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0808 - Das unheimliche Herz

0808 - Das unheimliche Herz

Titel: 0808 - Das unheimliche Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Gab es überhaupt einen allgemein gültigen Begriff für die Vorhölle?
    Sicherlich nicht. Sie konnte immer anders aussehen. Jeder, der einmal in ihr steckte, empfand sie auch anders. In Kikis Fall war diese Vorhölle nichts anderes als ein Bretterverschlag, ein Verhau, eine Bude ohne Fenster, dafür mit Ritzen und Spalten in den Wänden, sodass durch diese Öffnungen Licht fallen konnte. Die Farbe des Lichts wurde von der Umgebung bestimmt, von dem Regenwald, dem Dschungel, dem Wasser der Kanäle, die in dieser Gegend, im Süden der USA, Bayous genannt wurden. Eine Welt für sich, die so gar nichts mit Gebieten wie Kalifornien oder der Ostküste zu tun hatte.
    Hier war alles anders, die Menschen ebenfalls. Sie waren europäischer und gleichzeitig karibischer, denn die Kulturen verschmolzen miteinander.
    Es war nicht direkt heiß im Verschlag. Dafür stickig. Die Luft stand. Manchmal kam sich Kiki vor, als würde immer neue Feuchtigkeit hineingeleitet, die sich auch auf ihren Körper legte, der nur sehr dünn bekleidet war.
    Kiki trug sichtbar nur ein rotes Hängerkleid, das über den Knien endete. Ihre Füße steckten in dunklen, flachen Turnschuhen mit einer geriffelten Sohle.
    Sie hatte sich gesetzt, die Beine angezogen, die Arme vor der Brust verschränkt und sie gleichzeitig noch auf die Knie gestützt. Die Innenwand stützte sie am Rücken ab, und aus ihren großen, dunklen Augen starrte sie ins Leere. Sie kam sich vor wie eine Wasserleiche, denn das hereinfallende Licht ließ ihre Haut grünlich erscheinen.
    Kiki saß da und wartete.
    Worauf, das wusste sie selbst nicht genau. Die anderen hatten ihr nichts gesagt. Sie hatten sie einfach geholt, mit tausend Dollar gelockt, für Kiki war das irre viel Geld. Davon konnte sie sich wieder Nachschub kaufen, denn sie war süchtig.
    Nicht nach harten Drogen, noch nicht. Sie hielt sich an Gras, auch Marihuana genannt, doch sie war eigentlich immer sehr knapp bei Kasse. Tausend Dollar stellten für sie einen Traum dar, und man hatte ihr versprochen, sie nicht zu vergewaltigen oder zu töten. Sie sollte nur eine Testperson sein, mehr nicht.
    Das Geld trug sie bei sich. Sie hatte die Scheine in ihren engen Slip geklemmt. Hin und wieder fühlte sie nach, ob sie noch dort waren, und jedes Mal hatte sie aufgeatmet, als sie das leise Knistern des Papiers hörte.
    Es war da, und das war auch gut so.
    Warten auf… ja, worauf eigentlich?
    Das hatte ihr niemand gesagt.
    Deshalb fürchtete sie sich auch. Das Alleinsein, die Stille in dieser Bretterbude, die miese Luft, die Feuchtigkeit, die alles durchnässte und auch auf ihrem Gesicht den Film hinterlassen hatte.
    Poch… poch …
    Kiki erschrak. Sie war noch nicht zu stark mit sich selbst beschäftigt gewesen, um dieses fremde Geräusch nicht zu hören. Sofort überkam sie ein Schauer, denn getäuscht hatte sie sich nicht.
    Poch… poch …
    Sekunden nur waren nach dem ersten Klang vergangen, nun hörte sie ihn wieder.
    Kiki fror ein. Sie saß noch starrer auf dem Boden, hatte den Nacken gespannt und den Kopf nach vorn gedrückt. Sie wusste nicht, woher dieses Geräusch gekommen war, aber es musste in ihrer unmittelbaren Nähe geschehen sein.
    In der Hütte also.
    Aber die war leer, bis auf sie.
    Für tausend Dollar in die Vorhölle, so ähnlich hatte man es ihr erzählt. Bisher hatte sie von dieser Vorhölle noch nicht viel mitbekommen. Würde sich das jetzt ändern?
    Kiki Lafitte nahm eine andere Haltung ein. Zwar blieb sie noch immer steif sitzen, nun aber schob sie die Beine nach vorn, als könnte sie so die Quelle des Geräusches besser erreichen. War es vor ihr erklungen?
    Es fiel Kiki schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sich jemand in ihrer Nähe befand.
    Aufstehen und weglaufen. Das wäre eine Möglichkeit gewesen, doch sie wollte es nicht tun, denn dann hätte sie womöglich das Geld verloren. Die anderen hätten es ihr wieder abgenommen, und deshalb blieb sie sitzen, auch wenn sich ihre Furcht steigerte, obwohl sie noch nicht angegriffen wurde.
    Niemand wollte etwas von ihr.
    Und doch war die Bedrohung da.
    Sie spürte sie genau. Sie lauerte, sie war in der Tiefe, sie war versteckt. Oder war sie die eigentliche Vorhölle? Gehörte dieses verfluchte Geräusch dazu?
    Poch… poch …
    Kiki schrak zusammen. Für einen Moment verzerrte sich ihr Gesicht zur Fratze. Es sah so aus, als wollte sie weinen oder schreien, aber sie riss sich zusammen und blieb sitzen.
    Sie wäre gern

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