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Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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forderte er einen Suchhund des
Arbeiter-Samariter-Bundes an. »Nur für den Fall der Fälle. Wir müssen die Ruine
Stein für Stein untersuchen. Wir brauchen natürlich auch einen Brandfahnder.«
    Dennoch war sich Morgenstern sehr sicher, dass niemand mehr unter
den Trümmern lag. Das einzige Fahrzeug, das er auf dem Gelände gesehen hatte,
war das verkohlte Wrack eines Mercedes, das in der ausgebrannten Garage neben
dem Haupthaus stand. Ansonsten fand sich nicht einmal ein Fahrrad. Ein Zeichen
dafür, dass Ledermann keinen Besuch gehabt hatte, der über Nacht bleiben
wollte. Ein Besucher allerdings, ein unwillkommener, musste in der Nacht in der
Mühle gewesen sein.
    »Ein Täter mit einem Säbel?«, sprach Morgenstern seine Gedanken laut
aus.
    Hecht hielt sich die Hand vor den Mund. Morgenstern sah ihm an, dass
er den Anblick der quellenden Hirnmasse nicht gut verkraftete. Ihm selbst ging
es kaum anders. Er wusste genau, dass ihn Ledermanns Leiche noch lange bis in
seine Träume verfolgen würde. Mit einem Mal nahm Hecht Reißaus, lief ein Stück
Richtung Anlauter und übergab sich unter schauerlichen Würgegeräuschen ins
Gras. Mit einem Stofftaschentuch wischte er sich den Mund ab. Dann kehrte er
mit fahlem Gesicht zurück.
    »Ist mir schon lange nicht mehr passiert.« Er versuchte sich an
einem Lächeln. Es gelang ihm nicht. »Wir müssen herausfinden, welches
Tatwerkzeug es war. Und wo das überhaupt passiert ist.«
    »Er lag wie gesagt da drüben, zwei Meter vor der Haustür«, meldete
sich Manfred Huber.
    »Dann sehen wir uns die Stelle näher an«, entschied Morgenstern und
ging auf die Hauswand zu. Besorgt schaute er zum drohend aufragenden
verbliebenen Hausgiebel. »Der wird schon noch halten.«
    Die Ruine war ein wüstes Durcheinander aus uralten handbehauenen
Eichenbalken, die teilweise noch vor sich hin kokelten. Die Mauern waren aus
massiven blass ockerfarbenen Naturkalksteinen gefertigt worden und standen nur
noch im Erdgeschoss etwa mannshoch. Das gewaltige steinerne Dach war mitten ins
Haus gestürzt. Alles, was sich unter dem eingebrochenen Legschiefer befunden
hatte, war mit der Wucht eines Erdrutsches zermalmt worden. Möbel, Türen,
Fenster, Innenwände, hölzerne Treppen, Geschirr, Bücher. Wie von einer
Riesenfaust zerquetscht. Glasscherben von den Fenstern lagen überall verstreut.
Hölzerne Fensterläden hingen schief in den Angeln oder waren abgerissen. In den
Zweigen der Apfel-und Zwetschgenbäume im Obstgarten neben dem Haus hingen
Flocken von Steinwolle aus der Dachisolierung.
    »Meiner Meinung nach war das eine Explosion«, sagte Morgenstern.
    »Hier ungefähr haben die Feuerwehrler die Leiche gefunden.« Huber
deutete auf eine Stelle vor ihnen. Es war ein schmaler, gepflasterter Weg, der
von der Haustür durch den Vorgarten führte, nun übersät von Trümmern und
klitschnass vom Löschwasser. Dennoch konnte Morgenstern, als er genauer hinsah,
noch eine Blutspur erkennen. Vorsichtig hob er einige Steine zur Seite, die näher
bei der Türöffnung waren.
    »Kommt, helft mir«, sagte er zu Hecht und Huber, die bisher nur
zugesehen hatten. »Ich möchte den Weg freiräumen.«
    Gemeinsam schafften sie etliche Trümmer zur Seite. Morgenstern
schnitt sich den Daumen an einer Glasscherbe, aber es kümmerte ihn nicht.
    »Sollte das nicht die Spurensicherung machen?«, fragte Hecht.
    »Ich hab’s ja gleich. Da, schau dir das an.« Morgenstern hatte ein
breites Brett weggehoben, das direkt über der steinernen Türschwelle gelegen
war. Darunter schimmerte es dunkel.
    »Blut. Eindeutig.« Er wies auf das unzugängliche Innere der Ruine.
»Rupert Ledermann war mit ziemlicher Sicherheit im Haus, als er von dem Hieb
getroffen wurde. Ich vermute, dass er sich danach irgendwie noch nach draußen
geschleppt hat. Trotz der fürchterlichen Verletzung.«
    Hecht wischte sich die fahle Stirn mit dem Taschentuch ab. »Jetzt
sollten wir aber wieder Abstand halten. Ich fühle mich hier alles andere als
sicher.«
    Die drei zogen sich ein Stück von der Ruine zurück. »Weiß man etwas
über diesen Ledermann? Hast du von dem schon mal gehört, Manfred?«, fragte
Morgenstern.
    »Der Bürgermeister meint …« Huber zögerte und sah sich suchend
um. »Warum reden wir nicht gleich selber mit ihm. Da drüben steht er. Ich hole
ihn.«
    Während er wegging, betrachtete Morgenstern die immer noch qualmende
Brandstelle. Beißender Gestank lag in der Luft, und als plötzlich der Wind
drehte, bekam er eine Schwade davon

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