Harry Potter und die Heiligtümer des Todes
eine kurze, breite Nase und buschige Augenbrauen.
»Also, mein Typ ist er nicht, aber es wird genügen«, sagte Harry. »Gehen wir dann?«
Alle drei blickten zurück auf Shell Cottage, das dunkel und still unter den verblassenden Sternen lag, dann wandten sie sich um und gingen auf die Stelle direkt hinter der Grenzmauer zu, wo der Fidelius-Zauber nicht mehr wirksam war und sie disapparieren konnten. Sobald sie draußen vor dem Tor waren, ergriff Griphook das Wort.
»Ich sollte jetzt aufsteigen, Harry Potter, nicht wahr?«
Harry bückte sich, der Kobold kletterte auf seinen Rücken und verschränkte seine Hände vor Harrys Kehle. Er war nicht schwer, doch Harry mochte das Gefühl des Kobolds auf seinem Rücken nicht, der sich überraschend kräftig an ihn klammerte. Hermine zog den Tarnumhang aus der Perlentasche und warf ihn beiden über.
»Perfekt«, sagte sie und bückte sich nach Harrys Füßen. »Nichts zu sehen. Gehen wir.«
Mit Griphook auf den Schultern drehte Harry sich auf der Stelle, voll und ganz auf den Tropfenden Kessel konzentriert, den Pub, der den Eingang zur Winkelgasse markierte. Der Kobold klammerte sich noch fester an ihn, als sie sich in die drückende Dunkelheit hineinbewegten, und Sekunden später landeten Harrys Füße auf dem Bürgersteig, er schlug die Augen auf und war in der Charing Cross Road. Muggel eilten vorbei, mit den tranigen Mienen des frühen Morgens, nichts von der Existenz des kleinen Pubs ahnend.
Der Schankraum des Tropfenden Kessels war fast leer. Tom, der zahnlose Wirt mit dem krummen Rücken, polierte Gläser hinter der Bar; einige Zauberer, die sich hinten in der Ecke leise unterhielten, warfen einen Blick auf Hermine und zogen sich in die Schatten zurück.
»Madam Lestrange«, murmelte Tom und neigte unterwürfig den Kopf, als Hermine vorbeiging.
»Guten Morgen«, sagte Hermine, und als Harry vorbeischlich, der unter dem Tarnumhang immer noch Griphook huckepack trug, sah er Toms überraschte Miene.
»Zu höflich«, flüsterte Harry Hermine ins Ohr, als sie aus dem Pub hinaus in den kleinen Hinterhof gingen. »Du musst die Leute wie Abschaum behandeln!«
»Okay, okay!«
Hermine zog Bellatrix’ Zauberstab hervor und klopfte sachte damit gegen einen Ziegelstein an der unauffälligen Mauer vor ihnen. Augenblicklich begannen die Steine sich zu drehen und herumzuwirbeln: Ein Loch tat sich in der Mitte der Mauer auf, wurde immer breiter und bildete schließlich einen Torbogen, der auf eine schmale gepflasterte Straße hinausführte, die Winkelgasse.
Es war ruhig, noch würde es etwas dauern, bis die Läden öffneten, und es waren kaum Käufer unterwegs. Die gewundene Pflasterstraße hatte sich stark verändert seit damals, als Harry vor seinem ersten Jahr in Hogwarts hier gewesen war und ein geschäftiges Treiben erlebt hatte. Noch mehr Läden waren mit Brettern vernagelt, doch seit seinem letzten Besuch hatten einige neue Geschäfte aufgemacht, die auf die dunklen Künste spezialisiert waren. Harrys Gesicht starrte finster von Plakaten zu ihm herab, die über vielen Fenstern klebten, stets mit der Überschrift versehen Unerwünschter Nummer eins .
In den Eingängen kauerten einige zerlumpte Gestalten dicht beieinander. Er hörte, wie sie die wenigen Passanten jammernd ansprachen, um Gold bettelten und dabei versicherten, dass sie wirklich Zauberer seien. Ein Mann hatte eine blutige Binde über dem Auge.
Als sie sich auf den Weg die Straße entlang machten, wurde Hermine von den Bettlern bemerkt. Sie schienen sich bei ihrem Anblick förmlich aufzulösen, zogen Kapuzen über ihre Gesichter und flohen, so schnell sie konnten. Hermine sah ihnen neugierig hinterher, bis der Mann mit der blutigen Binde ihr direkt über den Weg torkelte.
»Meine Kinder!«, schrie er und deutete auf sie. Seine schrille Stimme überschlug sich, er klang außer sich. »Wo sind meine Kinder? Was hat er mit ihnen gemacht? Du weißt es, du weißt es!«
»Ich – ich, woher –«, stammelte Hermine.
Der Mann stürzte sich auf sie, griff nach ihrer Kehle: Dann war ein Knall zu hören, rotes Licht blitzte auf, und der Mann wurde rücklings zu Boden geschleudert, wo er bewusstlos liegen blieb. Ron stand da mit immer noch ausgestrecktem Zauberstab, und unter seinem Bart war seine entsetzte Miene zu erkennen. Zu beiden Seiten der Straße erschienen Gesichter an den Fenstern, während ein Grüppchen offenbar wohlhabender Passanten ihre Umhänge rafften, die Schritte leicht beschleunigten und
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