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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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die sich die Gestalt auf dem Videobild konzentrierte.
    Powers schüttelte den Kopf. »Das ist der Tansanier. Johnny Brown, oder wie immer er auch heißt. Den wir eingesperrt haben.«
    »Das ist er nicht. Er lügt.«
    »Jack, der kleine Scheißer hat es schon tausendmal zugegeben. Ganz klar: Er habe Dundas die Haare abgeschnitten, um sich daraus ein Voodoo-Armband zu machen. Wenn er es nicht ist, wer, zum Teufel soll es dann sein? Die Unterstützungseinheit hat alles durchkämmt. Die Bude war leer. Da war niemand. Und da war kein Ausgang.«
    Caffery starrte die Gestalt auf dem Monitor an. Von allen, die sich das Video angeschaut hatten, war niemandem das Offensichtliche aufgefallen: Diese Gestalt sah nicht völlig menschlich aus. »Nein«, sagte er, »das ist er nicht. Die Jungs im Zellentrakt haben ihn für mich gemessen: Er ist eins sechzig groß. Klein, aber nicht so klein. Die Kamera stand exakt einen Meter fünfzig hoch und zwei Meter vom Tisch entfernt. Ich habe mir die Pläne der Spurensicherung angesehen. Johnny Brown müsste bis hierher reichen.« Er deutete auf eine Stelle auf dem Monitor. »Er ist mehr als einen Kopf größer. Und schauen Sie sich die Schultern an. Mit denen stimmt auch was nicht, und zwar ernsthaft.«
    »Sie haben ihn verkleidet - das hat er zugegeben - und ihn dann losgeschickt, damit er Leuten so viel Angst einjagte, dass sie ihren Voodoo-Quatsch kauften. Ziemlich primitives Zeug, was die da glauben - aber selbstverständlich würde ich mich so nie darüber äußern.«
    Caffery starrte ihn mit versteinerter Miene an. »Wie kann man jemanden >verkleiden<, damit er so aussieht? Schauen Sie doch hin.«
    »Prothesen. Beleuchtung.«
    »Da waren keine Prothesen, als wir die Bude durchsucht haben. Und Brown hatte Dundas' Haare nicht bei sich, als er festgenommen wurde, oder?«
    »Er sagt, er habe sie weggeworfen. Sie können mich für begriffsstutzig halten, für einen Hinterwäldler oder wie immer ihr uns bei der Londoner Met sonst nennt, aber wenn einer so ein Geständnis ablegt, finden wir hier draußen in der Provinz es einfacher, ihm schlichtweg zu glauben. Nein.« Seine Stimme bekam plötzlich einen geschäftsmäßigen Ton. »Nein, Jack. Lassen Sie uns so tun, als hätte dieses Gespräch nie stattgefunden. Operation Norwegen ist erledigt, okay?« Er stand auf und schob die Mappe, die er mitgebracht hatte, zu Caffery hinüber. »Damit sollen wir unsere Zeit jetzt verbringen, sagt der Chef. Und das ist der Fall, für den ich ab jetzt meine Betablocker nehme. Machen Sie auf.«
    Caffery gehorchte. Die Mappe enthielt sechs Zwanzigmal-fünfundziebzig-Hochglanzfotos. Fotos von Kleidungsstücken, die neben einem Maßband ausgebreitet waren. Frauensachen. Ein Kleid. Ein Paar hochhackige Sandalen. Eine violette Samtjacke. Ein silbernes Handy. »Misty Kitson?«
    »Natürlich. Das sind Reproduktionen der Sachen, die sie anhatte. Wir haben sie an alle Abteilungen verschickt. Jede Person in jedem Büro dieser Polizei wird heute Abend einen Satz dieser Bilder am Arbeitsplatz hängen haben. Selbst wer keine Zeitungen liest und niemals fernsieht, wird von ihr wissen.« Powers ging zu der Landkarte an der Wand, schob die Hände in die Taschen und studierte sie. »Ich kapier's nicht. Wirklich nicht. Ein Zwei-Meilen-Radius, die größte Aktion, die ich bei der Polizei je erlebt habe, jeder Zollbreit abgesucht - und wir haben nichts gefunden. Nicht die Bohne. Herrgott, Sie hören mir überhaupt nicht zu, was?«
    Caffery saß vorgebeugt da und starrte auf das Obduktionsfoto an der Wand, auf Dundas' Haare, von denen ganze Büschel fehlten.
    Powers nahm ein Foto von Mistys Kleidern und pinnte es demonstrativ über das Bild des toten Dundas. »Jack, da draußen warten drei Detective Sergeants und vier Constables darauf, dass Sie ihnen sagen, was sie tun sollen. Denn sie wollen sie finden.«
    Caffery öffnete seine Schublade und nahm die Fotos von einer anderen, zwei Nächte zuvor vorgenommenen, Obduktion heraus. Er hatte sie gestern Abend über die Centrex-Guardian-Datenbank bekommen, und sie enthielten alles, was er brauchte. Er stand auf und hängte eins über das Foto von Mistys Kleidung.
    »Ben Jakes. Zwanzig Jahre alt. Student an der Bristol University. Kriegt sein Examen nicht gebacken, seine Freundin verlässt ihn, und das Ende ist ein Taschenmesser und ein Kasten Alkopops. Unten in der Gegend von Elf's Grotto. Ist hübsch da. Man kann die Lichter von Bristol sehen. Sehr beliebt bei

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