Heimliche Sehnsucht: Mittsommergeheimnis (German Edition)
Erinnerung daran, wie sie auf einmal fort gewesen war, ohne ein Wort des Abschieds. Jetzt schwand das Gefühl der Zuneigung so schnell, wie es gekommen war, und machte dem Zorn Platz, der nun schon seit fast sechs Jahren, verborgen unter dem Anschein der Normalität, in ihm schlummerte und immer wieder einmal hervorbrach.
Rasch wandte er den Blick von Linnea ab, ging um den Wagen herum und setzte sich wieder hinters Lenkrad. Ein, zwei Mal atmete er tief durch, dann startete er den Motor erneut und drückte das Gaspedal durch.
Seltsamerweise träumte Linnea ausgerechnet von Dingen, die sie längst hinter sich gelassen zu haben glaubte, als ein schrilles Geräusch sie aus ihrem Schlaf riss.
Sie öffnete die Augen und brauchte einen Moment, um sich zurechtzufinden, denn zuerst wusste sie gar nicht, wo sie sich befand. Um sich herum war alles dunkel, über sich erblickte sie einen fast schwarzen Mond am Himmel, und der kühle Fahrtwind, der ihr ins Gesicht wehte, verriet ihr, dass sie sich in einem offenen Wagen befinden musste.
Dann setzte ihre Erinnerung wieder ein, und sie wusste, dass sie in Kristians Wagen saß und sich auf dem Weg zurück nach Dvägersdal befand. Kristian saß neben ihr am Steuer und blickte stur geradeaus, und die Tatsache, dass längst die Dunkelheit über Schweden eingebrochen war, ließ deutlich werden, dass sie bereits eine ganze Weile unterwegs sein mussten und ihr Ziel sich nicht mehr in allzu weiter Ferne befinden konnte.
Linnea zuckte zusammen. Wieder dieses schrille Geräusch.
“Willst du nicht drangehen?”, fragte Kristian.
Fragend blickte sie zu ihm hinüber.
“Na, mein Handy ist es nicht, das schon die ganze Zeit klingelt.”
Ihr Handy, natürlich! Hastig griff sie in ihre Hosentasche. Dabei fiel ihr auf, dass ihre Beine mit einer weichen Decke bedeckt waren. Verwundert hielt sie inne. Kristian hatte sie zugedeckt? Das sah ihm gar nicht ähnlich, und …
Ihr Blick fiel auf das beleuchtete Display ihres Handys, und ein eisiger Schreck fuhr durch ihre Glieder, als sie die Nummer des Anrufers erkannte.
Miles!
Der Mann, den sie in wenigen Monaten heiraten wollte.
Der Mann, den sie erst vor wenigen Stunden mit ihrem Noch-Ehemann betrogen hatte.
Gütiger Himmel, was habe ich da bloß angerichtet!
Linnea unterdrückte ein Stöhnen und schloss gequält die Augen.
“Soll ich anhalten, damit du ungestört telefonieren kannst?”, erkundigte sich Kristian.
Sie öffnete die Lider wieder, sah ihn an und schüttelte den Kopf.
“Nicht nötig”, sagte sie und drückte den Anruf einfach weg. “Es ist nur etwas Berufliches, und das kann warten.”
Mit diesen Worten schaltete sie das Telefon aus, steckte es zurück in ihre Hosentasche und lehnte sich in ihrem Sitz zurück, wobei sie die Decke bis ans Kinn zog. Während sie weiterfuhren und Linnea angestrengt nach rechts in die Dunkelheit blickte, rollte eine einzelne Träne über ihre Wange.
6. KAPITEL
“W ir fliegen?” Überrascht blickte Linnea aus großen Augen zu Kristian auf. Zwei Tage waren vergangen, seit sie den Zeltausflug abgebrochen hatten. Tage, in denen sie Kristian kaum einmal zu Gesicht bekommen hatte, und das Schlimmste daran war, dass sie nicht einmal behaupten konnte, sonderlich erleichtert darüber gewesen zu sein. Jetzt hatte er sie, am frühen Morgen, zu einem Spaziergang in den Ort mitgenommen, wo sie nun in einem hübschen Café frühstückten, das mit rustikalen Eichenmöbeln und rot-weiß karierten Tischdecken typisch Schwedisch eingerichtet war, und ihr soeben verkündet, dass bereits gegen zwei Uhr ihr Flieger ging. “Aber wohin wollen wir denn?”
“Nun, du solltest dich auf jeden Fall warm anziehen und auch warme Sachen mitnehmen.” Kristian trank einen Schluck Kaffee und zwinkerte ihr zu. “Wir fliegen nämlich nach Kiruna. Und von da geht es dann mit dem Mietwagen weiter nach Jukkasjärvi.”
“Zum Eishotel?” Linnea hatte gerade von ihrem
Havegrynsgröt
gekostet. Der Haferflockenbrei war früher ihr Standardfrühstück gewesen, ganz typisch Schwedisch mit Milch und Apfelmus. Doch in den letzten Jahren hatte sie schon ganz vergessen, wie gut er schmeckte. Jetzt ließ sie die Hand mit dem Löffel sinken und sah Kristian aus großen Augen an. “Ist das wahr? Du willst wirklich mit mir zum Eishotel?”, fragte sie, noch immer kauend. Das ganz aus Schnee und Eis errichtete Hotel war ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen. Traumhaft gelegen und ein einmaliges Erlebnis. “Und wir werden
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