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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Oxydationsmittel – ätzenden Treibsand, wie er in dieser Gegend üblich war – ins optische Netz und in die Satellitenverbindungen geben. Auf diese Weise würden sie alle Breitbandkommunikation zwischen der Uni und dem übrigen Mars unterbrechen. Private Anschlüsse würden zwar noch funktionieren. Aber das allgemeine Datennetz, einschließlich der Netze für die Forschungseinrichtungen und die Bibliothek, wäre auf der Stelle tot …
    Bis die Leitungen repariert waren, würde die Uni vielleicht drei oder vier Millionen Dollar einbüßen (der Dreierbund hatte damals eine gemeinsame Dollarwährung).
    Und das würde ihre Repräsentanten ganz bestimmt zur Weißglut bringen.
    Wir warteten in zwei Schlangen, die am Mittelpunkt der Hauptkuppel ihren Anfang nahmen. Am Rande der Schlangen standen Sean und Gretyl. Sie sagten nichts und hatten die Zähne fest zusammengebissen. Einige Studenten schwenkten ihre mit rotem Hautschutz überzogenen Hände, um sich gegen die Kälte zu wappnen. Hautschutz machte das Leben keineswegs nett und behaglich. Er schützte nur gegen Unterkühlung und Erfrierungen.
    Mein eigener Hautschutz war an den Gelenken bröckelig geworden. Dort sammelte sich Schweiß an, der am Nanomer heruntersickerte. Ich musste zur Toilette, aber das lag wohl eher an meiner Nervosität als an einem echten dringenden Bedürfnis. Meine Füße und Beine waren geschwollen, aber nicht schlimm. Eigentlich ging es mir gar nicht so schlecht. Aber diese kleinen Unannehmlichkeiten lenkten mich wenigstens von der mühseligen Anstrengung ab, nur ja nicht zu einem zitternden Häufchen Elend zu werden.
    »Hört mal«, ergriff Sean laut das Wort und trat auf eine Kiste, damit er unsere Köpfe überblicken konnte. »Als wir mit dieser Sache angefangen haben, hat keiner von uns gewusst, auf was er oder sie sich einlässt. Wir wissen nicht, was die nächsten Stunden bringen werden. Aber wir alle haben ein gemeinsames Ziel: Wir kämpfen für die Freiheit, unser Studium ohne jede politische Einmischung fortsetzen zu können. Wir kämpfen für die Freiheit, die Sünden unserer Eltern und Großeltern nicht wiederholen zu müssen. Genau darum geht es hier, auf dem Mars. Es geht um etwas ganz Neues, um ein gewaltiges Experiment. Entweder schaffen wir es hier und jetzt, an diesem Experiment teilzuhaben – oder wir finden bei dem Versuch den Tod, bei Gott.«
    Ich schluckte heftig und sah mich nach Charles um, aber er stand zu weit weg. Ob er wohl immer noch so gelassen lächelte?
    »Möge es dazu nicht kommen«, sagte Gretyl.
    »Amen«, ergänzte jemand hinter mir.
    Sean sah sehr angespannt aus. In dem kleinen Oval ungeschützter Haut rund um Augen, Nase und Mund traten seine Gesichtsmuskeln deutlich hervor. »Also los«, sagte er.
    In Fünfergruppen zogen wir uns aus. Manche legten ihre Sachen sorgfältig zusammen, andere ließen sie einfach auf den Boden fallen. Die ersten durchquerten die Luftschleuse und kletterten die Leiter hinauf. Als ich an die Reihe kam, quetschte ich mich mit vier anderen in die Schleuse, hielt angesichts des herumwirbelnden roten Staubes die Luft an und befestigte Maske und Atemgerät. Die alte Maske roch widerlich. Als ihre Ränder sich gegen den Hautschutz pressten, gab es ein schmatzendes Geräusch, wie beim Kuss einer alten Tante. Ich hörte das Kreischen der Pumpen, die die Luft zurückdrückten. Der Hautschutz blähte sich während des Druckausgleichs auf. Jede Bewegung fiel jetzt schwerer.
    Meine Gefährten hatten die Luftschleuse schon passiert und begannen mit dem Aufstieg. Jetzt war ich an der Reihe. Ich hielt mich an den Leitersprossen fest und zwängte mich oberhalb des Wirbels aus rostrotem und ockerfarbenem Staub durch die Luke. Mit einem letzten Tritt verließ ich den Eingang, kletterte auf die steinige Ebene hinaus und fand mich unter einem Morgenhimmel wieder. In östlicher Richtung strahlte über einer Hügelkette die Sonne, die ein mattrosa schimmernder Lichterkranz umgab. Die plötzliche Helligkeit machte mich blinzeln.
    Der Weg zur Uni führte über diese Hügelkette. Schon für den Aufstieg zur Oberfläche hatten wir eine halbe Stunde gebraucht.
    Wir stellten uns ein paar Meter östlich der Kuppel auf und warteten auf Gretyl. Innerhalb weniger Minuten klebten wir alle vor Dreck. Wenn dies alles erst hinter uns lag, würden wir wohl eine halbe Stunde brauchen, bis wir wieder sauber waren.
    Endlich tauchte Gretyl aus dem Loch auf. Leicht gedämpft drang ihre Stimme durch den Empfänger in

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