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Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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fragte Morgenstern.
    »Ja, seine Frau ist ihm vor ein paar Jahren davongelaufen, wie man
so sagt.«
    »Weiß man, warum?«, fragte Hecht. »Sind sie geschieden?«
    »Ich glaube nicht. Sie wohnt jetzt in München, soweit ich mich entsinne.
Sie hat sich bei uns im Rathaus abgemeldet.«
    »Warum hat sie ihn verlassen?«, fragte Morgenstern.
    »Sie hätten unseren Herrn Ledermann kennen müssen. Er war ein
strenger Mann. Ein echter Richter.«
    »Wie im ›Königlich Bayerischen Amtsgericht‹?«, fragte Hecht.
    »Das genaue Gegenteil davon. Von bayerischer Gemütlichkeit und
Bierruhe war bei ihm keine Spur. Er hatte sogar einen Spitznamen: Amtsrichter
Gnadenlos.«
    »Sauber«, sagte Hecht.
    »Amtsrichter?«, fragte Morgenstern. »Und warum hatte ich mit ihm
dann noch nie was zu tun? Ich kenne doch alle am Gericht in Ingolstadt.«
    »Er war nicht in Ingolstadt«, erklärte Thiermeyer. »Er war drüben in
Weißenburg. Die sind zuständig für den ganzen Landkreis
Weißenburg-Gunzenhausen.«
    »Wie ist das mit seiner Familie? Hat er eine neue Partnerin?«, wollte
Hecht wissen.
    »Von einer Lebensgefährtin weiß ich nichts. Und die Kinder sind auch
nicht mehr da. Sie sind allerdings beide schon erwachsen. Der Sohn dürfte so um
die achtundzwanzig Jahre alt sein und die Tochter vielleicht dreiundzwanzig
oder vierundzwanzig.«
    »Wir müssen die Frau und die Kinder schleunigst informieren«, sagte
Hecht.
    »Die Frau und der Sohn, das müsste machbar sein«, sagte Thiermeyer.
»Der Sohn ist meines Wissens Rechtsanwalt im Rheinland.«
    »Brav«, kommentierte Morgenstern. »Da ist er also in die Fußstapfen
seines Vaters getreten.«
    »Die Tochter dagegen, die ist, wie soll ich sagen …« Der
Bürgermeister zwirbelte seinen Schnauzbart. »Die ist ein bisschen aus der Art
geschlagen. Kam immer wieder in Kontakt mit der Polizei.«
    Inspektionsleiter Manfred Huber nickte wissend.
    »Ausgerechnet die Tochter des gestrengen Herrn Amtsrichters«, sagte
Morgenstern. »Was hat sie denn angestellt?«
    »Dies und das«, sagte Huber leichthin. »Kleinkram, der sich aber mit
der Zeit läppert. Schon von früher Jugend an. Ladendiebstähle, Prügeleien,
Alkohol, Drogen.«
    »Und wo ist sie jetzt?«
    »Nicht mehr da. Weggezogen.«
    »Wir finden sie schon«, sagte Morgenstern. »Wo immer sie ist, die
Kollegen dort haben sie längst auf dem Radar, die steckt in jedem Polizeicomputer.«
    »Zumindest bei uns in Bayern«, sagte der Bürgermeister. »Wir sind
doch die Weltmeister bei der inneren Sicherheit.«
    »Anderswo klappt die Kontrolle schon auch, Herr Thiermeyer«, sagte
Morgenstern. »Aber mein Bild von Ihren braven Tittinger Bürgern hat jetzt schon
einen kleinen Knacks bekommen. So wie sich das anhört, vermute ich mal, dass
die Ledermann-Tochter nie die staatstragende Partei gewählt hat.«
    »So weit kommt’s noch, dass sogar solche uns wählen.«
    Noch einmal umrundeten sie die Brandstätte. Einmal bückte sich
Morgenstern und hob etwas vom Boden auf. Einen grünen pausbäckigen Engelskopf
aus Keramik, der wahrscheinlich von einem historischen Kachelofen stammte, der
nun restlos pulverisiert war. Er würde das Köpfchen auf seinen Schreibtisch
stellen und hoffen, dass es ihm bei seinen Ermittlungen als Anregung diente.
Als Schutzengel taugte der tönerne Putto allerdings nicht: Das war hier
inmitten der Trümmer offensichtlich.
    Auch Hecht hatte ein »Beweisstück« eingesammelt: ein verbeultes
weiß-blaues Schild in der Form eines stilisierten Hauses.
    »Was soll denn das sein?«, fragte Morgenstern.
    »Das müsstest du doch kennen«, rügte ihn Hecht. »Die Schilder hängen
an jedem größeren alten Gebäude.«
    »Sagt mir nichts.«
    »Das ist das offizielle Zeichen dafür, dass ein Bauwerk ein schützenswertes
Kulturgut ist«, erklärte Hecht. »Gemäß Haager Konvention. Schützenswert zu
Friedenszeiten, aber auch im Kriegsfall.«
    »Dann hätte also niemand auf die Mühle eine Bombe werfen dürfen«,
sagte Morgenstern. »Und trotzdem schaut es hier irgendwie ganz danach aus. Das
wird ein harter Job für den Brandfahnder.«
    Er wandte sich an den Bürgermeister: »Herr Thiermeyer: Wenn Herr
Ledermann ein Eigenbrötler war, warum macht er dann plötzlich diesen Tag der
offenen Tür?«
    »Beim Thema Denkmalschutz fühlte er sich als Missionar.«
    »Hatte er denn auch Erfolg?«, fragte Hecht.
    »Eher nicht. Er war halt doch ein Auswärtiger.« Der Bürgermeister
zuckte entschuldigend die Achseln. »Viele haben ihn als Fremden

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