Haus der Vampire 03 - Rendezvous mit einem Unbekannten-ok
wieder umdrehte, wartete Amelie dort auf sie.
Sie stand mit gefalteten Händen mitten im Zimmer. Ihr ehrwürdiges, ruhiges Gesicht war vollkommen ausdruckslos, abgesehen von einem Anflug von Bitterkeit in ihren Augen.
»Er ist weg«, sagte Amelie. »Wo ist er?«
»Ich – das Gefängnis.«
»Du hast ihn hinuntergebracht?« Amelie runzelte leicht die Stirn. »Du hast ihn da hinuntergebracht?«
»Ich glaube, er wollte dorthin gehen. Er – er hat sich selbst in einen Käfig begeben.« Claire bemühte sich, ihre Stimme fest klingen zu lassen. »Wie – wie können Sie sie so dort zurücklassen?«
»Ich habe keine andere Wahl.« Natürlich würde es Amelie nie in den Sinn kommen, Erklärungen abzugeben, und Claire würde es wahrscheinlich nichts bringen, wenn sie welche verlangte. »Wenn er wirklich verloren ist, dann ist es vorbei. Das Experiment ist zu Ende und es gibt kein Heilmittel. Keine Möglichkeit, mein Volk zu retten.« Sie setzte sich in einen der hinfälligen Lehnstühle, wobei sie einige Bücher beiseiteschob, die ihr im Weg waren. Es war das erste Mal, dass Claire sah, wie sie etwas nicht auf ihre übliche elegante Art tat. »Ich dachte – ich hätte niemals gedacht, dass wir scheitern.«
Claire trat ein oder zwei Schritte näher. »Ich habe die Notizbücher«, sagte sie. »Und Myrnin muss noch mehr Sachen hiergelassen haben, die ich lesen kann. Sie sind noch nicht gescheitert.«
Amelie schüttelte den Kopf und eine Haarsträhne löste sich aus ihrem Diadem. Dadurch sah sie jung und sehr verletzlich aus. »Ich brauche jemanden, den ich mit der Betreuung der Maschinen betrauen kann, ansonsten wird sowieso alles scheitern. Und nur Myrnin konnte das. Ich hatte gehofft, dass du – aber er sagte mir, dass das nur ein Vampir könnte. Und es gibt sonst niemanden.«
»Sam?«
»Nicht alt genug und nicht auch nur annähernd mächtig genug. Es müsste jemand sein, der eher in meinem Alter ist, und das würde bedeuten...« Amelie blickte sie scharf an. »Eine solche Macht kann ich nicht meinem Feind übertragen.«
Claire gefiel dieser Gedanke auch nicht. »Was könnten Sie sonst tun?«
»Es beenden.« Amelies Stimme war so leise, dass Claire kaum die Worte verstand. »Es dabei bewenden lassen. Es zerstören.«
»Sie meinen – alle gehen lassen?«
Amelie sah sie fest an und hielt ihrem Blick stand. »Nein«, sagte sie. »Das meinte ich damit keineswegs.«
Claire schauderte. »Dann – warum ziehen Sie nicht Oliver hinzu? Sie haben so darum gekämpft, ihn herauszuhalten. Warum versuchen Sie das nicht zuerst? Was haben Sie zu verlieren?«
Amelie zog langsam ihre blassen Augenbrauen nach oben. »Nichts. Und alles, natürlich. Aber du solltest dich davor fürchten, dass wir erfolgreich sein könnten, Claire. Denn wenn wir das sind, wenn die Vampirrasse nicht dem Untergang geweiht ist, wo bleibt dann ihr? Eine interessante Frage, die wir vielleicht an einem anderen Tag erörtern.« Sie machte eine Kopfbewegung zu den Notizbüchern in Claires Hand hin. »Wenn du vorhast, das Morrell-Mädchen zu retten, solltest du dich beeilen«, sagte sie. »Benutze das Portal. Ich schicke dich direkt ins Krankenhaus.«
Es gab ein Portal zum Krankenhaus? Claire blinzelte und schaute zurück zu der geschlossenen und verriegelten Tür. »Ähm... sind Sie sicher, dass es nicht...?«
»Nach unten führt?« Amelie schüttelte den Kopf. »Ich hab nicht die Absicht, es nach unten führen zu lassen. Wenn du das auch nicht vorhast, wird es tun, was wir sagen. Myrnin konnte nur veranlassen, dass die Tür nach unten führt, nicht umgekehrt. Also haben jetzt nur du und ich diese Fähigkeit.«
Claire dachte an etwas und ihr wurde beinahe übel. »Sind Sie sicher?«
»Was meinst du damit?« Amelie blickte langsam auf, ihre Augen waren hell und grimmig.
Ein Sturm von Bildern tobte durch Claires Gehirn: Oliver, wie er sie bei ihr zu Hause packte. Das tote Mädchen im Keller. Jason, der auf Monicas Party kam und wieder verschwand und dann neben dem Common Grounds wieder auftauchte.
Oh nein.
»Können Sie sagen«, fragte Claire, »ob sonst noch jemand das Portal verwendet?«
»Myrnin könnte das sagen, nehme ich an, aber ich kann es nicht. Warum?« Amelie stand auf, nun machte sie eindeutig ein finsteres Gesicht. »Was weißt du?«
»Ich glaube, sie haben einen Verräter in ihren Reihen«, sagte Claire. »Jemand hat es Oliver gezeigt und Oliver hat es Jason gezeigt. Und Captain Durchblick und seine Freunde wussten es wahrscheinlich
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