an, sondern ließ seine Gabel mit seinem Zauberstab in der Luft schweben, als wäre es unter seiner Würde, die Worte des Schulleiters zu verfolgen.
»Ich kann nicht nachdrücklich genug betonen, wie gefährlich die gegenwärtige Lage ist und wie sehr sich jeder von uns in Hogwarts darum bemühen muss, alles dafür zu tun, dass wir sicher bleiben. Die magischen Befestigungsanlagen des Schlosses wurden den Sommer über verstärkt, wir sind durch moderne und noch wirkungsvollere Mittel geschützt, und dennoch müssen wir uns gewissenhaft vor möglicher Fahrlässigkeit eines jeden Schülers oder Mitglieds des Kollegiums in Acht nehmen. Ich bitte euch deshalb dringend, jegliche Einschränkung aus Sicherheitsgründen zu beachten, die eure Lehrer euch möglicherweise auferlegen, egal wie lästig ihr sie auch finden mögt – insbesondere die Regel, dass ihr während der Nachtruhe außerhalb eurer Betten nichts zu suchen habt. Ich bitte euch inständig, falls ihr etwas Merkwürdiges oder Verdächtiges innerhalb oder außerhalb des Schlosses bemerken solltet, meldet dies sofort einem Mitglied des Kollegiums. Ich vertraue darauf, dass ihr euch zu jedem Zeitpunkt mit größtmöglicher Rücksichtnahme auf eure eigene Sicherheit und die aller anderen verhaltet.«
Dumbledores blaue Augen glitten über die Schüler, dann lächelte er erneut.
»Doch nun warten eure Betten auf euch, so warm und bequem, wie ihr es euch nur wünschen könnt, und ich weiß, dass euch nichts so wichtig ist, wie gut ausgeruht zu sein für den morgigen Unterricht. Deshalb sagen wir gute Nacht. Tschau, tschau!«
Die Bänke wurden mit dem üblichen ohrenbetäubenden Scharren zurückgeschoben, und Hunderte von Schülern begannen aus der Großen Halle hinauszumarschieren, in Richtung ihrer Schlafsäle. Harry hatte es überhaupt nicht eilig, inmitten der gaffenden Menge hinauszugehen oder Malfoy so nahe zu kommen, dass er noch einmal die Geschichte von der zertretenen Nase auftischen konnte; er blieb zurück, tat so, als müsse er seinen Turnschuh neu schnüren, und ließ die meisten Gryffindors vorangehen. Hermine war nach vorne geeilt, um ihrer Pflicht als Vertrauensschülerin nachzukommen und die Erstklässler unter ihre Fittiche zu nehmen, aber Ron blieb bei Harry.
»Was ist wirklich mit deiner Nase passiert?«, fragte er, als die Menge, die aus der Großen Halle drängelte, ganz an ihnen vorbei war und sich niemand mehr in Hörweite befand.
Harry erzählte es ihm. Es war bezeichnend dafür, wie gut sie befreundet waren, dass Ron nicht lachte.
»Ich hab gesehen, wie Malfoy irgendwas vorgespielt hat, was mit einer Nase zu tun hatte«, sagte er düster.
»Ach ja, vergiss es«, entgegnete Harry bitter. »Hör lieber zu, was er gesagt hat, bevor er mich dort entdeckt hat …«
Harry hatte erwartet, dass Ron über Malfoys Prahlereien verblüfft sein würde. Aber Ron war nicht beeindruckt, was Harry für pure Dickköpfigkeit hielt.
»Was soll’s, Harry, der hat nur vor der Parkinson angegeben … was für einen Auftrag hätte ihm Du-weißt-schon-wer denn schon gegeben?«
»Woher willst du wissen, dass Voldemort nicht jemand in Hogwarts braucht? Es wäre nicht das erste –«
»Wenn du nur ma’ aufhör’n würdest, immer dies’n Namen zu nennen, Harry«, sagte eine vorwurfsvolle Stimme hinter ihnen. Harry blickte über die Schulter und sah Hagrid, der den Kopf schüttelte.
»Dumbledore benutzt diesen Namen«, sagte Harry stur.
»Tja, nu, das is’ eben Dumbledore, was?«, sagte Hagrid geheimnisvoll. »Also, wieso bist du zu spät gekommen, Harry? Hab mir Sorgen gemacht.«
»Bin im Zug aufgehalten worden«, erwiderte Harry. »Warum bist du zu spät gekommen?«
»Ich war bei Grawp«, sagte Hagrid glücklich. »Hab gar nich gemerkt, wie spät es schon war. Er hat jetzt ’n neues Zuhause oben in’n Bergen, Dumbledore hat das besorgt – hübsche große Höhle. Er is’ viel glücklicher, als er’s im
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