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St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau

St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau

Titel: St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
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    Prolog
    Das Schiff glitt über die Wellen, und am Horizont wuchsen die dunklen Umrisse der Küste. Passagiere drängten an Deck, lachten miteinander und teilten die Freude der baldigen Ankunft. Alle bis auf den Mann, der sich während der ganzen Reise von den anderen abgesondert hatte. So grimmig und unnahbar war er den Mitreisenden erschienen, dass niemand gewagt hatte, ihn anzusprechen.
    Rafael Mortmain stand allein an der Reling und hatte das Gesicht von den anderen abgewandt. Auch nach fünfjähriger Abwesenheit ging er immer noch ein großes Risiko ein, nach Cornwall zurückzukehren. Immerhin galt er dort als Pirat, als Dieb und als Mörder - eine hohe Belohnung war auf seinen Kopf ausgesetzt. Krankheit hatte seinen ehemals kräftigen Körper fast bis zum Skelett abmagern lassen, das einst gepflegte lange schwarze Haar hing jetzt strähnig und stumpf herab, und die hageren Gesichtszüge lagen unter einer Schicht Bartstoppeln verborgen. Der Mann befürchtete, dass ihn seine eigene Mutter nicht mehr wiedererkannt hätte. Wenn es ihr denn noch möglich gewesen wäre, einen Blick auf ihn zu werfen.
    Evelyn Mortmain hatte ihren Sohn allein in Paris zurückgelassen, als der gerade erst acht Jahre alt gewesen war. Seitdem hatte Rafael nie mehr etwas von ihr gehört. Erst viel später hatte er von ihrem Tod erfahren, einem sinnlosen Ende. Ihre Besessenheit hatte sie getrieben, und um dieses Wahnsinns willen hatte sie sogar ihren Sohn im Stich gelassen. Alle Mortmains hatten über Generationen an dieser Obsession gelitten: die Vernichtung der Familie St. Leger.
    Dieser Drang befiel die Mortmains wie eine Krankheit. Rafael hatte sich in seinen mittlerweile vierzig Lebensjahren niemals diesem Zwang unterworfen - bis es vor kurzem auch ihn erwischt hatte. Nun konnte er weder am Tag noch in der Nacht an etwas anderes denken. Der letzte Mortmain zitterte und trank einen Schluck aus seinem silberbeschlagenen Flachmann. Doch der Whiskey brannte nur in seiner Kehle, vermochte aber nichts gegen die Kälte auszurichten, die sich schon seit langem in seinen Knochen eingenistet hatte. Er wischte sich mit einer einst kräftigen Hand über den Mund, deren Zittern er nicht mehr unterdrücken konnte. Rafael blinzelte auf die Klippen der fernen Küstenlinie, die von einem Tuch aus Nebel bedeckt war: Cornwall, ein Land, mehr als alle anderen angefüllt mit Sagen, Romanzen und Magie, mit Geschichten von Feen und Helden, dachte der kranke Mann spöttisch. Für ihn stellte diese Grafschaft nichts weiter als eine öde, isolierte Küste dar, der perfekte Ort, seine Rachegelüste zu befriedigen. Und jedes Schaukeln des Schiffs brachte ihn seinem Ziel näher.
    Er dachte an den ach so noblen Dr. Valentine St. Leger, und sogleich stieg solcher Hass in ihm auf, dass es ihn schüttelte. Wie sehr hatte er sich damals bemüht, ein ehrbares und geachtetes Leben zu führen ... Seine Laufbahn als Zoll-Offizier hatte es mit sich gebracht, in den Teil Cornwalls zurückzukehren, in welchem seine Vorfahren ihre berüchtigten Überfälle auf die St. Legers verübt hatten. Rafael hatte sich nach Kräften bemüht, sich davon nicht beeinflussen und den Makel seiner Abstammung hinter sich zu lassen. Und tatsächlich war es ihm gelungen, sein Leben nicht dieser Familienfehde zu unterwerfen. Er hatte sogar mit Lance St. Leger Freundschaft geschlossen, und Lance war der einzige wahre Freund gewesen, den er jemals in seinem einsamen Leben gefunden hatte.
    Aber Valentine St. Leger hatte diese Freundschaft schließlich zunichte gemacht.-Der Arzt betrieb ausführliche Studien über die Untaten der Mortmains und hatte über Jahrhunderte zurückverfolgt, was diese den St. Legers angetan hatten.
    Valentine konnte daher in Rafael gar nichts anderes als den letzten Abkömmling einer verdorbenen und bösartigen Familie sehen. Und er gewann auch seine Umgebung dafür, diesen Mann ebenso in Misskredit zu bringen. Nach einer Weile hatte er sogar seinen Zwillingsbruder Lance davon überzeugen können. Hinzu kam, dass Rafael in seiner Verbitterung einige Fehler begangen hatte. Schlimme Fehler. Das gab er durchaus zu. Aber er hatte ehrlich versucht, alles wieder gutzumachen. Doch dann war der Arzt eingeschritten und hatte alle Sünden Rafaels aufgedeckt. Das hatte ihn die Freundschaft mit Lance gekostet - und eigentlich auch alles andere. Rafael hatte sich gezwungen gesehen, aus dem Land zu fliehen, wenn ihm sein Leben lieb war. Ein Mortmain erhielt eben keine

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