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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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gesorgt habe, wo ich am Morgen Brot für euch nehme. Und nun haben wir ja für einige Tage genug.”
    Die bleiche Frau hatte bei diesen Worten die Hände gefaltet, als danke sie im stillen noch für die große Wohltat. Jetzt schoß das Trini davon mit einer Freude im Herzen, wie es in seinem ganzen Leben noch keine empfunden hatte. Die Großmutter hatte wohl recht gehabt, daß man am Ende den Gewinn davon habe, und daß es einem so wohl werde wie noch nie, wenn man es recht verstehe, was der liebe Gott ausfegen wolle. Nun machte es noch neue Pläne in seinem Herzen: Bald konnte man auch in die Heidelbeeren gehen und in die Brombeeren. Und es wollte jedesmal, wenn es seinen Kratten gefüllt hatte, noch dem Maneli den seinigen füllen helfen. Wenn nicht beide voll wurden, so wollte es immer mit ihm teilen. Denn das Trini hatte sich über die Worte der armen, kranken Mutter mehr gefreut, als über den eigenen vollen Kratten. Als es dann endlich heimkam und nun aufgeregt seine Erlebnisse erzählte und zuletzt der Großmutter den ganz leeren Kratten vorwies, sagte es bittend: “Nicht wahr, du bist nicht böse mit mir, Großmutter, daß ich kein einziges Beerlein heimbringe. Du wirst sie gewiß alle dem Maneli und seiner kranken Mutter gönnen?”
    Da lobte die Großmutter das Kind und sagte, was es getan habe, freue sie mehr, als wenn es ihr zwei ganze Kratten voll nach Haus gebracht hätte. So gut wie heute abend dem Trini seine Kartoffelsuppe schmeckte, hatte ihm noch kein Essen geschmeckt. Denn es dachte immer daran, wie nun das Maneli noch sein Schwarzbrot hatte heimbringen können, wie jedes sein Stück bekomme und es gewiß jetzt eben fröhlich verspeiste.

5. Kapitel
Wie es mit dem Vetter geht
    Schon war der letzte Sommermonat, der warme August da. Auf allen Bäumen glänzten die Äpfel rotgolden und kündeten den Herbst an. Der Vetter hatte nie wieder etwas von sich hören lassen. In der alten Käthe stieg manchmal die freudige Hoffnung auf, er habe sein Vorhaben geändert und denke nicht mehr an das Kind. Dann wurde es ihr so leicht ums Herz, als seien ihr alle Sorgen abgenommen, als könnte sonst kommen, was da wollte. Hunger und Mangel und Entbehrung aller Art werde sie ertragen, wenn sie nur das Kind nicht weggeben müßte. Das Trini war fröhlich wie ein Vogel vom Morgen bis zum Abend, es hatte den Vetter und seinen Wunsch schon lange vergessen.
    Da trat eines Morgens ein junger Bursch bei der Waschkäthe ein und sagte, er komme aus dem Reußtal und habe ihrem Vetter versprochen, ihr eine Bestellung auszurichten. Der Vetter lasse ihr sagen, sie solle die Kleider und alles für das Kind bereithalten, er hole es ab, sobald er wegen seines Geschäfts über den Berg müsse. Mit dem Vormund des Kindes wolle er dann schon alles in Ordnung bringen, was die Schule und den Lohn und das übrige betreffe. Der Großmutter wurde es vor Schrecken ganz schwarz vor den Augen, sie mußte sich schnell setzen, um sich nur wieder ein wenig zu fassen. So war denn plötzlich gekommen, was sie freilich immer im stillen befürchtet, aber doch immer in so weiter, unsicherer Ferne gesehen hatte. Nun war es da, denn daß der Vormund gleich einwilligen und dem Vetter das Kind übergeben würde, dessen war sie sicher. Sie konnte ja für keinen Verdienst sorgen. Sie wußte nicht einmal, wie lange sie sich selbst noch durchbringen konnte. Vielleicht fielen sie beide der Gemeinde zur Last. Der Vetter aber konnte einen so guten Verdienst in Aussicht stellen und für die Versorgung des Kindes für alle Zukunft garantieren. Es mußte sein, das sah sie deutlich vor sich. Die alte Käthe hatte schon viel Schweres erlebt. Aber das Weggeben dieses Kindes, das ihre ganze Freude und Stütze war, kam ihr vor, als wolle man ihr eines ihrer Glieder abreißen, ohne das sie nicht mehr fortleben könnte.
    Sie überdachte nun, wie sie dem Kind die Sache beibringen sollte. Aber wenn sie sich vorstellte, in welchen Jammer es das erstemal ausgebrochen war, als sie darüber geredet hatte, so hatte sie nicht den Mut, es wieder und nun mit Bestimmtheit zu tun. Zuletzt dachte sie, das beste sei, gar nicht über die Sache zu reden. Ein kurzer Kampf, wenn der Vetter komme, sei noch am leichtesten zu ertragen. Und inzwischen habe das Kind doch noch ungetrübte Tage. Aber von dem Morgen an lag ein solcher Kummer auf dem Gesicht der Großmutter, daß es dem Trini manchmal ganz bange wurde und es immer wieder fragte: “Großmutter, was hast du denn? Ich will alle

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