Heaven (German Edition)
biss mir auf die Lippe und versuchte die schlimmen Gedanken zu verdrängen.
Xavier spürte meine Anspannung und sah auf. «Bist du sicher, dass du nicht zu müde bist?»
Seine Besorgnis war rührend. Es war der alte Xavier, der wieder ans Tageslicht kam und meine Bedürfnisse über alles stellte. «Ich?», fragte ich lächelnd. «Das sollte ich lieber dich fragen.»
«Eigentlich geht es mir ganz gut», sagte er und klang selbst überrascht. «Wenn da nur nicht dieses Gefühl wäre, dass mein Körper von einem anderen kontrolliert wird.»
«Das war ja auch so», sagte ich und fuhr mit den Fingern sanft über seine Brust. «Aber jetzt ist er fort. Es gibt jetzt nur noch dich und mich.»
Xavier hob mich hoch, sodass ich auf ihm lag. Sein fester Körper unter mir fühlte sich an wie ein sicherer Hafen.
«Soll ich dir mal was Witziges sagen?», fragte er, als ich mein Gesicht an seinem Hals vergrub, bis das kleine Holzkreuz an seiner Kette einen Abdruck auf meiner Wange hinterließ. «Was heute geschehen ist, war schrecklich, eins der schwersten Dinge, die ich je erleben musste. Luzifer war in mir. Ich habe das Gefühl, dass er Spuren hinterlassen hat, wie Narben auf meiner Seele.»
«Und was ist daran witzig?», fragte ich.
«Lass mich ausreden. Jedes Mal, wenn du mich berührst, fühlt es sich an, als ob du mich reinwäschst, die Dunkelheit vertreibst. Du heilst meinen Körper mit deinem und erneuerst meine Seele mit deiner.»
«Ich habe keine Seele», murmelte ich.
«Doch, das hast du», beharrte Xavier und nahm mein Kinn in seine Hände. «Vielleicht ist sie anders als meine, aber es gibt sie. Du hast so viel Helligkeit in dir, das spüre ich, wann immer ich dich ansehe. So hat dich Gott erschaffen.»
«Weißt du, was ich glaube?», sagte ich. «Auch wenn sich all das, was wir durchmachen mussten, wie ein Fluch anfühlt, ist es vielleicht in Wirklichkeit ein Segen. Unser Vater hat uns auf diesen Weg geschickt, weil er uns an ein Ziel führt … an einen erstaunlichen Ort. Und für diese Reise hat Er uns alles mitgegeben, was wir brauchen … uns gegenseitig.»
Xavier sah mich einen Moment lang an, dann suchten seine Lippen meine. Sein Kuss war lang und tief. Es war, als hätten sich irgendwo in mir kleine Feuer entzündet, die sich jetzt über den ganzen Körper verteilten. Dieses Mal war es anders als damals im Wald. Es fühlte sich entspannter an, nicht so drängend. Wir hatten keine Angst, entdeckt zu werden, und mehr Zeit, uns zu entdecken. Genau so hatte ich mir die ungezwungene Vertrautheit der Ehe vorgestellt. Von Kopf bis Fuß fühlte ich mich sicher und beschützt.
Die sanften Strahlen der Morgensonne, die sich durch die geöffnete Jalousie stahlen, konnten sich nicht entscheiden, ob sie uns wecken oder unsere Ruhe lieber nicht stören sollten. Ich kroch aus dem Bett, versuchte aber, Xavier, der auf dem Bauch ausgestreckt dalag, nicht zu wecken. Er sollte so lange schlafen wie möglich, bevor er sich den Herausforderungen stellen musste, die der neue Tag womöglich mit sich brachte.
Ich wickelte mich in einen pinkfarbenen Morgenrock und stieg nach unten in die Küche, wo Ivy ein üppiges Frühstück vorbereitete: Muffins mit Unmengen von Blaubeeren, Grießbrei, Eier und Würstchen, die auf dem Herd warm gehalten wurden, und Jogurt mit Müsli. Wie ein Profi wendete sie Pfannkuchen und verteilte sie auf Teller. Der Geruch gemahlenen Kaffees erfüllte den Raum. Gabriel war nirgends zu sehen.
«Ich hoffe, du hast Hunger», sagte Ivy. Ich sah, dass sie versuchte, uns den Stress der letzten Tage vergessen zu lassen, und dafür war ich ihr dankbar.
«Riecht großartig!», antwortete ich.
«Wo ist Xavier? Schläft er noch?
«Ja. Wo ist Gabriel?»
Ivy zuckte resigniert die Achseln. «Als ich heute Morgen aufgewacht bin, war er weg.»
«Wie geht es ihm?», fragte ich unbehaglich.
«Keine Ahnung», sagte Ivy. «Er spricht nicht darüber.»
«Okay», sagte ich und versuchte meine Angst zu verstecken. «Vielleicht braucht er einfach nur Zeit.»
Ich ging zurück nach oben und entdeckte, dass das Bett aufgedeckt und Xavier aufgestanden war. Ich spähte ins Bad, doch es war leer, wobei ich mir allerdings nichts dachte. Als aber weder auf dem Balkon noch im Flur eine Spur von ihm zu sehen war, begann mein Herz schneller zu schlagen. Dann sah ich, dass eine der anderen Zimmertüren angelehnt war, und öffnete sie vorsichtig. Vor mir lag eine Art Arbeitszimmer. Erleichtert sah ich Xavier dort am
Weitere Kostenlose Bücher