Haus der bösen Lust (German Edition)
Stimme. »Das ist so typisch für dich, Justin. Wenn es ein Problem gibt, steigst du in ein Flugzeug und verschwindest.«
Collier fühlte sich in dem Leihwagen beengt und ärgerte sich darüber, dass ihn der nervende Anruf von der Umgebung ablenkte. »Evelyn, Schätzchen, ich würde eine Scheidung nicht als Problem bezeichnen. Das ist lediglich ein Ereignis. Das Problem ist eher, dass du und ich je dachten, wir würden als Ehepartner zueinanderpassen ... aber das ist ja nun hinfällig.«
Das kleine Mobiltelefon schien zu vibrieren, als sie protestierte. »Was soll das jetzt wieder heißen?«
»Pass auf, Evelyn, ich muss dieses Buch zu Ende bringen. Der Abgabetermin ist nächste Woche. Wenn ich den nicht einhalte, besteht theoretisch die Möglichkeit, dass mein Verleger den Vertrag kündigt, und dann müsste ich die fünfzigtausend Dollar Vorschuss zurückzahlen . Und jetzt setz mal die Denkermütze auf und überleg, was das für Auswirkungen hätte, zumal du bei der Scheidungsvereinbarung wahrscheinlich die Hälfte dieses Vorschusses bekommen würdest.«
Stille. Dann: »Oh.«
»Genau, Liebste. Oh. Zusammen mit der Hälfte – ich wiederhole: der HÄLFTE – von allem anderen, was ich je verdient habe.«
Neuerlicher Protest. »He, ich arbeite auch!«
»Schätzchen, mit Partyservices in Los Angeles verhält es sich so wie mit alten Leuten in Florida – es gibt zu viele. «
Collier wusste, dass er ihr gescheitertes Geschäftsunterfangen nicht hätte erwähnen sollen. Noch bevor sie es aussprach, wusste er, was sie sagen würde.
»Ich bin froh, dass deine bescheuerte Sendung aus dem Programm fliegt, du aufgeblasenes Arschloch!«
Ach, das schöne Leben, dachte Collier. Wahre Liebe und häusliches Glück . »Evelyn, lass uns nicht streiten. Ich bin in einer Woche zurück, um die Papiere zu unterzeichnen, in Ordnung? Ich weiche dem Thema nicht aus, falls es das ist, was du denkst. Aber ich muss das jetzt machen.«
»Wofür musst du nach Tennessee? Du schreibst Bücher über Bier.«
»Ich brauche nur noch einen Eintrag, bevor das Buch fertig ist, und ich glaube, ich habe hier gefunden, wonach ich suche. Es muss etwas Einzigartiges sein. Ich kann nicht einfach irgendein Bier einer Kleinbrauerei mit aufnehmen.«
»Na ja ... gut.« Ihr Zorn verrauchte.
»Ich muss jetzt auflegen. Ich bin schon vor vier Stunden vom Flughafen weg und hab immer noch keine Ahnung, wo ich hinmuss. Weißt du was, ich rufe dich Mitte der Woche an, um zu sehen, wie es dir geht, ja?«
»Okay. Bis dann.«
Klick.
Collier fühlte sich, als wäre soeben ein großes Tier von seinem Rücken geklettert. Er schlug sich den Ellbogen an, als er das Telefon wegsteckte.
Warum hab ich bloß je geheiratet? Alle meine verheirateten Freunde haben mir davon abgeraten. Wenn Verheiratete einen davor warnen, jemals zu heiraten, ist das so, als käme der Koch aus der Küche, um zu gestehen, dass sein Essen mies ist. Ein ziemlich kompetenter Rat. Natürlich war Evelyn eine wunderschöne Frau, allerdings fanden das anscheinend auch einige andere Männer in Los Angeles. So ist das in der modernen Welt – man hat tollen Sex, dann heiratet man und schließlich lässt man sich scheiden. Und der Mann darf der Frau die Hälfte von allem abgeben.
Das war toller Sex einfach nicht wert. Und tatsächlich hatte er inzwischen vergessen, was toller Sex war.
Herrlich grüne Weiden und Ackerland zogen zu beiden Seiten vorbei. Collier genoss die Aussicht, besonders nach diesen vier Jahren in Los Angeles. L. A. war keine Stadt, sondern ein Stadtstaat . Hollywood! Spago! Venice Beach! Rodeo Drive! Können sie alles behalten, dachte er. Hatte Los Angeles seinen Reiz verloren oder lag es an etwas anderem? Collier fiel auf, dass ihn materielle Dinge umso weniger interessierten, je älter er wurde. Seine Sendung bei Food Network TV, Justin Collier: Fürst der Biere, hatte ihm während der ersten drei Staffeln eine enorme Stange Geld eingebracht, nun jedoch hatte man vor, seine Sendezeit einem angesagten Koch aus San Francisco zu geben. Verrückt nach Meeresfrüchten sollte das neue Projekt heißen. Auch gut. Mittlerweile hasste Collier sowohl Los Angeles als auch seine Sendung – obwohl sie aus ihm einen Halbprominenten gemacht hatte, laugte sie ihn aus. Mit vierundvierzig war ein Großteil seines Haars mittlerweile grau, und er fühlte sich wie ein Idiot, wenn er es sich von einer Visagistin im Studio färben ließ. Seine Bücher über nicht industriell gebraute Biere
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