Harry Potter und die Heiligtümer des Todes
Dumbledore, »wenn du dich entscheidest zurückzukehren, besteht die Chance, dass er ein für alle Mal erledigt wird. Ich kann es nicht versprechen. Aber eins weiß ich, Harry, nämlich dass du weniger von der Rückkehr hierher zu befürchten hast als er.«
Harry warf erneut einen Blick auf das geschundene Etwas, das im Schatten unter dem fernen Stuhl zitterte und würgte.
»Bedaure nicht die Toten, Harry. Bedaure die Lebenden, und vor allem diejenigen, die ohne Liebe leben. Indem du zurückkehrst, könntest du dafür sorgen, dass weniger Seelen verstümmelt werden, weniger Familien auseinandergerissen werden. Wenn dir das wie ein würdiges Ziel erscheint, dann sagen wir einstweilen Lebewohl.«
Harry nickte und seufzte. Diesen Ort zu verlassen würde nicht annähernd so schwierig sein, wie es gewesen war, in den Verbotenen Wald zu gehen, doch es war warm und hell und friedlich hier, und er wusste, dass er zum Schmerz zurückging und zur Angst vor noch mehr Verlusten. Er stand auf, und Dumbledore tat es ihm nach, und sie sahen einander einen langen Moment ins Gesicht.
»Verraten Sie mir noch ein Letztes«, sagte Harry. »Ist das hier wirklich? Oder passiert es in meinem Kopf?«
Dumbledore strahlte ihn an, und seine Stimme klang laut und stark in Harrys Ohren, obwohl der helle Nebel sich wieder herabsenkte und seine Gestalt verschwimmen ließ.
»Natürlich passiert es in deinem Kopf, Harry, aber warum um alles in der Welt sollte das bedeuten, dass es nicht wirklich ist?«
Der Fehler im Plan
Wieder lag er mit dem Gesicht nach unten am Boden. Der Geruch des Verbotenen Waldes fuhr ihm in die Nase. Er spürte die kalte, harte Erde unter seiner Wange, und das Scharnier seiner Brille, die bei dem Sturz zur Seite gestoßen worden war, schnitt ihm in die Schläfe. Jeder Zentimeter seines Körpers schmerzte, und die Stelle, wo ihn der Todesfluch getroffen hatte, fühlte sich an wie der Bluterguss vom Schlag einer gepanzerten Faust. Er regte sich nicht, sondern blieb genau dort liegen, wo er hingefallen war, mit aufgerissenem Mund, den linken Arm in einem unbequemen Winkel nach außen gespreizt.
Er hatte erwartet, Triumphgeheul und Jubel über seinen Tod zu hören, doch stattdessen erfüllte das Geräusch hastiger Schritte, Flüstern und besorgtes Gemurmel die Luft.
»Herr … Herr …«
Es war Bellatrix’ Stimme und sie sprach wie zu einem Geliebten. Harry wagte es nicht, die Augen zu öffnen, erkundete jedoch mit den übrigen Sinnen seine Lage. Er wusste, dass sein Zauberstab immer noch unter seinem Umhang steckte, denn er konnte ihn spüren, eingeklemmt zwischen seiner Brust und der Erde. Eine Art kleines Polster in seiner Magengegend verriet ihm, dass auch der Tarnumhang da war, zusammengepresst und nicht zu sehen.
»Herr …«
»Das genügt«, sagte Voldemorts Stimme.
Wieder Schritte: Einige Leute wichen von derselben Stelle zurück. Da Harry unbedingt sehen wollte, was vor sich ging und warum, öffnete er die Augen um einen Millimeter.
Voldemort schien gerade aufzustehen. Einzelne Todesser entfernten sich hastig von ihm und kehrten zu der Menge rund um die Lichtung zurück. Nur Bellatrix, die neben Voldemort kniete, blieb zurück.
Harry schloss die Augen wieder und dachte über das nach, was er gesehen hatte. Die Todesser hatten sich um Voldemort gedrängt, der offenbar zu Boden gestürzt war. Irgendetwas war passiert, als er Harry mit dem Todesfluch getroffen hatte. War auch Voldemort zusammengebrochen? Es schien so. Und sie waren beide kurz ohnmächtig geworden und beide nun wieder bei Bewusstsein …
»Herr, lasst mich –«
»Ich brauche keine Hilfe«, sagte Voldemort kalt, und obwohl Harry es nicht sehen konnte, stellte er sich vor, wie Bellatrix ihre hilfsbereit ausgestreckte Hand zurückzog. »Der Junge … ist er tot?«
Auf der Lichtung herrschte vollkommene Stille. Niemand näherte sich Harry, doch er spürte ihren geballten Blick auf sich vereint, der ihn scheinbar härter zu Boden presste, und er hatte Angst, einer seiner Finger oder ein Augenlid könnte zucken.
»Du«, sagte Voldemort, und ein Knall und ein kurzer spitzer Schmerzensschrei waren zu hören. »Untersuch ihn. Sag mir, ob er tot ist.«
Harry wusste nicht, wer geschickt worden war, um es zu überprüfen. Er konnte nichts weiter tun als daliegen, mit verräterisch klopfendem Herzen, und darauf warten, dass man ihn in Augenschein nahm, doch gleichzeitig bemerkte er, obwohl es ein schwacher Trost war, dass Voldemort sich
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