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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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fröstelte bei dem Gedanken, was mit dem geschehen würde, der zurückblieb.
    «Vielen Dank», flüsterte Xavier. Das Sprechen schien ihm wehzutun, denn er fuhr sich sofort mit der Hand an den Hals.
    «Nicht der Rede wert.»
    «Warte.» Er richtete sich auf. «Raphael – der Erzengel? Der Schutzheilige der Reisenden?»
    «Du kennst dich gut aus in der Welt der Engel», sagte Raphael beeindruckt.
    «Ich war früher Ministrant», erklärte Xavier rau.
    Mein Blick fiel auf Xaviers geschundene Handgelenke. Dort, wo das Eisen ihm ins Fleisch geschnitten hatte, sahen sie wund und geschwollen aus. Ich hatte schon eine ganze Weile niemanden mehr geheilt. Ob ich es noch konnte? Oder waren mir meine Gaben als Strafe genommen worden? Ich berührte sein rohes Fleisch, und Xavier zuckte zusammen, hielt aber still. Ich konzentrierte mich darauf, heilende Schwingungen auszusenden, und bald schon kitzelte meine Hand. Je länger ich sie auf ihm ruhen ließ, desto kleiner wurde die Schwellung, und nach und nach erholte sich auch das Fleisch wieder, bis statt einer Verletzung nur noch unversehrte Haut zu sehen war.
    «Du kannst es noch!», sagte Xavier, und ich strahlte ihn an, glücklich, es geschafft zu haben. Die Tatsache, dass ich meine Fähigkeiten nicht verloren hatte, sah ich auch als Zeichen an, dass es noch Hoffnung gab.
    An der anderen Seite des Raumes nahm ich eine Bewegung wahr. Ivy half Gabriel dabei, sich aufzurichten. Er schien noch immer wackelig auf den Beinen zu sein, und ich sah seinen gequälten Blick, als er hastig seine Flügelreste zusammenfaltete, bevor einer von uns sehen konnte, in welch armseligem Zustand sie waren. Noch immer bleich im Gesicht und gestützt auf Ivy, räusperte er sich, hob das Kinn und richtete das Wort an seinen Bruder.
    «Wieso bist du gekommen?», fragte er.
    «Ich schätze, ich bin der Trottel für aussichtslose Fälle.»
    «Du glaubst also, dass wir verlieren?» Gabriel wankte, aber Ivy stützte ihn rechtzeitig.
    «Sieht so aus.» Raphael lächelte ihm ermutigend zu. «Aber einen Versuch ist es trotzdem wert. Have fun!»
    Gabriel schürzte die Lippen und begab sich ohne ein weiteres Wort auf den Weg nach oben, den Arm noch immer um Ivys Schultern gelegt. Ich half Xavier unter den Blicken von Raphael vom Bett, der zwar ein Lächeln auf den Lippen trug, aber auch einen traurigen Ausdruck in den Augen. Dann begaben wir uns alle zurück nach oben, wie in einer jämmerlichen Prozession.

[zur Inhaltsübersicht]
    21
    Auszeit
    In der Küche erweckten uns Ivys frischgebrühter Kaffee und die selbstgebackenen Brownies wieder zum Leben. Ich kam mir immer noch vor, als hätte mich ein Bus gestreift, und konnte nur ahnen, wie viel schlimmer sich Xavier und Gabriel fühlen mussten. Von der körperlichen Erschöpfung würde ich mich schnell erholen, aber das Trauma, Xavier zweimal hintereinander beinahe verloren zu haben, würde mich nie wieder loslassen. Schweigend und bedrückt aßen wir, den Blick ins Leere gerichtet. Gabriel aß nichts, er hatte den Kopf in die Hände gepresst und saß einfach nur still da. Einzig Raphael war bester Laune. Bewundernd sah er Ivy nach, als sie Milch aus dem Kühlschrank holte.
    «Immer noch der heißeste Engel, den ich kenne», murmelte er.
    «Es ist mir ein Rätsel, wieso du immer noch im Team bist», erwiderte Ivy.
    «Wahrscheinlich gefällt Ihm mein Sinn für Humor. Hält es nicht aus, dass alle immer so bierernst sind.» Raphael sah von einem zum anderen. «Davon gibt es nämlich mehr als genug.»
    Trotz aller Düsternis war Raphaels Fröhlichkeit ansteckend. Selbst Ivy verzog das Gesicht.
    «Du solltest häufiger lächeln», sagte er zu ihr. «Dann strahlt dein ganzes Gesicht.»
    «Kannst du mal aufhören zu flirten?», protestierte Gabriel, ohne den Kopf zu heben. «Das ist ungebührlich.»
    «Ganz davon abgesehen – seid ihr nicht alle miteinander verwandt?», fragte Xavier.
    «Diese Geschwistersache ist eher symbolisch als genetisch», sagte Raphael breit grinsend.
    «Aber Engel empfinden doch normalerweise gar nicht so …» Xavier kratzte sich verständnislos am Kopf. «Sie haben doch nicht … solche Gefühle füreinander?»
    «Nein», antwortete Ivy entschieden. «Aber dann und wann gibt es Ausnahmen, und die werden sofort rausgeschmissen.» Ich wusste, dass es ein Scherz sein sollte, trotzdem schmerzte die Vorstellung, dass Gabriel und sie so über mich dachten.
    «Gewöhnlich dann, wenn sie sich mit den Menschen zu stark verbrüdern», fügte

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