Hasturs Erbe - 15
Geisterwind blies - denn in einigen der abgelegenen Täler wächst immer noch Kireseth -, wanderte er irre durch die Wälder. Hinterher erzählte er wahnwitzige Geschichten von Frauen, die dort herumliefen und nackt im Wind tanzten und ihn in die Arme nahmen - wie sie eben Wahnsinnige erzählen. Doch vor langer Zeit, vor sehr langer Zeit, kam der alte Rhakal, wie man berichtete, nach Burg Storn und trug ein kleines Mädchen auf dem Arm und sagte, er habe sie so nackt, wie sie war, im Schnee auf seiner Schwelle gefunden. Er sagte, es sei das Kind von ihm und dem Waldvölkchen, und es sei von ihren Leuten verstoßen und ausgesetzt worden. Lady Storn nahm es zu sich, was immer dieses Kind auch war, menschlich oder vom Waldvolk, weil der alte Rhakal es nicht großziehen konnte. Sie erzog das Mädchen zusammen mit ihren eigenen Töchtern. Und viele Jahre später, als ich mich mit Lauretta Storn-Lanart vermählte, kam Felicia Darriell, wie man sie nannte, zusammen mit Laurettas Damen und Gefolge hierher. Felidas ältestes Kind, Thyra, könnte meine eigene Tochter sein. Als Lauretta hochschwanger war, nahm ich auf ihren Wunsch hin Felida mit mir zu Bett. Laurettas erstes Kind wurde tot geboren, und sie nahm Thyra an Kindes statt an. Ich habe sie immer als Beltrans Schwester angesehen, wenn es auch nicht sicher ist. Später heiratete Felicia Zeb Scott, und diese beiden, Rate und Marguerida, sind halbe Terraner und nicht mit dir verwandt. Aber Thyra könnte auch unsere Cousine sein.”
Nachdenklich fügte er hinzu: „Die Geschichte des alten Rhakal kann gestimmt haben. Peliria war eine merkwürdige Frau. Ihre Augen waren so sonderbar. Ich hatte solche Geschichten immer für das Geplapper eines Trinkers gehalten. Und doch, als ich Feiida kennenlernte…” Er schwieg, verloren in Erinnerungen an lang vergessene Zeiten. Ich blickte Marjorie an und wunderte mich. Auch ich hatte niemals an solche Erzählungen geglaubt. Aber diese Augen… Kermiac lachte und schickte mich fort. „Neffe, da dein Herz und deine Augen drüben bei Marguerida sind, bring auch den Rest von dir dorthin.”
Thyra starrte abwesend hinaus in den Sturm. Ich spürte ihre fragenden Gedanken und wußte, sie suchte durch die zunehmende Dunkelheit ihren Freund. Thyra, das mochte ich wohl glauben, war nicht ganz menschlich.
Aber Marjorie? Sie streckte mir ihre Arme entgegen. Ich fing sie mit meinen auf und umfaßte mit dem freien Arm ihre Taille. Beltran kam zu uns und sagte: „Er wird bald da sein. Was dann, Lew?”
„Es ist dein Plan”, sagte ich. „Und Kadarin ist gewiß Telepath genug, um in den Zirkel zu passen. Du weißt, was wir tun wollen, wenn es auch bei einer Gruppe unserer Größe Grenzen gibt. Es gibt bestimmt Technologien, die wir demonstrieren können. Zum Beispiel Straßenbau und das Pflastern von Straßen. Es sollte die Terraner überzeugen, daß es lohnt, auf uns ein Auge zu werfen. Matrixgetriebene Flugzeuge sind da schon schwieriger. Es gibt vielleicht Aufzeichnungen darüber auf dem Arilinn. Aber an die heranzukommen, würde weder schnell noch leicht sein.”
„Meinst du immer noch, ich passe nicht in einen Matrixzirkel hinein?” „Es gibt keine Frage des Hineinpassens. Du bist dazu nicht fähig! Tut mir leid. Beltran. Einige Kräfte können sich noch entwickeln. Aber ohne einen Katalysatoren…” Er schloß den Mund und sah einen Moment lang häßlich aus. Dann lachte er. „Vielleicht können wir eines Tages den Syrtis-Jungen überzeugen hierherzukommen. Du sagtest doch, er liebt die Comyn nicht.”
Ich hatte keinen Laut gehört, aber Thyra stand auf und ging hinaus in die Halle. Wenige Augenblicke später kam sie mit Kadarin zurück. Er hielt ein langes, umhülltes Bündel auf den Armen und winkte die Diener beiseite, die es ihm abnehmen wollten.
Kermiae wollte gerade die Tafel verlassen. Er erwartete Kadarin am Rand des Podiums, während die anderen die Halle verließen. Kadarin sagte: „Ich habe sie, Oheim, und ich hatte auch einen gehörigen Kampf mit der Dame. Desideria sendet dir ihre besten Wünsche.” Er machte ein schiefes Gesicht. Kermiae sagte mit bekümmertem Lächeln: „Ach, Desideria hatte schon immer ihren eigenen Kopf. Du mußtest sie doch nicht mit Gewalt überzeugen?” In Kadarins Grinsen lag Sarkasmus. „Du kennst Lady Storn besser als ich. Glaubst du wirklich, es hätte etwas genützt? Glücklicherweise war es nicht nötig. Ich habe ein wenig Talent, Frauen zu überreden.”
Kermiae streckte die Hand aus,
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