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Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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eingegraben war. Jetzt gab es keine Hoffnung mehr für mich. Ich war ein Verräter, doppelt verdammt und ein Verräter.
Einen Moment wirbelte die Zeit durch meinen Kopf. Ich kniete vor meiner Bewahrerin auf dem Arilinn und hörte mich sagen:
„… schwöre bei meinem Leben, was immer ich auch für Kräfte haben werde, ich werde sie nur zum Guten meiner Kaste und meines Volkes benutzen, nicht für persönliche Zwecke und Ziele…”
Ich war ein Verräter, ein doppelter Verräter. Ich hatte meine Talente, meine im Turm erworbenen Fähigkeiten eingesetzt, um Zerstörung, Vernichtung über jene zu bringen, denen ich in doppelter Weise, als Comyn und als Telepath, verschworen war, die ich schützen und behüten sollte.
Marjorie und ich befanden uns in intensivem Kontakt. Sie blickte mich mit vor Entsetzen und Protest weit aufgerissenen Augen an. „Du hast es doch nicht willentlich getan”, flüsterte sie. „Man hat dich gezwungen, unter Drogen gesetzt, gefoltert…”
„Das macht keinen Unterschied.” Es war meine Wut, mein Haß, den sie benutzt hatten. „Auch nicht, um mein Leben zu retten, auch nicht, um deines zu retten, hätte ich erlauben sollen, daß man uns hierher zurückbringt. Ich hätte sie veranlassen sollen, uns beide zu töten.” Jetzt gab es keine Hoffnung mehr für uns, keine Fluchtmöglichkeit. Kadarin konnte mich wieder betäuben, mich wieder zwingen, und es gab keine Möglichkeit des Widerstands. Mein eigener unbewußter Haß hatte mich dem ausgeliefert, und es gab kein Entkommen. Kein Entkommen außer dem Tod.
Marjorie - ich blickte sie an - bebte vor Schmerz. Auch für sie gab es keinen anderen Ausweg. Ich hätte Kadarin damals in der Steinhütte dazu bringen sollen, sie rasch zu töten. Dann wäre sie unschuldig gestorben, nicht so, langsam, unter dem Zwang zu töten.
Sie fingerte an ihrem Kleid herum und brachte einen kleinen, scharfen Dolch zum Vorschein. Ruhig sagte sie: „Ich glaube, sie haben vergessen, daß ich das hier immer noch habe. Ist er scharf genug, Lew? Willst du es für uns beide tun?”
Und da brach ich zusammen und schluchzte hilflos. Es gab für uns beide keine Hoffnung. Ich wußte es. Aber daß es soweit kommen sollte, daß Marjorie so ruhig von dem Messer sprach, das uns beide töten sollte, als hätte sie mich gefragt, ob die Stickerei auf ihrem Kleid eine hübsche Farbe habe - das konnte ich nicht ertragen. Das war jenseits von allem Erträglichen. Als ich mich schließlich wieder ein wenig beruhigt hatte, stand ich auf und ging zur Tür. Laut sagte ich: „Dieses Mal werden wir sie von innen versperren. Zumindest der Tod ist eine Privatangelegenheit.” Ich schob den Riegel vor, ohne Hoffnung, daß er lange standhalten würde, wenn sie uns suchten, doch dieses Mal würde es uns gleichgültig sein. Ich ging zurück zum Bett und schleuderte die Stiefel fort, die ich aus einem mir unbekannten Grund anzuziehen versucht hatte. Ich kniete vor Marjorie nieder und zog ihr die leichten Sandalen von den Füßen. Dann nahm ich ihr die Spangen aus dem Haar und legte sie auf mein Bett.
Ich hatte geglaubt, ich hätte die Comyn hinter mir gelassen. Und jetzt starb ich, um Darkover in den Händen der Comyn zu belassen, den einzigen Händen, die unsere Welt sicher erhalten würden. Einen Augenblick lang umarmte ich Marjorie.
Ich war bereit zu sterben. Aber konnte ich mich dazu bringen, sie zu töten?
„Du mußt”, flüsterte sie. „Du weißt, wozu sie mich zwingen werden. Und was die Terraner daraufhin mit unserem Volk tun werden.”
So schön war sie mir noch nie erschienen. Ihr helles, flammenfarbenes Haar lag um ihre Schultern. Es reflektierte kleine Lichtblitze. Dann brach sie schluchzend zusammen. Ich nahm sie in den Arm und drückte sie so fest an mich, daß ich ihr schrecklich weh getan haben muß. Auch sie hielt mich mit aller Kraft und flüsterte: „Es ist die einzige Möglichkeit, Lew. Die einzige. Aber ich wollte nicht sterben, Lew. Ich wollte mit dir leben, mit dir in die Ebene gehen, ich wollte… wollte deine Kinder.”
Ich kann mir keinen Schmerz vorstellen, der dem in diesem Augenblick gleichkäme, als Marjorie schluchzend in meinen Armen lag und sagte, sie wolle Kinder von mir haben. Ich war froh, daß ich nicht mehr lange leben würde, um mich daran zu erinnern. Ich hoffte, die Toten hatten keine Erinnerungen…
Nur unser beider Tod stand zwischen unserer Welt und entsetzlicher Zerstörung. Ich nahm das Messer. Als ich es über meinen Finger gleiten ließ, sprang

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