Heimliche Sehnsucht: Mittsommergeheimnis (German Edition)
für möglich gehalten.” Sie nippte an ihrem Tee. “Nun, Ludvig wollte mich, eine kranke Frau, trotz allem an seiner Seite haben, und wir waren zufrieden.”
Auch Linnea trank von ihrem Tee. “Ich hätte mich ihm gegenüber neutraler verhalten sollen”, gab sie zu. “Vor allem später, als ich auch schon erwachsen war. Aber dass er so gegen diese Hochzeit war …”
“Er hätte sich da nicht einmischen dürfen”, sagte ihre Mutter, und Tränen stiegen ihr in die Augen. “Und ich hätte mich immer zuerst auf die Seite meines Kindes stellen sollen.”
Jetzt kamen auch Linnea die Tränen. Hastig stand sie auf, kam um den Tisch herum und fiel ihrer Mutter schluchzend in die Arme. Eine Weile verharrten die Frauen so, bis sich Stina schließlich von ihrer Tochter löste und ihr die Tränen aus dem Gesicht wischte. Es war eine zärtliche, sanfte Geste, wie man sie nur von seiner eigenen Mutter erfahren konnte.
“Geh jetzt, Kind”, sagte die ältere Frau. “Der Regen hat aufgehört. Sieh zu, dass du bei deinem Kristian bist, solange es trocken bleibt.”
Linnea schüttelte den Kopf. “Er ist nicht
mein
Kristian”, stellte sie richtig.
Doch ihre Mutter lächelte nur. “Bist du dir da wirklich so sicher?”
Als Linnea kurz darauf aus dem Haus trat, regnete es tatsächlich nicht mehr. Gleichzeitig sah es jedoch nicht danach aus, als würde es lange trocken bleiben.
Linnea trat durch den Vorgarten, und unwillkürlich dachte sie an ihr Gespräch mit Malin eben zurück. So seltsam sie auch manchmal war, heute hatte sie durch eine winzige Bemerkung mit dafür gesorgt, dass Linnea und ihre Mutter sich einmal so richtig ausgesprochen hatten, und dafür war sie ihr dankbar.
Gleichzeitig kam ihr aber auch wieder Audrey in den Sinn, und wie von selbst wanderte ihr Blick hinüber zum
Trollfjällen
.
Was ist damals wirklich mit dir passiert, Audrey? Und was hat Malin gesehen?
Plötzlich legte sich ihr von hinten eine Hand auf die Schulter, und Linnea zuckte zusammen.
“Malin”, stieß sie aus und wirbelte herum. “Musst du mich so …”
Die Stimme versagte ihr, als sie ihren Irrtum erkannte. Vor ihr stand keineswegs Malin, sondern – Kristian.
Sofort verhärteten sich ihre Züge. “Was willst du noch?”, fragte sie schroff.
Kristian sah sie an. Ihre Augen waren gerötet, offenbar hatte sie geweint, ihr schulterlanges haselnussbraunes Haar war zerzaust, und da waren sie wieder: die Grübchen an ihren Wangen, die unmissverständlich verrieten, wie aufgewühlt Linnea war.
Plötzlich verspürte er nur noch einen Wunsch: sie in den Arm zu nehmen und ganz fest an sich zu drücken. Sie zu schützen, ihr Halt zu geben. Doch dann dachte er an die seltsame Szene von vorhin zurück, als sie die alte Mühle erreicht hatten, und Wut stieg in ihm auf. Was dachte Linnea sich nur immer wieder dabei, sich derart aufzuführen? Er hatte schon Sorge gehabt, sie würde seinen Plan kaputt machen, denn morgen früh wollte er mit ihr nach Sundsvall fahren, um dort einige Objekte zu besichtigen. Johan, sein heimlicher Fotograf, war bereits heute losgefahren und hatte ein Zimmer genommen, damit er sich vernünftig vorbereiten konnte.
Und einzig aus diesem Grund war Kristian ihr jetzt nachgelaufen: Er wollte wissen, warum sie sich so aufgeregt hatte, und dafür sorgen, dass morgen alles glatt über die Bühne ging.
“Was sollte das vorhin?”, fragte er und trat einen Schritt zurück, um der Versuchung, sie zärtlich zu berühren, besser widerstehen zu können. “Warum um alles in der Welt bist du einfach davongelaufen?”
“Da fragst du noch?” Entgeistert starrte sie ihn aus ihren großen graublauen Augen an. “Ina zu sehen, das war …”
“Ja, du hast sie noch nie ausstehen können, das weiß ich. Wahrscheinlich einfach, weil ich vor dir mal kurz mit ihr zusammen war und …”
“Ach, hör doch auf!”, schrie Linnea ihn an. “Was sollen all diese Lügen jetzt noch, Kristian? Mir brauchst du nichts mehr vorzumachen, ich weiß ohnehin alles. Was glaubst du wohl, warum ich dich damals verlassen habe? Kannst du dir das wirklich nicht denken?”
Kristian erstarrte.
Vorwurfsvoll sah Linnea ihn an. Seine eben noch gelassen wirkenden Gesichtszüge hatten sich schlagartig verhärtet, und seine zusammengekniffenen Augen verrieten, dass er kurz davor stand, die Beherrschung zu verlieren. Sie atmete scharf ein. Was glaubte er denn? Wie kam er darauf, dass ausgerechnet er einen Grund dazu hatte, zornig zu sein?
“Ich
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