Harrys Höllen-Cocktail
anzulügen?«
»Du mußt mich richtig verstehen, Sinclair. Harry hat nichts mehr vor, er hat es bereits hinter sich gebracht.«
»Was?«
»Das Mixen!« Der Teufel lachte donnernd. »Ja, er hat den Drink bereits gemixt, und deine Freunde, Geisterjäger, werden ihn trinken. Sie bekommen ihn kostenlos, ein Geschenk des Hauses, ein…«
Ich hörte nicht mehr hin und schnellte hoch. Asmodis bestand aus Haß, Lug und Trug. Er besaß die Eigenschaften des Bösen, aber in bestimmten Situationen log er nicht. Wenn er seinen Triumph hinausschreien konnte, um andere zu demütigen oder fertigzumachen. Sein widerliches Gelächter hörte ich noch, als ich mich bereits an der Bürotür befand.
Jetzt kam es auf jede Sekunde an!
***
Harry zeigte noch immer auf die beiden Gefäße, in denen der Drink schimmerte. Und der Druck an Bills Hüfte wollte nicht weichen. Von den übrigen Gästen merkte niemand etwas von dem, was an der Bar vor sich ging. Die Leute waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Zudem kam es oft genug vor, daß sich Cliquen an der Bar versammelten und die Köpfe zusammensteckten.
Wenn sie tranken, gerieten sie in den Bann des Teufels. Tranken sie nicht, würde der andere schießen. Bill konnte wählen, was besser war.
»Los!« sagte Harry.
Der Reporter schaffte es zu lächeln. Germaine saß steif wie ein Brett neben ihm. Auf ihrer Oberlippe glänzte ein matter Film aus Schweiß.
»Ich möchte gern wissen, was ich da zu mir nehme«, sagte Bill Conolly.
»Die Farbe Rot deutet auf Blut hin. Ist es das?«
Harry ließ sich noch ablenken. »Du hast fast richtig geraten. Aber es ist kein direktes Blut. Ich bezeichne es als einen Extrakt aus Dämonensaft.«
»Also doch Blut.«
»Nicht genau.«
»Und was befindet sich noch darin?«
Harrys blaue Augen wurden groß wie selten, als er die Antwort gab.
»Ingredienzen, die in der Hölle zusammengebraut sind. Drogen würden Sie sagen. Man erntet sie dort, man pulverisiert sie, denn sie erweitern das Bewußtsein.«
»Also werde ich zu einem Höllendiener?«
»So kann man es auch sagen.« Harry grinste.
Bill umfaßte das Glas. Diese Bewegung löste auch bei Germaine eine Reaktion aus, denn sie zuckte heftig zusammen.
Harry hatte seinen Spaß daran. »Sie hat Angst, das merke ich sehr deutlich. Aber das brauchst du nicht zu haben, Süße. Wer den Trank einmal zu sich genommen hat, dem eröffnen sich völlig neue Perspektiven. Der hat den großen Durchblick. Er wird merken, daß seine bisherige Existenz völlig falsch gewesen ist.«
»Ich bin zufrieden.«
»Man kann nie zufrieden sein.«
»Sie können reden, was sie wollen«, sagte Germaine mit spröder Stimme. »Aber ich habe gesehen, was geschieht, wenn jemand das Zeug hier trinkt.« Sie deutete mit dem hellrot lackierten Fingernagel auf das Glas. »Er explodiert, er löst sich auf, er…«
Harry stoppte ihren plötzlichen Redefluß mit einer wedelnden Handbewegung. »Du hast recht, er löst sich auf. Jedes Ding hat bekanntlich zwei Seiten. Er darf nicht mehr so leben wie zuvor, und er darf vor allen Dingen nicht mit bestimmten Gegenständen in näheren Kontakt treten. Dazu gehört nun mal ein Kreuz, wie es dieser Sinclair trägt. Diese Strahlung ist tatsächlich tödlich.«
»Ich wußte es.«
»Wenn du das Glas geleert hast, solltest du dich hüten, in die Nähe gewisser Gegenstände zu kommen.«
»Ich trinke das Zeug nicht!«
Harry erwiderte kalt: »Dann wird man dir eben eine Messerklinge zwischen die Rippen schieben.«
Germaine wurde noch blasser. Sie hatte erkannt, daß die Worte keine leere Drohung waren.
Aus den Lautsprechern erklang noch immer die weiche Musik. Man spielte »True love«, Bing Crosby und Grace Kelly sangen gemeinsam. Die Tänzer auf der Fläche und in den Gängen hielten sich noch enger umschlungen, wobei einige Hände auf Wanderschaft gingen. Keine Atmosphäre, um zu sterben, dachte Bill. In seinem Rücken hatte sich der Mündungsdruck verstärkt. Die Stelle schmerzte bereits. Auch Germaine Gradie zuckte zusammen. Hinter ihr stand ebenfalls ein Mann. Er trug eine Brille, hinter deren Gläser seine Augen unnatürlich groß wirkten. Harry hatte von einem Messer gesprochen. Wahrscheinlich hielt er ein solches Instrument in der Hand.
Ausgerechnet jetzt ist John nicht da, dachte Bill. Er wußte, daß er die anderen nicht mehr lange würde hinhalten können. Und Harry, der Keeper nickte.
»Jetzt!« sagte er nur.
Bill hatte seine Hand nicht vom Glas weggenommen. Er spürte
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