Hastings House
kein Licht, und die Tür steht weit offen!”
Es war Brad, und er klang völlig ratlos. Aber wenn Brad hier im Keller war, wo waren dann Nikki und Adam?
Sie schwieg, doch dann hörte sie, wie die Tür langsam aufging. Sofort lief sie durch den Gang und löschte das Licht. Die Scharniere knarrten, als die Tür aufgedrückt wurde.
“Leslie? Ich bin’s, Brad.” Er hörte sich verstimmt an. “Verdammt, Leslie. Willst du mir Angst machen? Wo bist du?”
Sie hielt inne und wagte kaum zu atmen. Doch sie musste weitergehen, also bewegte sie sich Zentimeter für Zentimeter durch die Dunkelheit, indem sie sich an der Wand entlangtastete. Sie glaubte, Kacheln unter ihren Fingern zu spüren, dann wieder Ziegelsteine, gefolgt von Beton, ehe es abermals Kacheln waren.
“Leslie, es ist hier stockfinster!”, rief Brad.
Sie hörte einen Aufschrei, dann einen dumpfen Knall, als würde etwas Schweres zu Boden fallen.
Brad?
Dann herrschte Ruhe.
Verzweifelt lief Leslie weiter. Jemand befand sich hinter ihr im Gang, und es war nicht länger Brad, dessen war sie sich sicher.
Kacheln … Beton, der sich unter ihrer Hand feucht und glatt anfühlte.
Dann … Holz?
Aus dem Tunnel vor ihm waren Geräusche zu hören, doch Joe konnte sie nicht richtig deuten. Vorsichtshalber zog er seine Waffe, während er in der anderen Hand die Lampe hielt.
Das Geräusch schien nah und zugleich unendlich weit entfernt zu sein.
Fluchend blieb er stehen, um einen Blick auf die Karte zu werfen.
Es gab einen Tunnel, der parallel zu diesem hier verlief, der aber nie Teil des U-Bahn-Systems gewesen war. Etwas war auf dem Plan notiert worden:
Alter Durchgang, unbenutzbar, Lager.
Lager. Das bedeutete, es gab irgendwo einen Zugang. Joe versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. War das da vorn eine Tür in der Wand? Er eilte los, um es sich genauer anzusehen.
Da waren Riegel an der Wand vor ihr, die sie ertasten konnte. Eine Tür! Obwohl sie eindeutig verfolgt wurde und nicht wusste, wie groß der Abstand zu ihrem Verfolger noch war, griff sie nach dem ersten Riegel und zog kräftig daran. Eine andere Wahl blieb ihr ohnehin nicht.
Der Riegel gab nach und rutschte mit einem lauten Knall zur Seite. Ohne Rücksicht darauf, wie viel Lärm sie verursachte, griff sie nach dem nächsten Riegel. “Hilfe!”, schrie sie auf einmal, obwohl sie das gar nicht wollte.
Ihr Hilferuf wurde als Echo zu ihr zurückgeworfen, als sie den letzten Riegel zur Seite schob. Die Tür ging auf, helles Licht schien ihr ins Gesicht und zwang sie, die Augen zusammenzukneifen. Sie befand sich in einem Raum, der nach Tod roch. In einer Ecke stand ein Feldbett, auf dem Tisch daneben entdeckte sie ein paar Flaschen Wasser.
Am gegenüberliegenden Ende des Raumes lag irgendetwas übereinandergestapelt.
Und dort sah sie eine Frau. Dunkelhaarig und mit blauen Augen, so dünn, dass sie fast verhungert wirkte. Ihre Fußgelenke waren mit einer Kette aneinandergefesselt, doch sie stand da, mit fahlem, kränklichem Gesicht, aber trotzdem bereit, sich zur Wehr zu setzen. Genevieve O’Brien.
“Kommen Sie rein! Ich kann es nicht fassen, dass Sie mich gefunden haben. Aber er ist dicht hinter Ihnen.”
Leslie sah über die Schulter und schrie auf. Er hatte sie fast erreicht.
“Kommen Sie rein!”, flehte Genevieve sie an.
Sie trat ein und drückte die Tür hinter sich zu, dann stemmten sich beide Frauen dagegen, während sich auf der anderen Seite jemand dagegenwarf, um sie aufzumachen.
Genevieve sah sie an. “Wer sind Sie? Wie haben Sie mich gefunden? Jetzt wird er uns beide umbringen.”
“Aber Sie leben noch”, erwiderte Leslie keuchend. Wie lange würden sie durchhalten können? Schließlich warf sich der Unbekannte immer wieder mit aller Kraft gegen die Tür. Wer wusste schon, dass sie hier war?
Adam und Nikki.
Falls die beiden noch lebten.
“Wer ist er?”, wollte Leslie von Genevieve wissen. “Wer?”
Noch während sie die Frage aussprach, traf der Fremde die Tür mit solcher Gewalt, dass Leslie und Genevieve nach hinten geschleudert wurden.
Die Tür ging auf, und Leslie blickte der Antwort auf ihre Frage direkt ins Gesicht.
Joe fand die Tür, musste sich aber wieder und wieder dagegenwerfen, um den Rost von Jahrzehnten aufzubrechen und die Tür öffnen zu können. Endlich gab sie nach.
Dahinter erstreckte sich ein weiterer Tunnel. An einem Ende sah er eine weit offen stehende Tür. Wenn seine Orientierung stimmte, dann war dort der Keller von Hastings
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