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Jagdszenenen aus Niederbayern

Jagdszenenen aus Niederbayern

Titel: Jagdszenenen aus Niederbayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Sperr
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Martin Sperr
    Jagdszenen aus Niederbayern
     
    1. Auflage, April 1980. 2. Auflage, Mai 1980.
    Copyright © 1971 by Weismann Verlag München,
    wo das Buch unter dem Titel »Jagd auf Außenseiter/ Jagdszenen
    aus Niederbayern« erschien.
    Alle Rechte für diese Ausgabe bei Zweitausendeins, Postfach 710249,
    D-6000 Frankfurt am Main 71.
    Cover Illustration by Edda Köchl, D-8000 München.
    Umschlag-Layout von Udo Bruhn, D-6000 Frankfurt am Main.
     
    1933 errichteten die Nationalsozialisten das Dritte Reich.
    1939 begann Deutschland den Zweiten Weltkrieg.
    1945 wurde der deutsche Faschismus besiegt; der Zweite Weltkrieg war zu Ende.
    Während des Dritten Reiches wurden von den Nationalsozialisten 6 Millionen Juden umgebracht. Während des Zweiten Weltkriegs wurden 50 Millionen Menschen getötet.
     
    »Jagd auf Außenseiter« spielt nach der Währungsreform von 1948. Wenn auch nur für kurze Zeit war das Unterste zuoberst. Es herrschte Mangel am Allernotwendigsten. Die Städte waren ausgebombt. Viele mußten in Baracken leben. Die Dörfer waren überfüllt durch die Einquartierung der Flüchtlinge. Familien waren zugrunde gegangen und auseinandergerissen. Kriegsgefangene kamen nach Hause. Kohlenmangel. Hungersnot. Geldentwertung. Die Leute von Reinöd scheinen Hitlers Diktatur und den Zweiten Weltkrieg mit allen Greueltaten und Schrecknissen immer noch nicht begriffen oder schon vergessen zu haben, obwohl ihr ganzes Leben von den Spuren dessen, was hinter ihnen lag, geprägt wurde.
     
 1
     
    Die Reinöder sind gemütliche Leute. Das sagen die Reinöder von sich selber und das wird auch allgemein im Landkreis behauptet. Das Dorf unterscheidet sich nicht viel von anderen Dörfern in Niederbayern. Ungefähr vierhundert Seelen leben im Gemeindebereich. Man kennt sich. Es gibt einen Krämerladen, einen Bäcker, zwei Wirtshäuser, einen Schmied, die Schule und die Kirche. Das Dorf sieht sauber aus, und es wird viel getan, damit alles schön und ordentlich ist. Der Bürgermeister setzt seine Ehre drein, daß sein Dorf das schönste im Landkreis ist. Es ist sein Dorf, denn über die Hälfte an Grund und Boden ist sein Besitz. Obwohl der Bürgermeister im Dritten Reich Parteimitglied war, ist er wieder Bürgermeister. Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Das sagt er selbst, und das ist auch die Meinung der Leute in Reinöd. Die Welt in Reinöd kommt wieder in Ordnung, jetzt nach dem Krieg und nach der Währungsreform. Einmal im Jahr unternahm die Schule früher mit Kindern und Eltern einen Ausflug zum Königsee. Wo man sich das siebenfache Echo anhören kann. Während des Krieges fielen diese Reisen aus. Der Bürgermeister will dieses Jahr diesen Brauch wieder einführen, und er will den Großteil der Fahrt finanzieren. Weil viele sich die Fahrt nicht leisten können.
    Die Reinöder finden sich wieder zurecht. Die Probleme des Dorfes werden wieder überschaubar. Während des Krieges fielen zwei Bomben auf Reinöd und zerfetzten fünf Menschen. Eine der Bomben fiel in die Kirche und zerstörte das Dach und die Orgel. Es waren Zufallstreffer, das Dorf war nicht gemeint, und es passierte danach nichts mehr. Das Kirchendach wurde bald nach Kriegsende repariert.
    Es fehlt nur noch das Geld, um die Orgel in Ordnung zu bringen. Während des Gottesdienstes wird jetzt das Harmonium gespielt. Solange die Orgel nicht repariert ist, hat das Dorf noch die Erinnerung an den Krieg.
    Am Kriegsende kamen die Truppen der Sieger durch, die sich aber alle schnell wieder entfernten nach Landshut und weiter nach München. Dann kamen die Flüchtlinge durch, die man wohl oder übel aufnehmen und eine gewisse Zeit verpflegen mußte. Sie waren den Einheimischen ein besonderer Dorn im Auge. Nicht nur, weil die Frauen die Trachten ihrer Heimat trugen, die Männer bekamen die besten Posten und am schnellsten Arbeitsplätze in den Fabriken der Stadt.
    In den Augen der Bevölkerung wurden sie bevorzugt. Und in Reinöd wollte man nicht, daß sie zum Dorf gehören. Sie sind auch wieder weitergezogen. Drei Familien aus Schlesien blieben im Dorf. Es wollten mehr dableiben, aber der Bürgermeister hat alle abgeschoben, in das Barackenlager nach Landshut. Einer wollte sich niederlassen und einen Heimatvertriebenenverband gründen für die Ostpreußen, Pommern und Schlesier im Landkreis. Er bekam keine Wohnung, und so ist das Dorf frei von Politik, die nicht vom Bürgermeister gemacht wird. In Reinöd kümmert sich niemand um die Politik. Der Krieg ist

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