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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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eine Stelle in Many Hills, wo er seine Erfahrung mit Cailetet für diplomatische Flickversuche einsetzen konnte. Aus Crown Nigers Lager hatte ich wenig gehört. Nach dem Einfrieren hatte Cailetet sich aus gutem Grund bedeckt gehalten und wohl darauf gesetzt, auf diese Weise zu überwintern. Ti Sandra hatte einen Sonderstab geschaffen, der sich mit den abtrünnigen BGs und Regionen befassen sollte. Meiner Meinung nach war Stan in diesem Stab am richtigen Platz.
    Charles und ich trafen uns oft, manchmal allein, häufiger im Beisein von Stephen Leander und anderen Olympiern. Unsere Diskussionen drehten sich meistens um praktische Aspekte der Frage, wie man große Objekte über Tweaker bewegen könne.
    Jeden Tag tauchte Charles für Stunden in den QL-Denker ein, um die nächste Reise vorzubereiten und einen Probelauf zu starten. Diese anstrengende Arbeit hatte ihren Preis: Wenn Charles sich für längere Zeit in den QL-Denker eingeloggt hatte, brauchte er stets mehrere Minuten, bis er wieder zusammenhängende Sätze bilden konnte. Ich hatte Angst um ihn.
    An der ersten Auftakt- Sitzung, die zwei Wochen nach Ilyas Tod stattfand, nahmen sechs Personen teil: ich selbst, Charles und Leander, der Bodenkundler Faoud Abdi aus Mariner Valley, der Architekt und Ingenieur Gerard Wachsler von Steinburg-Leschke in Arcadia und eine neu entwickelte marsianische Denkerin, die erst am Vortag ihren Namen ausgesucht hatte: Aelita. Aelita sollte als Chefdenkerin des Auftakts agieren und alle Aktivitäten der Siedlung und des Projekts koordinieren.
    Die Experten trafen sich in dem noch nicht fertiggestellten Anbau des Labors. Während wir Platz nahmen, kroch Nano-Farbe über die Wände und bildete, leicht zischend, geometrische Muster. Der allgegenwärtige Hefegestank war hier besonders penetrant. Es kam uns so vor, als lebten wir ewig und drei Tage in einer riesigen Bäckerei.
    Faoud Abdi – groß, mit scharfen Zügen und großen, gelangweilt blickenden Augen – ergriff als erster das Wort. Er trug eine saubere weiße Jallabah. Die großen Taschen des Gewandes waren von Kom und Büchern sichtbar ausgebeult.
    »Man hat mich damit beauftragt, eine Unmöglichkeit durchzuspielen«, begann Abdi, der vor uns stand und den Rücken einem kleinen Datendisplay zugekehrt hatte. »Ich soll untersuchen, wie sich eine kurze Zeitspanne außerhalb der Gravitation des Sonnensystems auf den Mars auswirken würde. Es hieß, es sei rein theoretisch gemeint. Also muss ich wohl annehmen, dass wir alle etwas Drastisches mit dem Mars vorhaben, vielleicht Ähnliches wie mit Phobos. Es sei denn, auch Phobos war reine Theorie.« Er sah uns skeptisch an, konnte für seinen Witz – so es denn ein Witz sein sollte – keine Reaktion ernten und seufzte vernehmlich. »Ich muss Ihnen also erklären, warum der Mars sich derzeit in stabilem Zustand befindet, und allgemein bekannte Theorien zum geologischen Niedergang des Mars erörtern. Möchten Sie das hören?«
    »Genau das«, sagte ich.
    »Ich habe früher einmal mit Ihrem Mann zusammengearbeitet, Frau Vizepräsidentin. Er war ein guter Mann, wir werden ihn alle vermissen.«
    »Danke.«
    »Ihm lag, genau wie mir, der Tod des Mars vor Abermillionen von Jahren am Herzen. Aber eigentlich ist ›Tod‹ ein falscher Ausdruck dafür, denn der Mars ist innen noch nicht völlig erkaltet. Es gibt immer noch geologische Aktivität. Allerdings haben sich die Plumes {19} innerhalb des Mantels stabilisiert und üben nicht mehr seitlichen Druck auf die Kruste aus.
    In der Vergangenheit hat es nie mehr als zwölf Krustenplatten gegeben, und inzwischen sind diese Platten zu einer einzigen zusammengefroren. Da kein seitlicher Druck existiert, die alten Krustenplatten nicht mehr wandern, die Plattenränder nicht mehr aneinander reiben oder nach unten abtauchen, ist die vulkanische Aktivität stark vermindert. Die letzten auf dem Mars aktiven Vulkane waren die uns allen bekannten Schildvulkane, vor allem das Tharsis-Trio und der Olympus selbst. Da die Platten nicht mehr wanderten, haben sich auch keine Berge mehr gebildet. Und da jede vulkanische Aktivität fehlte, trat auch kein Gas mehr aus. Die dünne Atmosphäre des Mars verflüchtigte sich einfach in den Raum, ohne dass sie sich erneuerte. Die Biosphäre des Mars starb einige hundert Millionen Jahre nach Ende der tektonischen Aktivität. Inzwischen herrscht Stabilität …«
    »Der Fluss befindet sich im Gleichgewicht«, warf Leander ein.
    »Genau. Aelita, zeig uns bitte Doktor

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