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Hawkings Kosmos einfach erklaert

Hawkings Kosmos einfach erklaert

Titel: Hawkings Kosmos einfach erklaert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Vaas
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Rückwärtsgang exakt aufeinanderzustrebten. Nur dann träfen sie sich alle in einem einzigen Punkt der Vergangenheit. Hingegen würden „seitliche“ Bewegungen beziehungsweise „Versetzungen“ aneinander vorbei führen und einen totalen Zusammenprall vermeiden. Deshalb wäre der Urknall kein Anfang, sondern ein Übergang gewesen: zwischen einem früheren, sich zusammenziehenden Universum und unserem heute expandierenden – ohne, dass es dazwischen einen Kollaps hin zu einem Zustand unendlicher Dichte gegeben hätte.
    Diese Argumentation wurde allerdings nicht generell akzeptiert, weil sie sich zwar plausibel anhört, aber nicht klar belegen ließ. Daher blieb die Frage nach der Urknall-Singularität unbeantwortet, bis Stephen Hawking sich einschaltete.
› Erfreulicher Beweis des Unerfreulichen
    Nicht nur im Urknall, sondern auch in den ominösen Schwarzen Löchern bricht die Allgemeine Relativitätstheorie zusammen und Singularitäten sprengen die Gleichungen. Schwarze Löcher sind regelrechte Fallen in der Raumzeit und entstehen, wenn ausgebrannte massereiche Sterne in sich zusammenstürzen (mehr dazu ab hier ). Während der Urknall zeitlich weit entfernt liegt und in den 1960er-Jahren noch eine sehr abstrakte und umstrittene Vorstellung war, sind Schwarze Löcher gegenwärtig und in allen Galaxien. Das Problem der Krümmungssingularitäten, die sich im Zentrum eines jeden Schwarzen Lochs befinden könnte, ließ sich also nicht einfach ignorieren oder wegdiskutieren. Allerdings versuchten Physiker auch hier zu widerlegen, dass Schwarze Löcher oder zumindest ihre Singularitäten in der Natur vorkommen.
    Doch nach Vorarbeiten einiger anderer Forscher war es Roger Penrose von der Oxford University Mitte der 1960er-Jahre gelungen, mit neuen, von ihm selbst entwickelten mathematischen Techniken nachzuweisen, dass der Kollaps massereicher Sterne zu einem Schwarzen Loch unaufhaltsam ist – und zwar unter sehr allgemeinen und plausiblen Voraussetzungen. Es gab anscheinend für die Natur keinen Ausweg, die unendliche Verdichtung zu vermeiden – etwa, indem der Stern rotiert oder seine Masse nicht ganz gleichmäßig verteilt ist, so dass seine zusammenstürzende Materie wieder auseinanderstreben könnte.
    Penrose stellte seine Überlegungen 1965 auf einem Seminar am University College in London vor. Stephen Hawking, der damals sein drittes Jahr als Doktorand begann, besuchte das Seminar mit seinem Doktorvater Dennis Sciama. Im Anschluss daran fragte er sich, ob man die Methoden, die Penrose für Sterne entwickelt hatte, nicht auch auf das Universum als Ganzes anwenden könnte. Lässt man nämlich in Gedanken – oder mithilfe der Gleichungen in der physikalischen Beschreibung – die kosmische Expansion rückwärts laufen, dann kollabiert der Weltraum ja ebenfalls. (Unter bestimmten Bedingungen wird er dies auch in ferner Zukunft tun – doch bislang ist es unklar, ob sie erfüllt sind.) Und da er nicht seit Ewigkeiten expandiert, wie es im Steady-State-Modell angenommen wurde, sondern seit einer endlichen Zeit, könnte – so dachte Hawking – diese Rückwärtsrechnung etwas vom Ursprung des Universums verraten. Daher beschloss er, die Methoden und Resultate von Penrose zu erweitern und auf das gesamte All anzuwenden.
    Hawking hatte Erfolg. Sein Ansatz glückte, und so konnte er zeigen, dass unter bestimmten Bedingungen im Rahmen der Relativitätstheorie eine Singularität im Urknall tatsächlich nicht zu vermeiden ist. Das letzte Kapitel seiner Dissertation enthält den ersten Singularitätssatz für den Beginn des Universums. Dennis Sciama, Hawkings Betreuer, hatte anfangs noch mit dem Steady-State-Modell sympathisiert. Doch Hawkings Dissertation und seine weiteren Arbeiten überzeugten ihn bald vom Gegenteil. Roger Penrose war Zweitgutachter und ebenfalls begeistert.
    Zusammen mit Penrose, Sciama und anderen Forschern wie George Ellis erweiterte Hawking in den folgenden Jahren bis 1970 den neuen Ansatz noch, um die Annahmen so schwach wie möglich zu machen – also arm an heiklen Voraussetzungen, theoretischen Schlupflöchern und Achillesfersen – und die Schlussfolgerungen auszuloten. Immer wieder und unausweichlich stießen die Physiker in den Gleichungen auf die verrückte Singularität. Es zeigte sich, dass sie unter sehr allgemeinen Voraussetzungen

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