Hei hei er und dann
wir …“
„Vergiss es“, unterbrach sie ihn. „Es musste wohl passieren, und es ist auch schon wieder vergessen.“ Noch eine faustdicke Lüge. Sie würde nie vergessen, wie warm und sanft sein Mund sich angefühlt hatte. „Lass uns einfach an die Arbeit gehen, okay? Setz dich, ich bin gleich zurück.“
Brianne flüchtete ins Badezimmer, holte tief Luft und spritzte sich noch einmal kaltes Wasser ins Gesicht. Im Spiegel sah sie ihre glänzenden Augen und die geröteten Wangen – sichtbare Zeichen ihres sehnsüchtigen Verlangens. Doch sie konnte sich nicht weiter darauf einlassen, ebenso wenig wie sie sich für immer hier drinnen verstecken konnte.
Fünf Minuten später hatte sie Jake, der bequem auf einem Lederstuhl Platz genommen hatte, die feucht-heißen Packungen um Nacken und Schultern drapiert. Während die Hitze auf seine Muskeln einwirkte, saß Brianne auf dem Sitzpolster eines Fitnessgeräts und ließ ihre Füße baumeln.
Jake musterte sie ernst. Sie fragte sich, was er denken mochte und ob der Kuss ihn ebenso aufgewühlt hatte wie sie.
„Wie bist du zu der Verletzung gekommen?“, erkundigte sie sich, um das Schweigen zu brechen.
„Wir hatten einen Tipp wegen eines Drogendealers, den wir seit einiger Zeit beobachteten“, erzählte er nach kurzem Zögern. „Wir wollten ihn auf frischer Tat ertappen.“
Sein Blick wurde lebhaft. Offenbar liebte Jake seinen Beruf. Unerwartet empfand Brianne neben Enttäuschung auch Bewunderung für diesen Mann und seine Arbeit.
„Es stellte sich als Falle heraus. Der Verdächtige tauchte auf – allerdings in Gesellschaft. Das hat einem verdammt guten Cop das Leben gekostet. Frank war mein bester Freund. Ein anständiger Kerl mit Frau und Kindern. Er wurde bei der Schießerei tödlich getroffen, als ich mich zu Boden warf. Ich brach mir die Schulter und wurde auch noch angeschossen. Doch wenn ich nicht in Deckung gegangen wäre, hätte die tödliche Kugel mich erwischt, und Franks Kinder hätten immer noch einen Vater.“
„Und deine ohnehin schon trauernde Schwester hätte noch einen geliebten Menschen verloren. Stell das Schicksal nicht infrage“, meinte Brianne, obwohl auch sie das oft genug in ihrem Leben getan hatte.
„Ich schätze, ich sollte dankbar sein, dass ich mit einer steifen Schulter davongekommen bin?“
Brianne zuckte bei seinen gleichgültigen Worten zusammen. Sie mochte gar nicht daran denken, dass er tot sein könnte. „Du würdest nicht wollen, dass Rina noch mehr leidet. Manchmal muss man das Schicksal eben einfach annehmen und weitermachen.“
Das schien ihn nicht zu trösten. „Es wäre leichter zu ertragen, wenn der Kerl jetzt wenigstens im Gefängnis sitzen würde. Aber als Krönung der Geschichte wurde er von einem Anfänger verhaftet, der ihm seine Rechte falsch vorgetragen hat“, erklärte Jake verächtlich. „Das Schwein musste wegen eines Formfehlers freigelassen werden.“
Brianne merkte, wie er die Kiefer zusammenpresste, und fand, dass es an der Zeit war, wieder das Thema zu wechseln. „Verrate mir bitte, warum du es Rina wegen der Therapie so schwer gemacht hast.“ Brianne hatte ihre Zweifel, dass Jakes Schultergelenk so steif war, wie seine Schwester glaubte, und sie fragte sich, was genau mit ihm los war. „Immerhin war sie besorgt genug, mich für dich zu engagieren.“
„Du weißt bereits, dass Physiotherapie nicht der einzige Grund war, weshalb Rina dich engagiert hat“, erinnerte er sie. „Nicht dass ich meine Schwester verteidigen will, aber sie kann es nicht lassen, sich ständig um mich zu kümmern. Sie hat ihren Ehemann vor ein paar Monaten verloren, und ich bin alles, was sie noch hat.“
In seiner Stimme schwang die Liebe für seine Schwester mit. „Rina braucht dich“, meinte Brianne eindringlich. „Umso mehr Grund für dich, deine Schuldgefühle zu vergessen und froh zu sein, dass du lebst – ihretwegen.“
Jake würde lernen, mit der Schuld zu leben, sobald er Ramirez ins Gefängnis gebracht hatte. „Nun, Rina braucht sich keine Sorgen zu machen. Mir geht es gut, und du wirst ihr das bei ihrer Rückkehr bestätigen können.“
„Ich werde ihr die Wahrheit sagen – nicht mehr und nicht weniger.“
Und genau das störte ihn an Rinas Deal mit Brianne. Er musste verhindern, dass Brianne entdeckte, wie beweglich er in Wirklichkeit tatsächlich bereits war, und seiner Schwester davon berichtete.
Das Telefon klingelte. Jake, der durch die Packungen an seinen Platz gefesselt war,
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