ROMANA EXKLUSIV Band 0179
1. KAPITEL
„Warum muss Jonathan an diesem Wochenende kommen?“ Victoria Savage betrachtete ihren Bruder, der, den Kopf gesenkt, am Frühstückstisch saß, mit unverhohlenem Ärger. Seitdem ihr Neffe Jon telefonisch mitgeteilt hatte, dass er Anfang Juli für einige Wochen nach Hause kommen und einen Gast mitbringen werde, hatte Victoria mehrmals versucht, mit ihrem Bruder zu sprechen. Aber entweder hatte Richard nicht zugehört oder sich einfach geweigert, ihr eine vernünftige Antwort zu geben. Nun stand Jonathans Ankunft unmittelbar bevor, und es war zu spät, den Besuch abzuwenden.
„Richard!“, sagte Victoria erneut scharf und ungeduldig. Endlich blickte ihr Bruder von der Luftpostausgabe der Financial Times hoch.
„Das ist auch Jonathans Zuhause, Vicky“, entgegnete Richard sanft, obwohl er nicht völlig gelassen wirkte. „So häufig besucht er uns sowieso nicht. Was soll ich denn machen? Ihm sagen, dass er nicht kommen darf?“
„Nein, natürlich nicht.“ Victoria krallte nervös die rot lackierten Fingernägel in den feinen Leinenstoff der Serviette. „Es geht mir um die Party. Ich habe mir bei den Vorbereitungen viel Mühe gegeben und will keinesfalls, dass Jonathan oder eine seiner merkwürdigen Freundinnen mir das Fest verderben. Richard, die Galerieeröffnung ist mir sehr wichtig. Ich habe alle wichtigen Journalisten eingeladen. Außerdem möchte ich, dass Luther Styles’ erste Ausstellung ein Erfolg wird.“ Sie zog einen Schmollmund. „Wenn Jon kommt, wird der Abend sicher ein Reinfall.“
Richard seufzte. Die Zeitungslektüre konnte er für heute Morgen vergessen. Solange er seine Schwester nicht beruhigt hatte, würde er keine friedliche Minute mehr haben. „Nun, was soll ich deiner Meinung nach tun?“
Victoria zuckte die Schultern. „Woher soll ich das wissen?“
„Du weißt es nicht?“ Richard hatte Mühe, seine Ungeduld zu unterdrücken. „Und ich dachte, du hättest dir längst eine Lösung für das Problem überlegt.“
„Nein, leider nicht. Aber ich verstehe einfach nicht, warum Jonathan ausgerechnet an diesem Wochenende nach Hause kommen muss. Wie du selbst gerade gesagt hast, lässt er sich nicht allzu häufig bei uns blicken. Und wenn, dann fühlt er sich hier weniger zu Hause als in einem Hotel. Unser Haus ist für ihn doch nur ein Ort, an den er sich zurückzieht, wenn er gerade keine Arbeit oder kein Geld hat.“
„Auf den Bermudas kenne ich kein einziges Hotel, das ihm einen derartigen Service bieten würde“, antwortete Richard trocken. „Außerdem kann ich mich nicht erinnern, gesagt zu haben, dass Jon unser Haus nicht als sein Heim betrachtet. Ganz im Gegenteil, gerade weil er es als sein Zuhause ansieht, geht er davon aus, jederzeit herkommen zu können. Und was ist dagegen einzuwenden, dass er eine Freundin mitbringt?“
„Mir geht es um die Frauen, zu denen er sich hingezogen fühlt“, meinte Victoria verächtlich. „Hast du etwa dieses Hippiemädchen vergessen, mit dem er vor zwei Jahren hier auftauchte? Sie hat behauptet, sich für Kunst zu interessieren. Dabei konnte sie nicht einmal einen Monet von einem Matisse unterscheiden.“
„Ich kenne viele Leute, die den Unterschied zwischen einem Monet und einem Matisse vermutlich nicht kennen.“
„Und was war mit der Tänzerin, die er letztes Jahr mitgebracht hat? Die angeblich Bildhauern Modell stand? Erst als sie eines Abends zu viel getrunken hatte und ihre Kleidung auszuziehen begann, fanden wir heraus, dass sie in Wirklichkeit Stripteasetänzerin war. Noch nie in meinem Leben habe ich mich in einer derart peinlichen Situation befunden.“
Richard seufzte resigniert. Offensichtlich war seine Schwester nicht bereit, das Thema ohne weitere Diskussionen fallen zu lassen. Ihr mürrischer Gesichtsausdruck verhieß jedenfalls nichts Gutes.
„Nun?“, fragte Victoria und zog den Seidenmorgenmantel fester um ihren üppigen Körper. „Wie üblich bist du taub für alle vernünftigen Argumente. Na schön! Aber schieb mir hinterher nicht die Schuld in die Schuhe, wenn die Galerieeröffnung ein Fiasko wird. Es ist schließlich nicht mein Geld, das verschwendet wird.“
Richard schob den Stuhl zurück und stand auf. „Willst du mir ernsthaft weismachen, dass Jonathans Ankunft die Sache gefährdet?“
„Ich will damit nur sagen, dass wir keine negative Publicity gebrauchen können. Immerhin ist Jon eine Art … Berühmtheit auf der Insel. Wenn er bei der Eröffnung eines dieser schrecklichen
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