Hautnah: Sinnliche Begegnungen (German Edition)
schwul sei. Für mich hatte das nichts geändert – er war und blieb mein Freund, selbst wenn ich nicht so empfand, wie er.
Ich verdrehte die Augen als Antwort und ließ ihn werkeln, während ich eine weitere Portion Minze pflückte. Pro Glas brauchte ich immer sieben Blätter der frischen Mojito-Minze, daher nahm ich an, meine Pflanzen würden für die Party viele Blätter hergeben müssen. Die meisten meiner Freunde standen total auf diesen Cocktail und die Art, wie ich ihn zubereitete.
Einige Stunden später verabschiedeten sich meine Gäste nach und nach. Es war weit nach Mitternacht und im Mietshaus bis in die Morgenstunden Party zu machen, war natürlich nicht möglich. Dennoch tat es mir nicht leid, als die Feier sich allmählich auflöste. Der Abend war herrlich gewesen. Vom Essen war kaum noch etwas übrig und der Alkoholvorrat neigte sich dem Ende zu. Meine engsten Freunde hatten sich für meinen Geburtstag wirklich etwas einfallen lassen. Unerwartet hatten sie mir das geschenkt, was ich schon lange wollte. Einen Sprung in die Tiefe – mit Bungeeseil an den Füßen. Jean hatte die Aufgabe übernommen, mir den Gutschein zu überreichen. Unter Applaus herzte er mich auf die französische Art mit Wangenküsschen, ohne mir dabei spürbar nahe zu treten. Berührungsängste hatte ich wegen seiner sexuellen Orientierung ohnehin nicht.
Jetzt stand er in meiner Küche und war lautstark das verschmutzte Geschirr am stapeln. Andy und Sylvia waren auf dem Weg zur Tür – als letzte verbliebene Gäste. Andy torkelte und Sylvia hatte Mühe, ihn zu stützen. Zu viele Mojitos und zu viel Cuba Libre. Ein Glück, das ein Taxi auf die beiden wartete.
Ich selbst war ebenfalls nicht mehr nüchtern. Mein Kopf fühlte sich wattig an und ich schwankte, als ich in die Küche ging. Jean grinste mich an.
„Das war doch genial, oder?“, fragte er.
„Was? Die Party oder das Geschenk?“
„Beides.“
„Hm, beides genial. Du hast sie dazu überredet, hab ich recht?“
Jean grinste noch breiter und warf das schmutzige Besteck ins Spülbecken.
„Ja, hab ich. Sei so nett und mach uns noch zwei Leckerchen“, bat er.
Ich lachte und befand, einer wäre noch drin. So machte ich mich daran, eine weitere Limette auszupressen, schenkte den kubanischen Rum ins Glas und goss den Saft dabei. Hinterher gab ich den Zuckersirup und das Eis hinein, setzte den Shaker drauf und mischte kräftig. Anschließend gab ich die Minze dazu, schüttelte noch einmal sanft durch und reichte Jean sein Glas. Dieselbe Prozedur wiederholte ich für mich, während Jean mir zusah. Als ich fertig war, hob er sein Glas und stieß mit mir an.
„Auf dich – Geburtstagskind.“
Ich nickte ihm zu und nahm einen großzügigen Schluck. Jean nippte nur an seinem Glas, besah sich den Geschirrberg und befand ihn vermutlich in Ordnung so, denn er kehrte ihm den Rücken zu und ging aus der Küche.
Ich schwankte ihm nach, trat ins Wohnzimmer, als er sich gerade auf mein Sofa fallen ließ.
„Kann ich hier pennen?“, fragte er und sah mich an.
„Klar“, erwiderte ich und ließ mich neben ihn fallen. Erst wollte ich diesen letzten Cocktail genießen, ihn danach das Bettzeug bringen. Schweigend hockten wir da. Während ich relativ zügig mein Glas leerte, trank Jean nur langsam.
„Schmeckt‘s dir heute nicht?“ Ich sah ihn schräg von der Seite an.
„Doch …“, gab er zögerlich zurück. „Aber ich will schon den ganzen Abend etwas anderes probieren … kosten.“
Der Blick, den er mir zuwarf, traf mich bis ins Innerste meines benebelten Gehirns. Das bisschen Verstand, was ich noch besaß, schrie panisch auf. Der Rest von mir wurde neugierig, wusste genau, was Jean gemeint hatte. Ich saß einfach da, das fast geleerte Glas in der Hand, und wartete. Jean stellte sein Glas auf den Boden, beugte sich zu mir und streifte mit seinen Lippen meinen Mund. Ganz sachte.
Mein Herz schlug wild in meiner Brust und ich bemerkte, dass ich die Luft angehalten hatte. Jean zog sich zurück und ich nahm das Atmen wieder auf. Es hatte sich gut angefühlt, seine Lippen an meinen. Anders als bei den Mädchen, mit denen ich bis dahin zusammen gewesen war. Der Alkohol in meinem Blut ließ mich mutig werden. Wenn schon, dann wollte ich wissen, wie sich ein richtiger Kuss anfühlt!
Ich stellte mein Glas weg und beugte mich zu Jean, der mich überrascht ansah. Meine Bewegungen waren fahrig, als ich ihm mit der Hand in den Nacken griff und ihn zu mir zog. Fest
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