Haus der Sünde
lebendiger Körper drängte sich an sie. Sie stellte das Weinglas beiseite, damit ihre Hände die seinen darstellen konnten. Sehnsüchtig malte sie sich aus, wie er ihren Hals, ihre Schultern und schließlich ihre Brüste berührte. Seine langen Finger legten sich auf ihre Haut und passten sich geschmeidig ihren runden Formen an, wobei der glänzende Stoff ihrer Seidenrobe gegen ihre Brustwarze strich. Die kleine Knospe zog sich sogleich zusammen, und Claudia bildete sich ein, sein entzücktes Lächeln zu sehen, auch wenn sie in Wahrheit nicht wusste, wie das aussehen – oder wie ein Lachen von ihm klingen – würde. Langsam öffnete sie ihre Robe und hielt sich so fest, wie er das täte – den Daumen in einem gemächlichen und zärtlichen Rhythmus kreisend. Sie wünschte sich, mehr von seiner Stimme gehört zu haben, sodass sie sich jetzt vorstellen könnte, wie er ihr Zärtlichkeiten und leise Worte
der Bewunderung ins Ohr flüsterte. In ihrer Fantasie war sie selbstverständlich genau die richtige für ihn.
Erregt spreizte sie ihre Beine und öffnete die Schenkel, so als hätte er sie behutsam dazu gedrängt, um ungeduldig ihren heißen, süßen Mittelpunkt erkunden zu können. Er würde einige Augenblicke lang ihren Bauch liebkosen, ein wenig mit ihrem Schamhaar spielen und die blonden Löckchen um seine Finger wickeln. Dann würde er vermutlich zwischen die Schamlippen tauchen und ihre Klitoris finden.
Claudia atmete tief ein und verdoppelte in ihrer Fantasie die Geschwindigkeit ihres Phantomgeliebten. In diesem Augenblick donnerte es draußen erneut, während die makellose Sopranstimme der Madame Butterfly die Arie Un Bel Di, Vendremo glockenhell anstimmte.
»Eines schönen Tages …«
Claudia lächelte, während ihr Finger kreiste und herrliche Empfindungen in ihr weckte, die ihren Unterleib zum Schwingen brachten. Die Arie handelte von der Rückkehr eines Liebhabers – des oberflächlichen, untreuen Pinkerton -, aber für Claudia drehte sie sich jetzt mehr um eine Ankunft. Heute war jemand in ihr Leben getreten, selbst wenn er dazu bestimmt war, nur eine Schattengestalt ihrer Fantasie zu bleiben, eine Vorstellung für ihre Lust, ein zauberhaftes Geschenk, an dem sie sich ergötzen konnte.
Seufzend rutschte sie mit ihrem Po auf dem Sofa hin und her und spürte die genussvolle Erregung, die sich in ihrem Schoß ansammelte. Bald. Bald konnte sie sich wieder erlauben zu kommen.
Der Donner ließ nicht nach und die hinreißende Stimme der Sängerin erreichte ihren Höhepunkt … Plötzlich hämmerte jemand wie verrückt und ohne Unterlass gegen die Haustür.
Claudias Herz klopfte beinahe genauso heftig, wie die Faust
des unbekannten Besuchers, als sie ihre Finger von ihrem Schoß zurückzog und aufsprang. Beinahe stieß sie dabei das Weinglas um.
Sie warf einen Blick auf die Uhr. Es war kurz vor zehn. Wer zum Teufel versuchte um diese späte Stunde ihre Tür einzuschlagen? Sie zog den Kimono um sich und knotete den Obi zu, ehe sie in den Flur hinauseilte und dort für einen Moment zitternd stehen blieb.
Wieder donnerte es gewaltig. Der Wind nahm dem Heulen nach an Stärke zu und auch das Trommeln an ihrer Haustür schien sich zu verdoppeln.
Auf einmal wusste sie instinktiv, wer sich dort draußen befand.
Das ist doch verrückt, dachte sie, als sie barfuß auf die Tür zuging. Er konnte gefährlich sein. Gewalttätig. Er konnte mit mörderischen Absichten kommen. Vielleicht waren dies die letzten Momente ihres Lebens.
Sie schob diese Zweifel beiseite und drehte den Knauf, um die Haustür zu öffnen.
Und dort stand tatsächlich ihr mysteriöser, märchenhafter Fremder vom Fluss – mit seinen wilden, braunen Haaren, die ihm der Wind ins Gesicht blies, seinen faszinierenden, vor Angst geweiteten blauen Augen – in eine höchst bizarre und seltsame Kleidung gehüllt.
»Bitte! Helfen Sie mir!«, rief er voller Panik. In diesem Augenblick erfüllte ein weiteres Donnern die Luft, während ein blau funkelnder Blitz ganz in ihrer Nähe in den Boden einschlug, sodass Claudia fast das Gefühl hatte, er hätte es auf sie abgesehen. Der Fremde schrie vor Entsetzen auf, rollte mit den Augen und fiel in Ohnmacht. Er stürzte nach vorn, sodass sie ihn gerade noch wie eine Gliederpuppe in ihren Armen aufzufangen vermochte.
Es blieb ihr keine Zeit, ihm oder auch sich selbst Fragen
zu stellen. Sie hielt ihn für einen Moment fest und sank dann ebenfalls zu Boden, da sein Gewicht zu schwer für sie war. Zum Glück
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