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Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Blut hervor, und ich war unsäglich froh, daß es scharf wie eine Rasierklinge war.
Ich beugte mich über sie, um sie ein letztes Mal lange zu küssen. Dann sagte ich flüsternd: „Ich versuche… dir nicht weh zu tun, Liebste…” Sie schloß die Augen, lächelte und flüsterte: „Ich habe keine Angst.”
Einen Moment lang hielt ich inne, um eine ruhige Hand zu gewinnen, so daß ich es mit einem einzigen raschen Stoß hinter mich bringen konnte. Ich sah die dünne bläuliche Ader an ihrer Kehle pulsieren. In wenigen Augenblicken würden wir beide Frieden haben. Dann mochte Kadarin sein Schlimmstes geben…
Ein Schauder des Entsetzens ergriff mich. Wenn wir tot waren -war damit die letzte Kontrollmacht über die Sharra verschwunden? Kadarin würde sicher in den Flammen Sharras sterben. Aber die Feuer würden nicht mehr verlöschen. Sharra, einmal erweckt, würde weiter und weiter rasen und toben und unser Volk, unsere Welt verzehren…
Was kümmerte es uns? Die Toten ruhen in Frieden!
Und um uns einen schmerzlosen Tod zu gönnen, ließen wir unsere Welt von den Feuern Sharras vernichten?
Der Dolch entfiel meiner Hand. Er lag auf dem Laken zwischen uns. Doch für mich war er so weit entfernt, als läge er auf einem unserer Monde. Ich bereute bitterlich, daß ich nicht wenigstens Marjorie einen raschen, schmerzlosen Tod bereiten konnte. Sie hatte genug erlitten. Es war nur gerecht, daß ich lange genug lebte, um meinen Verrat durch Leid zu sühnen. Doch ohne ihre Fähigkeit als Bewahrerin würde ich nicht lange genug überstehen, um zu tun, was ich tun mußte.
Sie öffnete die Augen und sagte mit zitternder Stimme: „Warte nicht so lange, Lew. Mach schnell.”
Langsam schüttelte ich den Kopf.
„Wir können nicht den einfacheren Weg wählen. Liebste. Wir werden sterben. Doch wir müssen unseren Tod nutzen. Wir müssen das Tor zur Sharra schließen, bevor wir sterben, und die Matrix zerstören, wenn wir das können. Wir müssen es tun. Es gibt keine Hoffnung - du weißt das -, daß wir es überleben. Aber es gibt die Chance, daß wir lange genug leben, um das Tor zu schließen und unsere Welt vor der Zerstörung durch Sharras Feuer zu retten.” Sie blickte mich mit vor Erschütterung und Entsetzen weit aufgerissenen Augen an. Flüsternd sagte sie: „Ich möchte lieber sterben.”
„Ich auch”, gab ich zurück, „aber einen so einfachen Weg gibt es für uns nicht, meine Liebste.”
Dieses Recht hatten wir verspielt. Ich blickte sehnsüchtig auf den kleinen Dolch und seine rasiermesserartige Schärfe. Schließlich nickte Marjorie zustimmend. Sie nahm den kleinen Dolch, ging zum Fenster und schleuderte ihn durch den schmalen offenen Spalt. Sie kam zurück und glitt neben mich. Mit bemüht ruhiger Stimme sagte sie: „Jetzt kann ich nicht mehr den Mut verlieren.” Dann bekam ihre Stimme, im Gegensatz zu den noch tränenfeuchten Augen, wieder den alten Anflug von Spott. „Immerhin werden wir noch eine Nacht in einem anständigen Bett verbringen.”
Kann eine Nacht ein ganzes Leben lang dauern?
Vielleicht. Wenn man weiß, daß das Leben nur aus einer einzigen Nacht besteht. Ich sagte mit rauher Stimme, wobei ich sie in meine Arme schloß:
„Laß uns keine Zeit vergeuden.”
Wir waren beide nicht kräftig genug, um uns ausgiebig körperlich zu lieben. Die meiste Zeit in dieser Nacht hielten wir einander umfangen. Manchmal redeten wir ein wenig, meistens streichelten wir uns stumm. Ich war aufgrund meines langen Trainings, unwillkommene Gedanken zu verdrängen, in der Lage, die Gedanken an das Morgen fast vollständig zu negieren. Merkwürdigerweise bedauerte ich am stärksten nicht unseren bevorstehenden Tod, sondern daß uns nicht lange, ruhige Jahre des Zusammenlebens gegönnt waren, die genaue Kenntnis, daß Marjorie niemals die Berge in der Nähe Armidas sehen würde, niemals als meine Braut dort einziehen würde. Gegen Morgen weinte Marjorie ein wenig um das Kind, das auszutragen sie nicht lange genug würde leben können. Schließlich kuschelte sie sich in meine Arme und fiel in unruhigen Schlaf. Ich lag wach und dachte an meinen Vater und meinen ungeborenen Sohn, jenen allzu schwachen Lebensfunken, der, eben erst erweckt, bald wieder ausgelöscht sein würde. Ich wünschte, Marjorie wäre dieses Wissen erspart geblieben. Nein, es war richtig, daß jemand um ihn weinen sollte, und ich war schon jenseits aller Tränen.
Noch ein Tod auf meinem Gewissen…
Schließlich, als die Sonne schon fast die fernen

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