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Hawkings Kosmos einfach erklaert

Hawkings Kosmos einfach erklaert

Titel: Hawkings Kosmos einfach erklaert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Vaas
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Objekt oder Teil der Natur (sondern allenfalls ein abstrakter Gegenstand einer physikalischen Theorie). Sie ist kein realer Rand der Raumzeit, sondern vielmehr die Grenze der physikalischen Beschreibung dieser Raumzeit im Rahmen der Relativitätstheorie. Somit gehört die Singularität nicht zu Raum und Zeit, und sie markiert daher strenggenommen auch nicht den Anfang der Zeit.
    An der Singularität scheitert die auf der Relativitätstheorie gegründete Physik und Kosmologie. Doch das sagt noch nicht unbedingt etwas über die Natur aus, sondern nur über die Vorstellung, die sich die Physiker und Kosmologen von ihr machen. Vielleicht lassen sich diese Vorstellungen aber korrigieren und erweitern. Dann bestünde eine Chance zu erklären, wie es zum Urknall kam.
    Dass die Urknall-Singularität, die ein Ergebnis einer Theorie ist, durch eine andere Theorie überwunden werden könnte, illustriert folgende Analogie: Trifft Sonnenlicht auf eine Glaslinse, werden die parallel einfallenden Strahlen darin gebündelt und im Brennpunkt hinter ihr fokussiert. Das lässt sich gut mithilfe der Gesetze der Strahlenoptik beschreiben. Allerdings müsste dabei die Energiedichte im Brennpunkt unendlich groß sein – er ist in der Strahlenoptik eine Singularität. Tatsächlich kann es dort so heiß werden, dass sich damit ein Feuer entfachen lässt – doch zu einem unendlichen Temperaturanstieg kommt es nicht. Die Strahlenoptik verliert hier also ihre Gültigkeit. Betrachtet man Licht als ein Wellenphänomen, kann man die Vorgänge auch mit der Wellenoptik beschreiben. Damit lässt sich sogar berechnen, was mit dem Licht jenseits des Brennpunkts geschieht – wie es auseinander läuft und vielleicht auf eine neue Linse trifft.
    â€žDie scheinbare Singularität im Brennpunkt bei einer geometrischen Beschreibung bedeutet also nicht, dass dort jegliche physikalische Beschreibung zusammenbricht“, erläutern Thomas Filk und Domenico Giulini in ihrem Buch Am Anfang war die Ewigkeit . Vielmehr verdeutlicht das Beispiel, wie eine Singularität als Artefakt einer unzureichenden Theorie entstehen und durch eine leistungsfähigere Theorie überwunden werden kann. „Ganz ähnlich könnte es auch mit dem Urknall sein“, spekulieren die beiden Theoretischen Physiker von der Universität Freiburg. „Die Beziehung zwischen Strahlenoptik und Wellenoptik ist nämlich durchaus vergleichbar mit der Beziehung zwischen klassischer Physik – der Physik Newtons oder Einsteins – und der Quantenphysik.“
    Eine Quantentheorie der Gravitation, so die berechtigte Erwartung, könnte also auch die Vorgänge im Urknall beschreiben. Und genau das ist eines der großen wissenschaftlichen Ziele von Stephen Hawking und seinen Kollegen.
    Im Prinzip gibt es mehrere Möglichkeiten, die Singularitätstheoreme auszuhebeln, und für alle wurden bereits faszinierende Modelle entwickelt:
    â€º  Das Kausalitätsprinzip könnte zusammenbrechen und der „Anfang“ war in Wirklichkeit eine Zeitschleife, eine kreisförmige Zeit. Oder die Zeit wechselte die Richtung – was immer das auch heißt.
    â€º  Die Energiebedingungen sind auf eine exotische Weise verletzt, so dass die Inflation oder irgendwelche zyklischen Prozesse sich in eine unendliche Vergangenheit erstrecken oder aber ein kollabierendes Universum im Urknall einen „Umschwung“ machte, ohne dabei in die Singularität zu stürzen.
    â€º  Die Relativitätstheorie gilt in einem sehr drastischen Sinn im Urknall nicht, weil zum Beispiel die Zeit nicht mehr kontinuierlich ist, sondern nur noch in einzelnen Takten „voranschreitet“ – oder aber sich sogar auflöst.
    Bevor Hawkings Lösungsvorschläge genauer ins Visier genommen werden, ist es hilfreich, eine vielleicht etwas spröde wirkende Begriffsklärung einzuschieben. Denn die Vielfalt kosmologischer Modelle macht „Urknall“ zu einem mehrdeutigen Konzept! Das führt manchmal zu Missverständnissen. Doch das Thema ist schon schwierig genug, als dass man sich auch noch in Worten verheddern möchte.
› „Urknall“ ist nicht gleich „Urknall“
    Mindestens die folgenden vier Bedeutungen von „Urknall“ lassen sich unterscheiden:
    â€º   Die heiße, dichte Frühphase unseres Universums: Hier haben sich innerhalb weniger Minuten die

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