Hawkings Kosmos einfach erklaert
Sie ticken im Wurmloch also anders als auÃen. Je nachdem, in welche Richtung man nun das Wurmloch durchfliegt, kann man daher in die eigene Vergangenheit oder Zukunft gelangen. (Allerdings ist es unmöglich, in eine Vergangenheit zu reisen, die weiter als der Zeitpunkt zurückliegt, in dem das Wurmloch erstmals als Zeitmaschine eingesetzt wurde.) Â
Unklar ist gegenwärtig leider noch, ob die Relativitätstheorie bei diesen extremen Situationen ausreicht oder ob Quanteneffekte die Zeitschleifen unpassierbar machen. In âZeitmaschinenâ bildet sich nämlich immer ein sogenannter Chronologie-Horizont aus, der Raumzeit-Regionen mit normalem Kausalverhalten von solchen mit abnormalem trennt. Wenn es einen Zeitschutz der Natur gibt, müsste er hier wirksam werden. Hawking hat diesen Horizont als einen Ort beschrieben, an dem Photonen in der Zeit kreisen können. Dabei, so seine Argumentation, würden sie immer mehr Energie gewinnen â und zwar unendlich viel quasi in Nullzeit. Die Energiequelle müsse letztlich die Raumzeit selbst sein, die den Chronologie-Horizont ausmacht. Doch weil die von ihr gespeisten Photonen und das mit deren Energie verbundene Gravitationsfeld notwendig auf die Raumzeit zurückwirken, wird diese drastisch verändert, so dass sich die Zeitkreise auflösen. Zeitmaschinen müssen sich demzufolge mit ihrer Inbetriebnahme gleichsam selbst zerstören.
Die entscheidende Frage ist, ob dies Quanteneffekte forciert oder aber unterdrückt. Dazu gibt es unterschiedliche Ansichten. Fest steht bislang nur, dass die quantenphysikalische Rückwirkung als universeller Zeitschutz nicht ausreicht und dass ein allgemeiner Schutzmechanismus â wenn überhaupt â in einer künftigen Theorie der Quantengravitation gefunden werden müsste.
Hawking versuchte mit Näherungsrechnungen zu zeigen, dass Quantenfluktuationen gewaltige Energien erzeugen, die beispielsweise Zeitreisende töten würden. Womöglich zerstören sie auch die Wurmlöcher insgesamt. Allerdings ergaben Berechnungen von Kip Thorne und Sung-Won Kim am Caltech und unabhängig davon auch von Valeri Frolov in Moskau, dass diese Energiennicht unendlich groà werden können, weil die Planck-Zeit bei 10 -43 Sekunden ihrem Wachstum ein Ende bereitet. Eine kürzere Zeitspanne scheint es nicht zu geben; also verstärken sich die Fluktuationen hier nicht mehr weiter exponentiell und ebben ab.
Doch Hawking wandte ein, dass dies nur für einen äuÃeren Beobachter gilt, im zeitlichen Bezugssystem der Fluktuation der Energieanstieg aber länger dauert. Für den äuÃeren Beobachter würde die Energieschwelle daher umgerechnet erst 10 -95 Sekunden vor der Entstehung des Wurmlochs wirksam â zu spät, um die Zeitmaschine zu verschonen.
Hawkings Rechnung erwies sich aber als unzureichend. Und Li-Xin Li, damals noch Student und inzwischen Professor an der Universität Peking, zeigte, dass ein Spiegel das katastrophale Anwachsen der Quantenfluktuationen verhindern und sie ins Weltall ablenken kann. Der Spiegel müsste zwischen die eng benachbarten Wurmlöcher gebracht werden und so groà sein wie deren Schlünde. Ob auf diese Weise jedoch auch Fluktuationen der Gravitationsfelder so weit zu zähmen sind, dass sie für die Zeitmaschine ungefährlich bleiben, ist noch unklar.
Doch es gibt weitere Argumente gegen Zeitmaschinen. Matt Visser von der Victoria University im neuseeländischen Wellington zufolge sollten Quanteneffekte verhindern, dass sich die beiden Wurmlochöffnungen zusammenbringen lassen. Er vermutet, dass die Geometrie des Wurmlochs die Energiedichte des Vakuums so stark erhöht, dass diese gröÃer wird als die negative Energiedichte, die notwendig ist, um das Wurmloch offen zu halten. Es müsste daher kollabieren, bevor die Zeitreise angetreten werden kann.
Und Hawking überlegte: âWenn die Raumzeit so stark gekrümmt ist, dass Reisen in die Vergangenheit möglich sind, können virtuelle Teilchen, die in geschlossenen Schleifen durch die Raumzeit reisen, zu realen Teilchen werden, die sich mit Lichtgeschwindigkeit oder langsamer vorwärts durch die Zeit bewegen. Da diese Teilchen die Schleife beliebig oft durchlaufen können, passieren sie jeden Punkt auf ihrem Weg sehr häufig. So schlägt ihre Energie wieder und wieder zu Buche, was zu einem entsprechenden Anwachsen der Energiedichte führt.
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