Hasturs Erbe - 15
jedenfalls nicht an deinem Tod beteiligt sein. Die Hasturs brauchen dich um deinetwillen, Regis, nicht nur, um dein Blut an deine Erben weiterzugeben!”
„Und was schlägst du vor, das ich tun soll?” Regis wußte selbst nicht, ob die Frage ehrlichen Zorn oder eine sarkastische Herausforderung ausdrücken sollte.
„Wir werden nicht verfolgt. Wir müssen hierbleiben, bis es dir wieder gutgeht.” „Ich glaube nicht, daß es mir wieder besser gehen kann, ehe ich nicht zu einem der Türme gelange und lerne, dies hier zu kontrollieren.” Laran. Gabe? Ein Fluch, dachte er. In diesem Blut, in diesem Gehirn. Doch das war nicht das einzige, was ihn krank machte. Es war die ständige Notwendigkeit, seine Gefühle abzuschirmen, sich selbst gegen unwillkommene Gedanken und Begierden zu verschließen. Und dagegen gab es keine Hilfe. Selbst in den Türmen konnten sie ihn nicht anders machen als er war. Aber sie könnten ihm beibringen, es zu verbergen, damit zu leben.
Danilo legte seine Hand auf Regis Schulter. „Du mußt mich für dich sorgen lassen. Das ist meine Pflicht.” Nach einem Moment fügte er hinzu: „Und mein Vergnügen.”
Mit einer Mühe, die ihm fast Schwindel bereitete, blieb Regis unter der Berührung reglos. Starr sagte er, indem er den angebotenen Kontakt verweigerte: „Dein Haferbrei brennt an. Wenn du so gern etwas tun willst, dann paß auf das auf, was du tust. Das verdammte Zeug ist ungenießbar, auch wenn man es richtig zubereitet.”
Danilo versteifte sich bei diesen Worten wie unter einem Hieb. Er ging zum Feuer und nahm den kochenden Brei herab. Regis sah ihn nicht an und dachte auch nicht darüber nach, wie sehr er den Freund verletzt hatte. Er war jenseits von allen Gedanken an irgend etwas und versuchte lediglich, nichts zu denken.
Er verspürte heftige Wut auf Danilo, weil dieser ihm diese intime Konfrontation aufgezwungen hatte. Plötzlich erinnerte er sich an den Kampf, den Danilo in der Baracke vom Zaun gebrochen hatte, ein Kampf, der ohne Hjalmars Eingreifen weit über einen einzigen Schlag hinausgegangen wäre. Er wollte Danilo jetzt verprügeln, ihn mit grausamen Worten verletzen. Er verspürte das Bedürfnis, zwischen sie beide Distanz zu bringen, diese unerträgliche Nähe aufzubrechen, Dani zu verbieten, ihn so liebevoll anzublicken. Wenn sie miteinander kämpften, müßte Regis vielleicht nicht ständig auf der Hut sein, in der Angst, das er tun oder sagen könnte, was zu denken er schon kaum aushalten konnte…
Danilo kam mit dem Haferbrei in einem kleinen Töpfchen zurück. Vorsichtig und leise sagte er: „Ich glaube, es ist nicht angebrannt …”
„Oh, hör doch endlich mit dieser Aufmerksamkeit auf!” brüllte ihn Regis an. „Iß deinen Brei und laß mich in Ruhe. Verdammt, hör endlich auf, mich zu bemuttern. Was soll ich noch tun, damit du merkst, daß ich nichts von dir will, dich nicht brauche. Laß mich endlich in Ruhe!” Danilo wurde bleich. Er setzte sich auf die andere Bank, den Kopf über die Schüssel gesenkt. Mit dem Rücken zu Regis sagte er kalt: „Deiner steht da, wenn du ihn willst, mein Lord.” Ganz deutlich sah Regis, als sei die Zeit aus den Angeln gerückt, jenen schneidenden Augenblick in der Baracke, als Danilo ihn mit einer Beleidigung von sich gewiesen hatte. Auch in Danilos Kopf wurde es deutlich: Er hat mir gegenüber bewußt das gleiche getan, was ich unbewußt tat.
Mit übermächtiger Anstrengung hielt sich Regis vor einer unmittelbaren Entschuldigung zurück. Ihm wurde übel vom Geruch des Haferbreis. Er ging zu dem Steinalkoven, legte sich nieder, hüllte sich in den Reitumhang und versuchte, die zerreißenden Schüttelkrämpfe die über seinen Körper jagten zu unterdrücken. Es schien ihm, als höre er Danilo weinen, wie er es sooft in der Baracke getan hatte, doch Danilo saß ruhig auf seiner Bank und löffelte sein Essen. Regis blickte auf das Feuer, bis es aufzuflammen begann -Halluzinationen. Kein Waldbrand. Nicht Sharra. Nur erneute Halluzinationen. Psi außer Kontrolle.
Immer noch schien es ihm, als könne er Lews Gesicht sehen, ganz deutlich im Schein des Feuers. Und wenn ich ihn, dachte Regis, an diesen Ort, neben mich, ziehen könnte - hätte er mich fortgestoßen, mich geschlagen? Vielleicht hätte er den Trost, den ich ihm angeboten hätte, für zu beschämend gehalten, um ihn aushalten oder auch nur anerkennen zu können. Ich war nur ein Kind. Ich wußte nicht, was ich tat.
Er war kein Kind. Und er wußte es.
Er konnte
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