Harte Schule
sagen.«
Ich langte hinüber auf den Kupplungsknüppel.
»Ich hatte vom ersten Moment an Angst«, gestand er. »Angst, dass dir was passiert, Angst, dass du mir entgleitest … Ich konnte überhaupt nicht mehr klar denken. Ich wusste nur, solange die glauben, dass du meine Informationen besitzt, bist du in Todesgefahr.«
Ich streichelte den Kupplungsknüppel, das Köpfchen aus rauem Gummi, den Hals, den glatten Stiel.
»Was machst du da eigentlich?«, fragte er verwundert.
»Ich dachte, wenn ich ein bisschen nett zu deinem Au to bin, dann taust du vielleicht wieder auf.«
Er lachte.
Ich stieß sachte zu seinem Knüppel vor. Er knurrte und schnappte sich meine Lippen. Doch in diesem Moment bogen Scheinwerfer oben um die Ecke und trieben uns auseinander. Während der Streifenwagen vorfuhr, langte Richard nach dem Zündschlüssel und startete den Wagen mit der Bemerkung: »Das ist Meisners Sache.«
»Ich hätte da noch eine Kleinigkeit in Münster zu erledigen«, sagte ich.
29
Der Mond sichelte in den Parkbäumen hinter der Leihbibliothek. Die Tundra war sumpfig nach dem Tag Sonnenschein, hart nur an den Nordseiten der Büsche, wohin der ewige Schatten fiel.
»Hier?«, bemerkte Richard bestürzt. »Können die denn sonst nirgendwohin?«
Im Besen hatten wir schon geschaut.
Das Häuflein hockte Schulter an Schulter auf der Banklehne am Sandkasten hinter dem Gesträuch. Marko, Steffi, Jöran, Birte, Fickfehler und Zampano. Steffi jubelte, als wir um den Busch bogen, kämpfte sich mit den Ellbogen von der Hühnerstange, dass links und rechts Marko und Zampano vom kurzen Ende kippten, sprang mich an und fiel mir in einem Anflug absoluter Uncoolness um den Hals. »Du bist ja gar nicht tot!«
Darauf schüttelte sie Richard mit beiden Händen die Hand und erklärte: »Das ist, weil Sie Marko aus dem Knast geholt haben. Danke.«
»Habe ich nicht«, sagte Richard, korrekt wie immer.
»Doch, haben Sie«, sagte Steffi. »Mir machen Sie nix vor. Sie nicht!«
Marko zeigte verlegen seine bös gelichteten Zähne.
»Du bist in Ordnung?«, erkundigte ich mich.
Marko nickte.
»Mark«, sagte ich. »Ich will dir ein Bild abkaufen. Wenn du mir eins verkaufst.«
»Dir schon!«, antwortete Fickfehler.
»Porno!«, rief Steffi. »Du malst? Kannst du mir das beibringen? Dann kann ich auch Bilder verkaufen. Das wär voll vierlagig.«
»Dann verkaufst du mir eben was anderes, Steffi«, sagte ich.
»Was denn?«
»Denk dir was aus. Jeder von euch verkauft mir etwas. Ihr habt mir am Güterbahnhof das Leben gerettet.«
Das kam gut. Zum ersten Mal sah ich Steffi um eine Antwort verlegen. Sie wandte sich zu ihren Freunden um, die wie die Hühner in dicken Jacken auf der Lehne hockten, die Stiefel auf dem Banksitz, qualmende Zigaretten gluten in den eingefrorenen Fingern, und ungläubige Bli cke machten angesichts der ungeschminkten Wahrheit.
»Das war reiner Zufall«, sagte Fickfehler generös.
»Nein, voll mutig«, widersprach ich.
»So sind wir eben«, sagte Steffi.
Weitere Kostenlose Bücher