Heaven (German Edition)
steckte er den Kopf aus dem Fenster und rief: «Übrigens, Xavier, Medizin ist deine Berufung. Vergiss das nicht!»
Er fuhr los und raste so schnell die Straße hinunter, dass die Reifen quietschten und der Auspuff eine Rauchwolke in die Luft pustete.
«Was für ein Selbstdarsteller», murmelte Ivy, und Raphael hupte am Ende der Straße laut, als wollte er sagen: «Das habe ich gehört.»
Als er fort war, waren Xavier und ich mehr als bettreif. Ivy zeigte uns das Gästezimmer im ersten Stock, das wir bis jetzt noch gar nicht gesehen hatten. Mit den weichen Kissen auf dem breiten Bett und den glänzenden Möbeln wirkte es sehr gemütlich. Das bullaugenartige Fenster bot Ausblick auf die dichten Wälder von Mississippi. Als ich mich auf das Bett setzte, kam mir der Gedanke, dass es schon eine ganze Weile her war, dass Xavier und ich im gleichen Bett geschlafen hatten. Hoffentlich hatte sich zwischen uns nichts geändert.
Als Xavier sich hinlegte, ging ich duschen und ließ das heiße Wasser über meinen Körper strömen, bis alle Scheiben beschlagen waren. Es fühlte sich für mich an wie ein Reinigungsritual, als ob ich all meine Sorgen im Abfluss herunterspülte. Ich verbrauchte eine halbe Flasche Duschgel, seifte mich immer wieder neu ein und spülte es ab, massierte meine Muskeln sanft mit den Fingern und spürte langsam, wie die Spannung nachließ. Meine Haut kribbelte und duftete nach Lavendel, als ich mit trocken gerubbeltem Haar aus dem Bad trat.
Xavier schlief bereits. Auf seinem Gesicht zeichneten sich deutlich die Strapazen des Tages ab. Als ich hereinkam, schreckte er auf und zog mich aufs Bett.
«Du riechst gut.» Er presste seine Lippen an meinen Hals und atmete tief ein.
Ich kicherte, sein Drei-Tage-Bart kitzelte mich. «Du nicht.»
«Wie taktlos», antwortete er lachend. «Aber vermutlich wahr.» Er stand auf. «Dann gehe ich jetzt auch duschen. Bleib, wo du bist.»
Er zog sich aus und warf seine Klamotten in den Wäschekorb, bevor er im Bad verschwand. Freudig rutschte ich unter die Decke und zerknüllte den frischen Stoff mit den Zehen. Ich vergrub mein Gesicht in dem sauberen Kissen, das leicht nach Babypuder roch, streckte mich wie eine Katze und wäre beinahe sofort eingeschlafen. Als Xavier nur mit einem Handtuch um die Hüften aus der Dusche kam, schaffte ich es zunächst kaum, die Augen aufzuhalten. Doch wie immer haute mich der Anblick seines Körpers auch dieses Mal fast um. Er hatte so perfekte Proportionen, dass er mich an eine Statue auf einem Sockel im Museum erinnerte.
«Das ging schnell», sagte ich und versuchte, ihn nicht anzustarren.
«Wenn man Schwestern hat, lernt man, nicht stundenlang im Bad rumzuhängen.» Sein Lächeln schwand.
«Du vermisst sie, oder?»
«Mehr, als ich gedacht hätte», sagte er. «Vor allem aber finde ich die Vorstellung schrecklich, dass sie sich Sorgen um mich machen. Claire ist wahrscheinlich regelrecht krank, und Nic hasst mich, weil ich einfach so verschwunden bin.»
«Du kannst es wiedergutmachen», versprach ich. «Wenn alles vorbei ist.»
«Glaubst du wirklich, dass dieser Zeitpunkt kommt?», fragte Xavier zweifelnd.
«Ja», sagte ich so fest, wie ich konnte. «Es wird nicht für immer so bleiben. Das verspreche ich dir.»
«Hey», sagte Xavier und sah an sich herunter. «Ich habe ja gar nichts zum Anziehen!»
Ich schlug die Decke auf seiner Seite des Bettes auf. Jetzt war nicht die Zeit für tiefe Diskussionen, davon hatten wir genug gehabt. Jetzt war Zeit für uns, Zeit zu zweit. «Du brauchst nichts», sagte ich.
«Ach, tatsächlich?» Xaviers Mund verzog sich zu einem Lächeln. «Kann man die Tür abschließen?»
«Ist dir das wichtig?», fragte ich herausfordernd.
Xavier hob eine Augenbraue, ließ dann aber das Handtuch fallen und glitt neben mich ins Bett. Sofort hüllte er mich mit seiner Gegenwart ein, mit seiner warmen Haut, die noch feucht war vom Duschen. Als er mich sanft küsste, tat er es fast ehrfürchtig, wanderte mit seinen Lippen von meinem Kinn hinab zu meinem Schlüsselbein.
Ich spürte die Kratzer, die er bei der Tortur erlitten hatte, und umarmte ihn instinktiv fester. Meine Finger gruben sich in sein warmes Fleisch. Das Bild, wie er an das Bett gefesselt gewesen war, kam mir in den Sinn, und die Grausamkeit, die ich in den blauen Augen gesehen hatte, die nicht die seinen gewesen waren. Bei dem Gedanken zog sich mir alles zusammen.
«Ist alles in Ordnung?», fragte er in meine Brust hinein.
«Hmmm.» Ich
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