Haus der Vampire 03 - Rendezvous mit einem Unbekannten-ok
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A ls das Telefon klingelte, wusste Claire intuitiv, dass es ihre Mutter sein musste.
Na ja, eigentlich war es keine Intuition, sondern eher Logik. Sie hatte Mom schon vor Tagen versprochen, sie zurückzurufen, hatte es aber nie getan. Und jetzt war es ganz sicher ihre Mutter, die sich den denkbar ungünstigsten Moment ausgesucht hatte, um anzurufen.
»Nicht«, murmelte ihr Freund Shane, ohne seinen Mund von ihrem zu nehmen. Ihr Freund – sie konnte noch gar nicht fassen, dass sie ihn tatsächlich so nennen konnte, dass er nicht mehr nur ein Freund war. »Michael wird rangehen.« Damit gab er ihr ein wirklich gutes Argument, das Telefon zu ignorieren. Aber irgendwo hinten in ihrem Gehirn war diese leise Stimme, die einfach nicht still sein wollte.
Mit einem bedauernden Seufzer rutschte sie von seinem Schoß und stürzte in Richtung Küchentür davon.
Michael stand gerade vom Küchentisch auf, um zum Telefon zu gehen. Sie war schneller, formte stumm eine Entschuldigung mit den Lippen und sagte: »Hallo?«
»Claire! Du meine Güte, ich habe mir solche Sorgen gemacht, Liebes. Wir versuchen seit Tagen, dich auf dem Handy zu erreichen und...«
Mist . Claire rieb sich frustriert die Stirn. »Mum, ich habe euch doch eine E-Mail geschickt, erinnerst du dich? Ich habe mein Handy verloren; ich bin gerade dabei, mir ein neues zu besorgen.« Bloß nicht erwähnen, wie es verloren ging. Bloß nichts davon erzählen, wie gefährlich ihr Leben geworden war, seit sie nach Morganville, Texas, gezogen war.
»Oh«, sagte Mom und fügte dann langsamer hinzu: »Oh. Na ja, dein Vater hat wohl vergessen, es mir zu sagen. Du weißt ja, er checkt immer die E-Mails. Ich mag keine Computer.«
»Ja, Mom, ich weiß.« Mom war eigentlich gar nicht so übel, aber Computer machten sie nervös, und das aus gutem Grund; wenn sie in der Nähe war, neigten sie zu Kurzschlüssen.
Mom redete immer noch. »Läuft alles gut? Wie ist die Uni? Interessant?«
Claire nahm eine Dose Cola aus dem Kühlschrank, öffnete sie und trank sie auf ex aus. Sie wollte Zeit gewinnen, um darüber nachzudenken, was sie ihren Eltern erzählen könnte – wenn sie ihnen überhaupt etwas erzählen konnte. Mom, es gab ein bisschen Ärger. Weißt du, der Vater meines Freundes ist mit ein paar Bikern in die Stadt gekommen und hat Leute umgebracht. Uns hätte er auch fast umgebracht. Oh, und die Vampire sind darüber sehr wütend. Deshalb musste ich einen Vertrag unterzeichnen, um meine Freunde zu retten. Jetzt bin ich im Prinzip die Sklavin der knallhärtesten Vampirin der Stadt.
Das würde wohl kaum gut ankommen.
Außerdem – selbst wenn sie das sagen würde, würde Mom es nicht verstehen. Mom war schon in Morganville gewesen, aber sie hatte nicht wirklich verstanden . Das taten die meisten Leute nicht. Und wenn sie verstanden, dann verließen sie entweder nie wieder die Stadt oder ihr Gedächtnis wurde gelöscht, wenn sie weggingen.
Und wenn sie sich zufällig doch wieder erinnerten, konnten ihnen schlimme Dinge zustoßen. Tödliche Dinge.
Deshalb sagte Claire stattdessen: »Die Uni ist großartig, Mom. Ich habe letzte Woche in allen meinen Prüfungen eine Eins bekommen.«
»Natürlich. Bekommst du das nicht immer?«
Ja, aber letzte Woche musste ich mir während der Prüfungen Sorgen machen, dass mir jemand ein Messer in den Rücken stecken könnte. Das hätte sich auf meinen Notendurchschnitt auswirken können. Dumm, auch noch stolz darauf zu sein... »Hier ist alles bestens. Ich sage euch Bescheid, wenn ich ein neues Handy habe, okay?« Claire zögerte, dann fragte sie: »Wie geht es dir? Wie geht’s Dad?«
»Oh, uns geht es gut, Liebes. Außer dass wir dich vermissen. Aber dein Vater ist noch immer nicht glücklich darüber, dass du mit diesen älteren Jungs in diesem Haus außerhalb des Campus wohnst...«
Von allen Dingen, an die sich Mom noch erinnerte, musste es ausgerechnet das sein. Und natürlich konnte Claire ihr nicht erklären, warum sie zusammen mit Achtzehnjährigen außerhalb des Campus wohnte, vor allem nicht, wenn zwei dieser Achtzehnjährigen Jungs waren. Mom hatte es bisher noch vermieden, die Jungs zu erwähnen, aber das war nur eine Frage der Zeit.
»Mom, ich habe dir doch gesagt, wie fies die Mädels im Wohnheim waren. Hier ist es besser. Sie sind meine Freunde. Und das ist großartig, wirklich.«
Mom klang nicht besonders überzeugt. »Sei aber vorsichtig. Wegen dieser Jungs.«
Nun, das hatte ja nicht lange gedauert. »Ja,
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