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Heavy Cross

Heavy Cross

Titel: Heavy Cross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ditto Beth
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einen neuen Arbeitgeber zu finden, den wir noch nicht sitzen gelassen hatten. Kathy wollte weniger touren. Nathan und ich wollten noch viel häufiger auf Tour gehen und das Problem dadurch lösen. Wir schlossen einen Kompromiss: Wir würden uns eine neue Schlagzeugerin für die Tour suchen und danach entscheiden, wie es weitergehen sollte.
    Es war wirklich eine schwierige Situation. Kathy hatte mich damals überhaupt erst dazu überredet, ans Mikro zu treten und zu singen. Ich liebte sie so sehr, und jetzt musste ich ihr ein Ultimatum stellen und ihr deutlich machen, dass wir notfalls auch ohne sie weitermachen würden. Ich kam mir so herzlos vor und stürzte mich in das Gespräch, als wollte ich von einer Brücke springen. Nathan saß einfach daneben und ließ mich reden. Manchmal vergessen die Leute – und auch die Band selbst –, dass Gossip eine Gruppe ist. Sie besteht nicht nur aus mir, auch wenn ich die größte Klappe habe. Irgendwann hatte Nathan sogar mal Anstecker mit der Aufschrift » GOSSIP IS A BAND « machen lassen. Der Sänger oder die Sängerin wird meistens als Chef oder Chefin angesehen, und dieser Eindruck wird natürlich dadurch verstärkt, dass ich nicht unbedingt eine stille Person bin. Während des Gesprächs mit Kathy redete ich mir den Mund fusselig, während Nathan überwiegend schwieg. Ich wusste nur eins: Wenn ich zuließ, dass Gossip das Angebot, mit Le Tigre zu touren, ausschlugen, damit Kathy ihren Job behielt, würde ich ihre Bedürfnisse über meine eigenen stellen. Aber ich hatte die Nase voll davon, ständig auf andere Leute Rücksicht zu nehmen. Für meine Freunde da zu sein und ihnen zu helfen bedeutet nicht, dass sie mein Schicksal bestimmen dürfen. Und deshalb musste Kathy die Band verlassen.
    Kathy hatte die Songs »Standing in the Way of Control« und »Yr Mangled Heart« mit uns geschrieben. Sie hatte mit uns an dem Album gearbeitet und dazu beigetragen, dass es schließlich ein Riesenerfolg wurde. Als wir bei einem Majorlabel unterschrieben, bestand ich darauf, dass sie ebenfalls Geld bekam und an den Plattenverkäufen beteiligt wurde. Ich wollte nicht so werden wie die Leute, die groß rauskommen und dann die anderen bescheißen, die ihnen dabei geholfen haben, es überhaupt so weit zu bringen. Mir war wichtig, dass Kathy ihren Anteil bekam. Ohne sie hätte es Gossip nie gegeben. Sofern wir finanziell in ihrer Schuld standen, achtete ich darauf, dass diese Schuld beglichen wurde und dass sich alle so gut wie möglich bei einer Sache fühlten, die eigentlich total schrecklich war.
    Ich konnte Kathy keine Vorwürfe machen. Niemand hätte zu diesem Zeitpunkt mit unserem Erfolg gerechnet. Aber egal, ob wir wie eine Silvesterrakete abgehen oder in einem abgewrackten Tourbus untergehen würden, eines stand fest: Ich durfte Kathleen Hanna kennenlernen! Meine Riot-Grrrl-Heldin, die unfreiwillige Anführerin der ganzen Bande, deren durchdringender Stimme ich nacheiferte. Eine Person, die mit Mitte dreißig schon eine lebende Legende war. Jemand, der sich immer weiterentwickelte, sich immer wieder neu inspirieren ließ. Von Bikini Kill zu Julie Ruin, wo sie als feministische Bibliothekarin auftrat und irre Elektrobeats entwarf. Und jetzt Le Tigre, eine Sensation auf dem Dancefloor mit umwerfendem Sound und eindeutigen politischen Botschaften. Ich konnte unser Glück kaum fassen.
    Die Tournee mit Le Tigre habe ich nie als Karrierechance betrachtet. Hätten wir uns auf diese Weise in der Musikbranche beliebt machen wollen, wären wir sehr wahrscheinlich im Vorprogramm von Pearl Jam oder den Red Hot Chili Peppers besser aufgehoben gewesen. Ich habe gar nichts gegen diese Bands, bestimmt nicht. Aber ich glaube, dass die Leute, die zu deren Konzerten gehen, einfach nicht auf unserer Wellenlänge sind. Es ist schwierig, vor einem Publikum aufzutreten, das sich nicht die Bohne für einen interessiert oder Frauen gegenüber sehr unhöflich ist. Ich bin nicht bereit, mich einer solchen Situation auszusetzen. Ich wollte mit einer Band touren, die ich liebe und deren Publikum uns verstehen würde. Und diese Band waren Le Tigre.
    Aber bevor wir touren konnten, mussten wir eine neue Schlagzeugerin finden. Nathan und ich überlegten fieberhaft, wer bei Gossip einsteigen könnte. Es musste jemand mit einem Punk-Hintergrund sein, da waren wir uns einig. Und ich konnte

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