Heaven (German Edition)
Gabriel hinzu.
«Ich bin ausgesprochen gern mit Menschen zusammen. Das haben Bethany und ich gemeinsam.»
«Gehst du deswegen mit ihnen auf Kreuzfahrten?», fragte Xavier.
«Auch, aber vor allem, weil ich mich so schnell langweile.» Raphael nippte ruhig an seinem Kaffee. «Menschen machen ziemlich viel Ärger und treiben uns zum Wahnsinn, das stimmt.» Über seine Tasse hinweg sah er mich mit lachenden Augen an. «Aber sie sind es absolut wert.»
Schweigend dachten alle über seine Worte nach. Schließlich war es wieder Raphael selbst, der die Stille durchbrach, als er auf die Füße sprang und in seinen Hosentaschen wühlte.
«Weiß einer von euch, wie spät es ist?», fragte er. «Ich finde mein Handy nicht.»
«Es ist kurz nach sechs», antwortete Ivy, ohne nachzusehen. «Musst du noch auf eine Party?»
Raphael ignorierte die Spitze. «Ich hoffe, ihr habt hier Fernsehen.»
«Ja.»
«Und wo?» Er wedelte ungeduldig mit der Hand.
«Im Wohnzimmer.»
Wir folgten Raphael in den vorderen Bereich des Hauses. Er lief auf kürzestem Weg aufs Sofa zu und schaltete den Fernseher durch ein einfaches Fingerschnippen an, ohne auch nur nach der Fernbedienung zu suchen.
«Football?», fragte Ivy. «Ist das dein Ernst?»
Das Spiel hatte noch nicht begonnen. Es war das erste der Saison, die Rebels gegen die Razorbacks . Diese Partie war Gesprächsthema Nummer eins, selbst ich hatte etwas davon mitbekommen.
«Seid ihr keine Fans?», fragte Raphael überrascht. «Ihr wisst nicht, was ihr verpasst.»
«Zum Glück hat es noch nicht angefangen», sagte Xavier und machte es sich ebenfalls auf dem Sofa bequem. «Nachher müssen wir noch gucken, wie Bama gespielt hat.»
Ich starrte Xavier an. Er benahm sich plötzlich wieder so normal – war dies ein Zeichen dafür, dass er seine schmerzlichen Erinnerungen unterdrückte? Als er meinen Gesichtsausdruck bemerkte, lächelte er.
«Keine Sorge», sagte er. «Mit Football kann ich mich super ablenken.» Er klopfte auf den Platz neben sich. «Setzt du dich zu mir?»
Ich warf einen Blick auf den Fernseher. Gerade war das Stadion der Rebels aus der Vogelperspektive zu sehen, der Name des Teams stand in riesigen Buchstaben auf dem Boden. Als die Kamera über das Meer der rot-blauen Fans schwenkte, dachte ich, dass vielleicht auch Molly unter ihnen war. Seit sie an der Ole Miss studierte, hatte sie ständig von diesem Spiel geredet. Ich sah zu, wie die Cheerleader in ihren paillettenbesetzten Outfits Pompons in die Luft warfen. Auf der Anzeigetafel blinkten die Worte «Seid ihr bereit?» auf, woraufhin die Menge in frenetische Fangesänge ausbrach.
Gegen Ende des ersten Viertels sah es aus, als würden wir, also die Rebels, verlieren. Ich überließ es Xavier und Raphael, den Fernseher anzuschreien, und ging zu Ivy in die Küche. Gabriel war in seinem Zimmer verschwunden und hatte die Tür abgeschlossen. Ich wollte nach ihm sehen, doch Ivy meinte, dass er Ruhe brauchte, um zu meditieren und sich zu erholen.
Als das Spiel zu Ende war, tauchte Raphael wieder auf und streckte sich genüsslich. Xavier folgte ihm. Er wirkte wesentlich ausgeruhter und fast ein bisschen verlegen, weil er so lange verschwunden gewesen war.
«Sorry, ich hatte nicht vor, das ganze Spiel zu sehen.»
«Ist doch okay.» Ich tätschelte ihm den Arm.
«Haben wir gewonnen?», fragte Ivy.
«Nein, aber wir haben zwei Touchdowns erzielt, was gar nicht mal schlecht ist.»
«Ich muss dann mal los», sagte Raphael, griff nach seinem Mantel und schlenderte zur Tür. «Danke für eure Gastfreundschaft. Es war mir ein Vergnügen, wie immer.»
Wir brachten Raphael zum Auto, einem metallicgrünen Porsche, der am Straßenrand geparkt war. Diese Farbe hatte ich noch nie bei einem Auto gesehen, aber sie passte zu dem extravaganten Erzengel.
«Coole Reifen», sagte Xavier, der das Auto bewundernd umrundete.
«Kannst es jederzeit für eine Spritzfahrt ausleihen.»
«Dieser Kerl», Xavier zeigte mit dem Daumen auf Raphael, «ist der Hammer.»
«Macht ihr beiden Witze?», fragte Ivy genervt.
«Boys will be boys», erklärte Raphael. «Versuch nicht, uns zu ändern.»
«Fußball und Autos», sagte ich grinsend. «Mal was anderes.»
«Das ist nicht einfach nur ein Auto», sagte Xavier. «Es ist eine Schönheit.»
«Sie kapieren es nicht.» Raphael zwinkerte in meine Richtung. «Vielleicht sollten wir demnächst mal mit ihr zusammen losdüsen.» Er sprang auf den Fahrersitz und brachte den Motor auf Touren. Dann
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