Hawkings Kosmos einfach erklaert
fertig zu werden, darin zu bestehen, die Quantengravitation zu bemühen.â
Nachdem Hawking mit seinen Singularitätsbeweisen eine Art Stoppschild der kosmologischen Erklärungen aufgestellt hatte, machte er sich daran, nach Wegen Ausschau zu halten, wie man diese Stoppstelle der Physik doch gefahrlos überfahren könnte.
Allerdings waren die Singularitätstheoreme für manche Theologen, Philosophen und Physiker ein willkommener Ankerplatz für metaphysische Spekulationen bis hin zu einem schöpferischen Eingriff Gottes. Papst Pius XII. hatte 1951 im Urknall-Modell sogar ein Indiz dafür gesehen, dass das Universum geschaffen worden ist â und somit auch ein Hinweis auf die Existenz Gottes, wie er in einer Adresse an die Päpstliche Akademie der Wissenschaften schrieb. Als deren Leiter hatte er den belgischen Physiker und Priester Georges Lemaître berufen. Der hatte bereits 1927 auf der Grundlage von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie vermutet, dass unser Universum mit all seiner Materie und Energie sowie Raum und Zeit in einer Art Explosion aus einem Punkt oder âUratomâ entstanden ist. Er war jedoch stets darauf bedacht, Naturwissenschaft und Theologie strikt zu trennen und den Urknall nicht als Gottesbeweis zu deuten.
Zum Raum wird hier die Zeit: Im Urknall könnte sich die Zeit förmlich aufgelöst haben. Hawking spekuliert sogar, dass sie âimaginärâ war â geradezu verräumlicht. Doch was bedeutet das?
1981 wurden einige renommierte Forscher, darunter auch Stephen Hawking, auf eine Kosmologie-Konferenz in der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften eingeladen. Papst Johannes Paul II. ermunterte dieKosmologen dort, die Entwicklung des Universums seit dem Urknall zu studieren â wollte diesen aber als Gottes Refugium unangetastet wissen. Doch Hawking skizzierte ein physikalisches Modell, das die Entstehung des Universums ohne eine Lücke oder überweltliche Intervention zu erklären anstrebte â und gleichzeitig die ominöse Urknall-Singularität vermied.
âMein Interesse am Ursprung und Schicksal des Universums wurde erneut geweckt, als ich 1981 an einer Konferenz über Kosmologie im Vatikan teilnahm. Hinterher erhielten wir eine Audienz beim Papst. Er sagte uns, wir könnten die Evolution des Universums nach dem Urknall untersuchen, sollten uns aber lieber nicht mit dem Urknall selbst beschäftigen, weil er der Schöpfungsaugenblick und damit das Werk Gottes sei. Ich war froh, dass er das Thema des Vortrags nicht kannte, den ich gerade auf der Konferenz gehalten hatte: Ich hatte über die Möglichkeit gesprochen, dass das Universum keinen Anfang hat, dass es keinen Schöpfungsaugenblick gibtâ, beschrieb es Hawking später. âAus meiner Arbeit war nicht unmittelbar ersichtlich, dass sie Konsequenzen für den Ursprung des Universums hatte, weil sie ziemlich wissenschaftlich gehalten war und den abschreckenden Titel Die Grenzbedingungen des Universums trug. Darin vertrat ich die Ansicht, dass Raum und Zeit endlich in ihrer Ausdehnung sind, aber in sich geschlossen, ohne Grenzen oder Ränder, so wie die Oberfläche der Erde begrenzt ist in ihrer Fläche, aber keine Grenzen und Ränder hat.â Und mit dem ihm eigenen Humor ergänzt er: âBei all meinen Reisen ist es mir nie gelungen, über den Rand der Welt zu fallen.â
Damals auf der Vatikan-Konferenz wusste Hawking noch nicht, ob sich aus seiner Idee Vorhersagen ableiten lieÃen, die durch astronomische Beobachtungen im Prinzip überprüfbar waren. Das gelang ihm dann in den beiden folgenden Jahren zusammen mit James B. Hartle von der University of California in Santa Barbara. Im Prinzip war es möglich, so zeigten die beiden Wissenschaftler, dass sich mit Hawkings Ansatz der physikalische Zustand des Universums berechnen lässt â und zwar ohne dass die Gleichungen Singularitäten enthalten und dort zusammenbrechen.
Quanteneffekte, so die Idee, dominierten beim Urknall, und deshalb muss die Relativitätstheorie durch eine Quantentheorie der Gravitationersetzt werden â eine âWeltformelâ, die bislang erst in Ansätzen skizzierbar ist. Aber Hawking und Hartle fanden zumindest eine spekulative Näherungslösung, die ganz neue Möglichkeiten eröffnete â gewissermaÃen eine grenzenlose Einsicht, die nicht von einer Singularität versperrt
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