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Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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seinem eigenen Tisch angekommen, sagt er: «Komm, Ruth. Setz dich in Bewegung.»
    «Ich finde es so nett hier», protestiert sie.
    «Komm.»
    Sie sammelt ihre Siebensachen ein, und Harrison, der unschlüssig in die Gegend geschaut hat, steht schließlich auf und läßt sie vorbei. Er steht neben Rabbit, und der legt ihm impulsiv die Hand auf die unwat tierte Pseudo-Princeton-Schulter. Im Vergleich zu Mims Galan ist Ronnie ihm angenehm. «Du hast recht, Ronnie», sagt er, «du bist ein guter Spielführer gewesen.» Es klingt häßlich, als er's sagt, aber er hat es gut gemeint, um des alten Teams willen.
    Harrison ist zu langsam, um zu merken, daß Rabbit es ernst gemeint hat; er schlägt die Hand von seiner Schulter und sagt: «Wann wirst du eigentlich erwachsen?» Wahrscheinlich wurmt ihn die Niederlage noch, die seine Geschichte ihm eingetragen hat.
    Draußen, auf den sommerwarmen Stufen des Lokals, bricht Rabbit in Gelächter aus. «Nach einem Motorrad gesucht», sagt er und läßt sein Lachen weiterrauschen unterm Neonlicht.
    Ruth ist nicht in der Verfassung, es auch so komisch zu finden. «Du bist wirklich ein Idiot», sagt sie.
    Es ärgert ihn, daß sie zu stumpf ist, um zu erkennen, daß er in Wahrheit wütend ist. Es ärgert ihn, wenn er dran denkt, wie sie den Kopf geschüttelt hat, als er Harrison übertrumpfen wollte. Wieder und wieder muß er an diesen Augenblick denken, und jedesmal ärgert er sich. Er ärgert sich überhaupt über so vieles, er weiß gar nicht, wo er anfangen soll. Das einzige, was er genau weiß, ist, daß er ihr die Hölle heiß machen wird.
    «So, du und dieser Kerl, ihr wart also zusammen in Atlantic City.»
    «Warum sagst du Kerl?»
    «Oh. Er ist also keiner. Aber ich.»
    «Das hab ich nicht gesagt, daß du einer bist.»
    «Doch, das hast du gesagt. Gerade vorhin, da drin.»
    «Ach, das war doch nur irgend so'n Ausdruck. Es war nett gemeint, ich weiß selber nicht, warum.»
    «Du weißt es nicht.»
    «Nein, ich weiß es nicht. Du siehst deine Schwester reinkommen mit irgendeinem Freund und machst dir praktisch in die Hosen.»
    «Hast du dir den Bengel näher angesehn, mit dem sie da ist?»
    «Was ist denn mit ihm?» fragt Ruth. «Er sah ganz in Ordnung aus.»
    «Ungefähr jeder sieht in Ordnung aus für dich, nicht?»
    «Ich weiß nicht recht, wieso du dich aufspielst wie ein allmächtiger Richter.»
    «Jawohl, ganz gleich, wer es ist, Hauptsache, er hat Haare in den Achselhöhlen, dann ist er in Ordnung.»
    Sie gehen durch die Warren Avenue. Ihre Wohnung liegt ein paar Ecken weiter. Die Menschen sitzen draußen auf ihren Treppenstufen in der lauen Nacht. Die Unterhaltung der beiden ist also sozusagen öf fentlich, und sie bemühen sich, ihre Stimmen zu dämpfen.
    «Junge, Junge, wenn eine Begegnung mit deiner Schwester eine solche Wirkung auf dich hat, dann bin ich froh, daß wir nicht verheiratet sind.»
    «Wer hat das aufgebracht?»
    «Was aufgebracht?»
    «Heiraten.»
    «Du, weißt du das nicht mehr, in der ersten Nacht, du hast pausenlos davon geredet und meinen Ringfinger geküßt.»
    «Das war eine hübsche Nacht.»
    «Also.»
    «Also nichts.» Rabbit fühlt, daß er in die Enge getrieben ist, daß er ihr nicht die Hölle heiß machen kann, ohne sie ganz aufzugeben, sie und all das Schöne, das er durch sie gehabt hat. Aber sie hat sich und ihn in diese Lage gebracht, indem sie ihn in diese widerliche Spelunke ge schleift hat. «Du hast es mit Harrison gehabt, nicht?»
    «Vermutlich. Sicher.»
    «Du vermutest. Du weißt es nicht.»
    «Ich habe gesagt, sicher.»
    «Und mit wieviel anderen noch?»
    «Ich weiß es nicht.»
    «Hundert?»
    «Das ist eine zwecklose Frage.»
    «Warum zwecklos?»
    «Genausogut könntest du fragen, wie oft ich im Kino gewesen bin.»
    «Für dich ist es ohnehin dasselbe, nicht?»
    «Nein, es ist nicht dasselbe, aber ich versteh nicht, was die genaue Anzahl dir bedeutet. Du hast doch gewußt, was ich war.»
    «Ich bin nicht so sicher. Du bist eine richtige Nutte gewesen?»
    «Ich habe ein bißchen Geld genommen. Ich hab's dir gesagt. Ich habe Freunde gehabt, als ich als Stenotypistin arbeitete, und die hatten Freunde, und ich hab den Job verloren, vielleicht, weil so viel geredet wurde, ich weiß nicht, und ein paar ältere Männer kriegten meine Adresse raus, durch Margaret wahrscheinlich, ich weiß nicht. Hör zu, es ist vorbei. Wenn es dir so vorkommt, daß es was Schmutziges war oder so, dann meine ich, daß viele verheiratete Frauen es viel öfter

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