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Heimliche Wuensche

Titel: Heimliche Wuensche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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ungefähr doppelt so schwer.
    »Fett«, meinte Berni, als sie die Neuangekommene ins Auge faßte. Sie hatte wie jede schlanke Frau einen Horror vor Korpulenz, und die Tatsache, daß sie ein Leben lang hungern mußte, um schlank zu bleiben, hatte ihre Angst vor der Fettleibigkeit fast zu einem Alptraum entwickelt.
    Insgeheim war sie davon überzeugt, daß sie Nellies Umfang erreichen würde, wenn sie auch nur den kleinsten Diätfehler machte. »Zweihundert Pfund, über den Daumen gepeilt«, murmelte Berni.
    »Tatsächlich wiegt sie einhundertundzweiundsechzig Pfund«, entgegnete Pauline. »Nellie ist Terels ältere Schwester, achtundzwanzig Jahre alt und noch ledig. Sie versorgt Terel und ihren Vater. Ihre Mutter starb, als Terel vier war und Nellie zwölf. Nachdem seine Frau gestorben war, nahm Charles Grayson Nellie aus der Schule, damit sie sich um Terel kümmern und ihnen beiden den Haushalt führen sollte. Für Terel ist Nellie gewissermaßen die Mutter gewesen, soweit sie zurückdenken kann.«
    »Ich verstehe«, sagte Berni, »böse Schwester und Mutter in einer Person. Arme Terel. Kein Wunder, daß sie eine Fee als Hilfe braucht.« Sie blickte wieder Pauline an. »Bekomme ich einen Zauberstab für diesen Job?«
    »Wenn du gern einen haben möchtest? Wir können dich mit jedem Zauber versorgen, den du verlangst; aber die Weisheit mußt du selbst beisteuern.«
    »Das wird nicht schwer sein. Ich werde dafür sorgen, daß Terel alles bekommt, was sie verdient, und ich werde nicht zulassen, daß ihre fette Schwester sie daran hindert, sich alles zu holen, was das Leben ihr bietet. Wußtest du eigentlich, daß ich eine fette ältere Schwester habe? Sie war schrecklich eifersüchtig auf mich, versuchte sich stets in mein Leben einzumischen.« Berni spürte, wie der Zorn, den sie damals empfand, gleichsam als Erinnerung in ihr aufstieg. »Meine Schwester haßte alles an mir. Sie war so eifersüchtig, daß sie alles getan hätte, um mir das Leben so sauer wie möglich zu machen. Ich habe es ihr aber besorgt.«
    »Wie hast du es ihr besorgt?« fragte Pauline leise.
    »Mein erster Gatte war ihr Verlobter gewesen«, erwiderte Berni lächelnd. »Tatsächlich war er der langweiligste Mann, den man sich vorstellen kann, aber er hatte ein bißchen Geld. Also machte ich ihn auf mich aufmerksam.«
    »Du hast ihn verführt, nicht wahr?«
    »Mehr oder weniger. Aber er brauchte das. Meine Schwester war — ist — so eine fade Person und .. .« Sie blickte scharf zu Pauline hin. »Nun schau mich nur nicht so entsetzt an. Dieser Mann hatte mehr Spaß mit mir in den fünf Jahren, die wir verheiratet waren, als er ein Leben lang mit meiner fetten, langweiligen, stumpfsinnigen Schwester gehabt hätte. Zudem hat sie ja auch noch einen gefunden. Sie ist verheiratet und hat ein paar fette Kinder. Sie waren alle recht glücklich auf ihre beschränkte Art.«
    »Ich bin überzeugt, daß jeder sehr glücklich war. Du am allermeisten.«
    Berni gefiel der Ton dieser Frau nicht so recht. Aber ehe sie etwas erwidern konnte, sagte Pauline: »Wollen wir den beiden jetzt zuschauen?«
    Berni blickte wieder auf die Szene mit den beiden Frauen im Schlafzimmer und lehnte sich in die Polster zurück. Sie mußte sich überlegen, wie sie der schlanken hübschen Terel helfen konnte.

Chandler, Colorado 1896
    Nellie ging im Zimmer herum, hob Terels Kleider auf und hängte sie in den Schrank zurück. Sie sammelte auch die Hüte ein, die Terel achtlos überall im Zimmer verstreut hatte, und packte sie sorgsam wieder in die dazugehörigen Schachteln.
    »Ich kann mich einfach nicht entschließen«, meinte Terel schmollend. »Warum müssen wir auch in dieser gottverlassenen Stadt leben? Warum können wir nicht in Denver oder St. Louis oder New York wohnen?«
    »Vaters Geschäft befindet sich nun einmal hier«, erwiderte Nellie begütigend und strich eine Feder auf einem Hut glatt. Die Hüte gehörten nicht ihnen, sie waren nur von einer Hutmacherin ausgeliehen. Es tat ihr leid, daß sie sich nur einen davon leisten konnten und die anderen zurückgegeben werden mußten. Doch sie wollte keinesfalls, daß die Hüte, die Terel nicht haben wollte, mit Schmutzflecken an die Hutmacherin zurückkamen.
    »Geschäft!« rief Terel und warf sich aufs Bett. »Das ist alles, wovon man hier in der Stadt redet. Geschäfte. Warum gibt es hier nicht wenigstens eine Gesellschaft?«
    Nellie glättete den Filz an einem Hut und strich über die Federn des ausgestopften Kolibris, der

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