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Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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direkt ins Gesicht. Er hustete, Tränen
schossen ihm in die Augen.
    Kurz darauf war Huber in Begleitung eines schlanken Mannes um die
fünfzig mit einem gepflegten Schnauzbart zurück.
    »Das ist der Bürgermeister von Titting, Wunibald Thiermeyer. Herr
Bürgermeister, das sind die Ermittler Mike Morgenstern und Peter Hecht von der
Kripo in Ingolstadt.«
    Morgenstern hustete trocken. »Herr Thiermeyer, können Sie mir etwas
über den Mühlenbesitzer sagen? Er war angeblich der einzige Bewohner hier in
dieser Einsamkeit.«
    »Soweit ich weiß, ist das so. Früher hat er hier mit seiner Frau und
den zwei Kindern gelebt, aber die sind ausgezogen.«
    »Ich würde mich fürchten hier«, sagte Morgenstern.
    »Ich mich auch«, stimmte der Bürgermeister zu. »Das muss man mögen.«
    »Wie alt ist … war Herr Ledermann?«
    »Knapp vor dem Pensionsalter. Um die dreiundsechzig, würde ich
tippen.«
    Morgenstern deutete in Richtung Leiche. »Sie sagten Pensionsalter?
Ist er Lehrer?«
    »Nein, er ist Richter.« Der Bürgermeister strich sich über seinen
Bart. »Dr. Ledermann ist vor ungefähr fünfundzwanzig Jahren
hierhergezogen. Wenn ich mich recht erinnere, kam er aus Unterfranken. Er hat
die Schwarzmühle gekauft, die war damals völlig heruntergekommen und stand
schon seit Jahren leer, und hat sie Schritt für Schritt zu einem Schmuckstück gemacht.
Das hat sich über viele Jahre hingezogen, eigentlich bis heute.«
    »Wussten Sie, dass er übermorgen einen Tag der offenen Tür
veranstalten wollte?«
    Thiermeyer bedachte Morgenstern mit einem leicht beleidigt wirkenden
Blick. »Selbstverständlich. Aber woher wissen Sie das denn?«
    Morgenstern zog den zerknitterten Prospekt aus seiner Gesäßtasche
und hielt ihn Hecht, dem Bürgermeister und Manfred Huber vor die Nase. »Woche
des offenen Jurahauses. Meine Frau wollte herkommen und sich die Mühle
anschauen.«
    »Und zwei Tage, bevor es so weit ist, brennt alles nieder«, sagte
Morgenstern.
    »So etwas nennt man wohl Schicksal«, sagte Thiermeyer.
    Morgenstern schüttelte den Kopf. »So etwas nennt man Mord.«
    Nach und nach stellten die Feuerwehren ihre Pumpen ab. Das Brummen
der Dieselmotoren verklang, ein Wasserstrahl nach dem anderen sank in sich
zusammen. Der Kampf gegen das Feuer war zu Ende. Aber niemand hätte behauptet,
dass die Feuerwehren ihn gewonnen hätten. Erschöpft rollten die Männer die
Schläuche ein und luden ihre Ausrüstung in die Fahrzeuge.
    Bürgermeister Thiermeyer entschuldigte sich und ging von einer Wehr
zur anderen, um sich bei den Leuten zu bedanken. Nacheinander fuhren die
Feuerwehrautos ab. Nur noch ein paar Männer blieben zurück und warteten auf weitere
Anweisungen.
    Morgenstern winkte den Bürgermeister noch einmal herbei. »Wir werden
Sie noch eine Weile brauchen. Was wissen Sie zum Beispiel über die Familie von
Herrn Ledermann?« Er zog einen kleinen Block aus der Jackentasche, dazu einen
billigen Kugelschreiber, dessen Mine sich prompt als leer erwies.
    »Sie können einen von mir haben.« Der Bürgermeister griff seinerseits
in die Innentasche seines Trachtenjankers und zog einen Plastikkugelschreiber
in den Farben Weiß-Blau heraus.
    »Hab’s mir fast gedacht«, sagte Morgenstern, als er sich das
Schreibgerät näher ansah und die Aufschrift las: »› CSU –
näher am Menschen‹. Aber was soll’s. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht
ins Maul.«
    »Sie können auch einen neutralen Stift haben, wenn Sie so viel Wert
auf Unabhängigkeit legen«, sagte der Bürgermeister. »Aber Ihnen ist schon klar,
dass Sie hier in einer der schwärzesten Gemeinden Oberbayerns sind? Wir sind
Bayerns schwarze Perle.« Er fingerte erneut in seinem Janker und fischte einen
anderen Stift heraus. »Bitte sehr.«
    Morgenstern warf einen Blick darauf. »Wahnsinnig neutral.« Auf dem
Kugelschreiber stand »Hanns-Seidel-Stiftung«.
    »Also, wie ich vorhin schon gesagt habe, der Herr Dr. Ledermann
ist ein Auswärtiger. Ein Jurist. Er hat die Mühle Ende der neunziger Jahre
gekauft, für einen Appel und ein Ei, mehr war sie aber auch nicht wert. Feucht,
der Dachstuhl vermodert. Er hat sie zuerst so weit hergerichtet, dass er mit
seiner Frau und den beiden Kindern einziehen konnte, dann hat er sie immer
weiter renoviert.«
    »Und jetzt war er fertig?«, fragte Hecht.
    »Fertig wird man mit so einem Anwesen wahrscheinlich nie«, sagte
Thiermeyer. »Aber es scheint, dass er jetzt endlich zufrieden war.«
    »Und er hat zuletzt allein hier gewohnt?«,

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