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Haus der Jugend (German Edition)

Haus der Jugend (German Edition)

Titel: Haus der Jugend (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tietgen
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hinaus in die Berge, liegen am quellenden Bach, auf einmal in Togen gehüllt, naschen Flusskrebse wie Kekse und verkrümeln die Krusten der Schalen über dem Teppich. »Bring mir bei, wie man fühlt«, sagt der Lehrer zum Schüler und streckt sich aus.
    »Es gibt Dinge, die kann ich dir nicht beibringen«, sagt der Schüler zum Lehrer, und wirft einen Flusskrebs nach ihm. »Die müssen wir lernen, ohne zu wissen, wie es geht. Brächte ich dir das Fühlen bei, lerntest du meine Gefühle, nicht deine.«
    Der Lehrer steht auf, wischt sich die Krümel von der Brust und steigt in den Bach. »Aber ist es nicht das gleiche Wasser, das wir spüren, die gleiche Kälte, die uns in die Füße beißt, sind es nicht die gleichen kleinen Kiesel, die uns in die Sohlen zwicken?«
    »Warum fröstelt es dich dann, während ich mir noch den Schweiß abwische?«
    »Was erzählt dir der Fels, auf dem du liegst?«, frage ich …
     

    … und schrecke auf. Darius’ Hand liegt immer noch auf meinem Gesicht. Ich muss geschnarcht haben, liege auf dem Rücken und habe leichtes Halsweh.
    Was war das? Hat mir die Hand Darius’ Geschichte erzählt? Ist er schon so alt, war er schon Philosoph in Athen? Der Wein treibt mich tatsächlich zur Toilette. Um Darius nicht zu wecken, mache ich kein Licht, tapse mich durch die Schemen und Schatten, die ich sehe, setze mich sogar im Dunkeln auf die Brille, wasche mir im Dunkeln die Hände.
    Darius ist kein Traum. Er liegt noch da, als ich zurückkomme. Er hat den Mund offen und die Unterlippe dabei ein bisschen nach vorn geschoben. Mit jedem Atemzug weht er Haare aus seiner Stirn. Das ist mir damals nie aufgefallen. Aber vielleicht ändert ja auch er sich. Selbst, wenn er nicht altert, macht er doch jede Menge Erfahrungen.
     

8.
     

    Er drückte die Hand so fest zu, als wollte er sagen: »Und wie du das wirst.« Doch er sagte nichts, sondern ging zum Müllerschen, in dem er die Badewannen, Duschen und Gänge säubern musste, während ich mich auf den Weg zu meinem Zimmer machte. Durch die frische kalte Luft wurde ich wieder müde und freute mich darüber, noch ein paar Stunden schlafen zu können, bevor ich zum Theater musste.
    Herr und Frau Bergmoser saßen am Küchentisch, als ich die Wohnung betrat. Frau Bergmoser stand gleich auf, kam mir entgegen, fragte, ob ich einen schönen Abend gehabt hätte und roch an meinem Atem, um zu kontrollieren, ob ich betrunken war.
    »Sie sind ja nüchtern«, stellte sie fast enttäuscht fest.
    »Man kann sich auch ohne Alkohol amüsieren«, antwortete ich und begleitete sie in die Küche, wo sie mir einen Teller und eine Kaffeetasse aus dem Schrank holte. Bevor ich schlafen konnte, musste ich beim Frühstück erstmal neugierige Fragen beantworten.
    »Manchmal sind Sie mir fast zu vernünftig«, sagte Frau Bergmoser, während sie Kaffee einschenkte. »Wenn ich da an unsere Jugend denke, nicht wahr Papa?« Sie nannte ihren Mann immer Papa, er sie Mutti. Ihre Tochter hatte ich aber in der Zeit, in der ich dort lebte, nie gesehen. Sie studierte Medizin in Berlin, hieß es, und sie war zwei Jahre älter als ich. Oft hatte ich das Gefühl, die Bergmosers vermieteten das Zimmer vor allem, damit ihnen das Zimmer ihrer Tochter nicht so leer vorkam und ihnen so etwas wie Elternschaft erhalten blieb. Herrn Bergmoser bekam ich selten zu Gesicht. Er stand morgens früh auf, ging zur Arbeit und abends, wenn ich vom Theater kam, schlief er entweder schon oder er saß im Wohnzimmer und hörte im Radio Hörspiele. Manchmal gesellte ich mich zu den Beiden, spielte mit ihnen Gesellschaftsspiele und trank ein Bier, obwohl es widerlich schmeckte. Herr Bergmoser war das, was man einen gemütlichen Dicken nennt. Sein Feierabendbier ließ er sich nicht nehmen und Wein, den ich lieber mochte, war für ihn ein Getränk für Frauen oder Männer, mit denen irgendwas nicht stimmte. Das betonte er lächelnd ab und zu, wenn er mir eine Flasche und ein Glas hinstellte. Er wurde nie laut, konnte beim Spiel gut verlieren und sich sogar für seine Frau freuen, wenn sie ihn besiegte. Wurde sie zu neugierig, bremste er sie sanft: »Mutti, das geht dich nichts an.«
    Frau Bergmoser sah immer noch auffordernd zu ihrem Gatten. »Papa, erzähl ihm doch mal von den wilden Partys, die wir gefeiert haben.«
    »Mutti, das waren doch ganz andere Zeiten«, antwortete er, nahm sich ein frisches Brötchen und reichte mir anschließend den Korb. Samstags gab es immer frische Brötchen. »Wir hatten erst Krieg,

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