Hauch der Verdammnis
geheimnisvollen Schädels in der Felsspalte. Als sie eintraf, trugen Rob und einer seiner Helfer gerade die letzten sorgfältig beschrifteten Knochen aus dem Explorer in sein Büro. Sie musste ihre Ungeduld zügeln, bis der vollständige Fund auf einem Labortisch in dem Raum neben Robs Büro lag.
Aber ihre Zuversicht erlitt schnell wieder einen argen Dämpfer. Die Dateien waren längst nicht so einfach zu finden, wie sie erwartet hatte. Es hätte so leicht sein müssen. Sie hatten die Dateinamen, und Philip Howell war sicher, dass sie irgendwo auf Takeo Yoshiharas Computer sein mussten. Aber als Rob das Laufwerksverzeichnis aufrief, ließ sich keine Datei gleichen Namens finden. Er spürte ihre Enttäuschung und versuchte sie aufzumuntern. »Kein Problem. Das ist nur ein Laufwerk. Es muss mehrere geben. Ich starte eine Suche.«
Obwohl die Suche nur wenige Minuten in Anspruch nahm, schien sie Katharine eine Ewigkeit zu dauern. Endlich erschienen zwei Zeilen auf dem Bildschirm, welche die Resultate anzeigten, und sie fasste wieder Mut.
x:\serinus\artefakt\Philippinen\Schaedel.jpg
x:\serinus\artefakt\Phillipinen\video.avi
»Wenn die Verzeichnisse auf irgendeiner Logik basieren, wissen wir nun zumindest, woher der Schädel kommt«, sagte Katharine. »Aber was bedeutet ,serinus'?«
»Das ist eines von Yoshiharas Projekten«, antwortete Rob. »Es hat irgendwas mit Luftverschmutzung zu tun. Serinus ist die Gattungsbezeichnung für Finken, um genauer zu sein: serinus canaria - Kanarienvögel.«
»Kanarienvögel?« wiederholte Katharine. »Ich glaube, ich sehe den Zusammenhang nicht.«
»Der Zusammenhang besteht darin, dass man früher Kanarienvögel in die Minenschächte herabließ, um die Luft zu prüfen. Blieb der Vogel am Leben, konnten die Bergarbeiter hinuntersteigen. Starben sie, dann hieß das, dass gefährliche Gase im Schacht waren.« Er zögerte. »Sehr viel weiß ich über dieses Projekt nicht, aber es sieht so aus, als wolle Yoshihara neue Wege finden, um die Kanarienvögel vor dem Tod zu retten. Daher der Projektname. Eine etwas seltsame Art von Firmenhumor, wenn du mich fragst. Aber schauen wir mal, ob wir an diese Dateien rankommen.«
Mit wachsender Spannung sah Katharine zu, wie Rob einen Viewer startete und den Pfadnamen der jpg-Datei einkopierte. Gleich haben wir es geschafft dachte sie, wir sind fast am Ziel. Doch dann erlosch der Bildschirm, und ein Befehl wurde eingeblendet:
BITTE PASSWORT EINGEBEN
Rob probierte ein paar Möglichkeiten aus, von Ana-grammen aus »Artefakt« und »Serinus« bis hin zum rückwärts geschriebenen Namen von Takeo Yoshihara. Weder ihn noch Katharine wunderte es, dass nichts davon funktionierte. »Wer weiß?« sagte Rob schließlich seufzend. »Es könnte das Geburtstagsdatum von irgend jemandes Schwiegermutter sein oder eine zufällig gewählte Folge von Buchstaben und Zahlen. Und wenn ich es noch sehr viel öfter mit falschen Paßwörtern versuche, merkt der Computer vielleicht etwas und meldet mich.«
Mißmutig starrte Katharine auf den Bildschirm. Sie konnte die beunruhigenden Bilder auf dem seltsamen Video nicht vergessen. »Wahrscheinlich ist es sowieso nicht die richtige Datei«, sagte sie enttäuscht. »Was in aller in der Welt sollte auch ein Stamm, der eine Art Primaten abschlachtet, mit Luftverschmutzung zu tun haben?«
»Ich fürchte, darüber weißt du weitaus mehr als ich«, entgegnete Rob schulterzuckend. »Du bist schließlich die Knochenfrau.«
Aber Katharine wusste auch keine Antwort. Sie stocherten noch eine Weile in dem Verzeichnis namens Serinus herum, doch schon bald fanden sie heraus, dass nur eine einzige Datei ohne Paßwort zugänglich war.
Eine Datei, die ihre Vermutung bestätigte, dass Takeo Yoshihara und die Mishimoto Corporation das Problem der globalen Luftverschmutzung in der Tat durch ein gewaltiges Forschungsprojekt zu lösen versuchten. »In der Absicht, ein Vermögen mit ihren Entdeckungen zu machen«, kommentierte Rob, nachdem sie die Datei gelesen hatten.
Während des restlichen Nachmittags konzentrierte sich Katharine darauf, die Einzelteile des Skeletts zusammenzusetzen. Während sie arbeitete, begann eine Idee zarte Wurzeln zu schlagen. Erst als Rob sie schließlich bei der Arbeit unterbrach und vorschlug, zusammen essen zu gehen, bemerkte sie, wie schnell der Nachmittag vergangen war.
Sie hatte zwar noch immer keine Ahnung, wie sie die Datei mit dem Schädel und dem Video wiederherstellen konnte,
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